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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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zu deiner Verfügung«, antwortete er mit einem amüsierten Grinsen. »Ich habe schon viel von dir gehört und freue mich, dich kennen zu lernen.«
    »Und was habt Ihr von mir gehört?«, fragte ich zweifelnd.
    »Du bist eines Tages wie ein Engel Gottes im Palazzo Medici erschienen und hast Giulio an seine Berufung erinnert.« Er nahm meine Hand und küsste sie, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    »Euer Exzellenz …«, begann ich, aber er unterbrach mich:
    »Wir können beim Du bleiben. Gianni und ich sind befreundet. Es spricht also nichts dagegen, wenn wir auf unnötige Formalitäten verzichten. So haben wir mehr Zeit für andere Dinge.«
    Bevor ich ihn fragen konnte, welche »anderen Dinge« er meinte, betrat Gianni den Raum.
    »Na endlich!«, stöhnte Cesare Borgia. »Du brauchst zum Umziehen länger als der Heilige Vater, wenn er den Krönungsornat anlegt.«
    Gianni war so groß wie alle Medici. Aber im Gegensatz zu seinen Brüdern Piero und Giuliano, die beide schlank und athletisch waren, schien Gianni die Dolce Vita als Studiosus in Pisa in vollen Zügen zu genießen – vor allem die üppigen Bankette, die er als designierter Kardinal in seinem Palazzo gab. Er hatte sich in eine schlichte, schwarze Samtjacke gezwängt. Auf dem Kopf trug er ein Barett mit einer einzelnen Feder. Gianni war sechzehn. Er studierte seit drei Jahren an der Sapienza von Pisa und sollte im nächsten Jahr den Doktorgrad und dann offiziell den Purpur verliehen bekommen.
    Gianni umarmte mich herzlich. »Wenn du mich mit Euer Eminenz anredest, lasse ich dich aus dem Palazzo werfen«, drohte er mir.
    Cesare Borgia warf Giulio die Summa Theologica zu. »Schluss mit scholastischen Haarspaltereien! Du kannst noch jahrelang Thomas von Aquinos Definition von Engeln studieren, Giulio. Sie existieren. Lass uns lieber ein paar praktische Übungen machen.«
    Giulio starrte Cesare Borgia verblüfft an. »Was für Übungen?«
    »Engel verführen «, lächelte der Bischof von Pamplona, und er sah mich dabei an. »Zieh dich um, Giulio! Wenn du in deiner schwarzen Soutane durch Pisa läufst, sieht dir kein Mädchen hinterher. Und beeile dich – wir müssen bald aufbrechen!«
    »Wohin wollt ihr?«, fragte ich.
    »Zum Gioco di Ponte. Heute Nachmittag findet das Brückenfest auf dem Ponte di Mezzo statt. Normalerweise wird das Spiel am ersten Sonntag im Juni durchgeführt, aber wegen der Pestepidemie im Sommer wurde es verschoben. Das Gioco di Ponte wird zwischen den Stadtvierteln nördlich und südlich des Arno ausgetragen. Auf dem Ponte di Mezzo steht ein Wagen, der auf die gegnerische Seite geschoben werden muss. Meist entwickelt sich dieser Wettstreit nach nur wenigen Minuten zu einer erbitterten Schlacht.«
    »Das klingt interessant«, bemerkte ich.
    »Ja, es ist sicher interessant, wenn man vom Ufer aus zusieht«, lächelte Cesare Borgia herausfordernd. »Aber es ist viel spannender, wenn man mitspielt. Kannst du schwimmen?«
    »Caterina will sicher erst ein heißes Bad nehmen. Der Ritt von Florenz hierher war anstrengend«, wandte Gianni ein.
    »Nein, gar nicht, Gianni! Ich bin nicht müde. Ich würde gern mitgehen«, versicherte ich meinem Cousin, um mich dann Cesare Borgia zuzuwenden: »Ich kann schwimmen.«
    »Cesare! Es ist keine gute Idee, Caterina mitzunehmen. Das ist viel zu gefährlich«, protestierte Giulio. »Sie kann doch von einem der Fenster des Palazzo zusehen.«
    Cesare Borgia ignorierte Giulios Vorschlag. »Wenn du uns begleiten willst, Caterina, dann zieh dich um! So kannst du nicht am Brückenspiel teilnehmen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es ein Spiel für Männer ist …«
    Giulio lieh mir – unter Protest – eine enge Hose, hohe Lederstiefel, ein weißes Seidenhemd, eine Samtjacke und ein schwarzes Barett, unter dem ich meine langen Haare verstecken konnte. Vor dem Spiegel in seinem Schlafzimmer, wo ich mich umgezogen hatte, zupfte ich an der fremden Kleidung herum. Es war ungewohnt, kein Mieder zu tragen, das mir den Atem nahm und mich in meinen Bewegungen behinderte. Und es war geradezu gewagt, dass die Form meiner Beine durch die hautenge Hose zu erkennen war. Aber irgendwie gefiel mir die Idee, für ein paar Stunden ein junger Mann zu sein.
    Gemeinsam verließen wir den Palazzo und schlenderten am Arno entlang zum Ponte di Mezzo. Am Arno-Ufer waren dutzende von Verkaufsständen und Garküchen aufgebaut. Es roch verführerisch nach Spanferkel, in Schmalz gebackenen Krapfen und heißem Mandelgebäck. Ich hatte kein Geld

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