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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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hatte sich noch vor dem letzten Gang von Lorenzo und den anderen verabschiedet, um zu packen und nach Rom zurückzukehren …
    Nein, er hatte keine Zeit verloren. Er war in mein Schlafzimmer zurückgekehrt und hatte mit seiner hektischen Suche begonnen. Er hatte gar nicht die Cantarella gesucht, als er das Gift in der verschlossenen Schublade meines Schreibtisches fand. Für ihn, der so sehr an die Macht des Schicksals glaubte, war die Cantarella nur ein verführerisches Lächeln der Göttin Fortuna.
    Ängstlich zerrte ich am seidenen Laken, hob die Matratze meines Bettes hoch – und erstarrte.
    Mein Notizbuch, in das Giovanni auf meinen Wunsch die alchemistischen Operationen für die Transmutation des Aurum potabile niedergeschrieben hatte, war verschwunden!

    Es war ein fröhliches Weihnachtsfest – Niccolò Machiavelli und Sandro Botticelli waren im Palazzo, und Marsilio Ficino würde von Careggi nach Florenz kommen. Es wurden ein paar glückliche, unbeschwerte Tage … für alle anderen.
    Während Angelo Verse dichtete und Michelangelo seine vor wenigen Tagen vollendete Madonna aus Marmor bewundern ließ, während Piero, Gianni und Giulio ihre Freunde Abend für Abend mit ausgelassenen Maskenbällen und prunkvollen Banketten unterhielten und Lorenzo Madonna Lucrezia Donati für ein paar Tage und Nächte in den Palazzo einlud, hatte ich Angst. Furchtbare Angst.
    Ich war froh, dass Giovanni nicht in sein Laboratorium in der Villa Pico in Fiesole zurückkehrte. Er vergrub sich in der Bibliothek unter einem Berg von Büchern, sodass ich ihn nur zu den Mahlzeiten im Speisesaal zu sehen bekam – ich hätte ihm den Verlust des Notizbuches beichten müssen. Mein geliebter Giovanni, mein eigener Maestro, hätte zusammen mit meinen Freunden Sandro Botticelli und Marsilio Ficino das Urteil der Gilde an mir vollstrecken müssen, denn ich hatte das Arkanum an einen Uneingeweihten verraten …

    Lorenzo war bleich wie der Tod, als er uns ein paar Tage später, an Epiphanias, in seinem Audienzraum empfing. Angstvoll ahnte ich, was geschehen war, als ich neben Gianni vor seinem Schreibtisch Platz nahm.
    »Setz dich!«, befahl Lorenzo Piero, der bei der Tür stehen geblieben war. »Wir haben etwas zu besprechen.«
    Piero, der sich bereits für die feierliche Epiphanias-Prozession der Heiligen Drei Könige durch Florenz umgezogen hatte, erinnerte Lorenzo: »Die Prozession beginnt in einer halben Stunde! Es wird Zeit, dass ich zur Piazza della Signoria reite. Du hast mich gebeten, dich zu vertreten …«
    »Ich kann mich erinnern, Piero«, unterbrach Lorenzo seinen Sohn ungeduldig. »Du wirst an der Prozession nicht teilnehmen!«
    »Aber …«, begann Piero.
    »Setz dich!«, kommandierte Lorenzo.
    Verblüfft über den ungewohnten Befehlston ließ sich sein Sohn auf einem der Sessel neben Giovanni nieder. Angelo lehnte mit verschränkten Armen am Kamin des Audienzsaals.
    Lorenzo erhob sich hinter seinem Schreibtisch und kam zu uns herüber. In der Hand hielt er ein gefaltetes Pergament mit einem zerbrochenen Siegel. »Heute Morgen traf ein Brief vom Leiter der Banca Medici in Rom ein. Wie ihr alle wisst, ist er mein Stellvertreter in Rom sowie im Vatikan. Er sandte mir den Bericht über ein Attentat auf Papst Innozenz.« Lorenzo schwieg und gab uns die Gelegenheit, die Konsequenzen eines solchen Mordanschlages für die Familie Medici zu überdenken, dann fuhr er fort: »Ich werde euch den Brief vorlesen. Dann werden wir entscheiden, wie wir darauf reagieren.«
    »Wir?«, echote Piero, als könnte er nicht glauben, dass Lorenzo uns irgendeine Entscheidung gemeinsam treffen ließ.
    »Wir!«, bestätigte Lorenzo ernst und entfaltete das Pergament:
    »Magnifico Lorenzo«, las er. »Bestürzende Nachrichten aus dem Palazzo Apostolico veranlassen mich, Euch umgehend zu schreiben, um Euch zu warnen. Seine Heiligkeit, Papst Innozenz, sollte heute Nacht vergiftet werden. Aber der Attentäter war – das vermutet der päpstliche Zeremonienmeister Johannes Burkhard – von einem Leibwächter des Papstes bei seinem Vorhaben gestört worden, sodass er seine furchtbare Tat nicht vollenden konnte. Seine Heiligkeit lebt, aber der Attentäter konnte entkommen.
    Im Vatikan herrscht Chaos. Es heißt, dass sich bereits heute einige Kardinäle – darunter angeblich Rodrigo Borgia und Ascanio Sforza – getroffen haben, um über ein in Kürze bevorstehendes Konklave zu beraten. Als ob Seine Heiligkeit schon nicht mehr unter uns weilte! Ich halte das

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