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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Micheletto an, der wie eine Marmorstatue neben meinem Bett stand und auf mich herabstarrte. Schließlich wandte er den Blick ab.
    Cesare überflog den Brief seines Vaters, dann zerknüllte er wütend das Pergament und ließ sich mit geschlossenen Augen in die Kissen zurückfallen. »Verdammt!«, fluchte er ungehalten und schlug mit der Faust auf die Matratze.
    »Schlechte Nachrichten?«, fragte ich.
    »Wie man es nimmt«, seufzte Cesare. »Mein älterer Bruder Pedro Luis, der Herzog von Gandía, ist vor drei Jahren gestorben. Mein Vater will, dass ich sofort nach Rom komme. Pedro Luis’ Nachfolge als spanischer Herzog muss geregelt werden. Mein Vater will König Fernando von Aragón bitten, meinen Bruder Juan zum neuen Herzog zu ernennen. Weil ich ja schon Bischof von Pamplona bin und ohnehin in absehbarer Zeit Kardinal werde. Das kann ich nicht zulassen! Ich bin nach Pedro Luis’ Tod sein ältester Sohn.« Cesare war wütend. »Micheletto, geh packen! Wir reiten noch heute nach Rom.«
    Micheletto verneigte sich und verschwand, während Cesare aus dem Bett sprang und sich hastig anzog.
    Er schnürte den Kragen seines Hemdes, als er sich auf den Rand des Bettes setzte. »Gleich nach dem Mahl werde ich nach Rom aufbrechen«, sagte er entschlossen. »Ich gehe jetzt in mein Zimmer und komme etwas später zum Essen. Es wäre unklug, wenn wir beide gemeinsam im Speisesaal auftauchen. Das könnte zu hitzigen Auseinandersetzungen führen, für die ich im Augenblick keine Zeit habe.«
    Ich nickte, ließ mich von Cesare küssen und sah ihm nach, als er leise die Tür hinter sich schloss. Dann zog ich mich an, wusch mir das Gesicht, richtete meine Haare und ging hinunter zum Mittagessen im festlich geschmückten Speisesaal.
    Lorenzo empfing mich mit einem strahlenden Lächeln – gut gelaunt und frei von Schmerzen.
    Es war Weihnachten – die Zeit der Wunder …

    … und der Überraschungen!
    Als ich nach dem Essen in mein Schlafzimmer zurückkehrte, traf mich der erste Schlag Gottes. Das also war Seine Rache!
    Mein Zimmer sah aus wie Bernardo da Trevisos Laboratorium nach der Explosion. Die Kleidertruhen waren durchwühlt, mehrere Roben aus Atlas und Seide lagen über den Boden verstreut, dazwischen funkelten Perlen und Diamanten. Meine Bücher lagen um den Schreibtisch herum. Zum Glück waren die Conclusiones nicht darunter! Nach Lorenzos eindringlicher Warnung hatte ich das Buch in ein geheimes Versteck in seinem Studierzimmer gebracht – nachdem ich es gelesen hatte …
    Eines der Bücher lag direkt vor dem Feuer. Offenbar war es in den Kamin geworfen worden, damit es Feuer fing. Aber nur ein Teil der Pergamentseiten war verkohlt. Ich hob es auf. Es war das Buch, in dem Cesare während der Stunden seines Wartens gelesen hatte: das Apothekerhandbuch. Er hatte es gefunden, obwohl es versteckt war!
    Mit zitternden Fingern öffnete ich das Buch. Die Seite, die ich zuletzt gelesen hatte, war noch immer an der oberen Ecke markiert, aber der Knick war nicht mehr eingefaltet. Cesare hatte die Seite aufgeschlagen. Er wusste vom Gift Cantarella und von seinen Symptomen! Er hatte von Gianni erfahren, dass ich vor einigen Wochen schwer krank gewesen war. Und vermutlich ahnte er nun auch, warum. O mein Gott, dachte ich. Lass es nicht zu, dass Cesare herausfindet, dass ich …
    Ich hatte den Zorn in seinen Augen gelesen, als er erfuhr, dass er bei der Ernennung des Herzogs von Gandía übergangen werden sollte. Wie sehr er seinen Bruder Juan hasste! Was würde er mit mir tun, wenn er erfuhr, dass ich sein Kind getötet hatte? Das Kind, das für ihn als künftiger Herzog ein Erbe gewesen wäre.
    Wie gehetzt sah ich mich in meinem Zimmer um. Was hatte Cesare noch alles durchwühlt, nachdem er das Handbuch gefunden hatte? Wusste er, wonach er suchen sollte? Und … hatte er es gefunden? Ich eilte zum Schreibtisch. Die Schublade, in der ich vor Wochen das Taschentuch mit der Cantarella versteckt hatte, war aufgebrochen. Langsam, als wollte ich dem Rat Carpe diem! Carpe momentum! gehorchen und auch diesen furchtbaren Augenblick bis zur Neige auskosten, zog ich sie auf.
    Sie war leer. Das Gift war verschwunden.
    Ich hätte schreien können. Vor Wut über meine eigene Dummheit. Vor Zorn über Cesare. Vor Angst …
    Es war eine Ahnung, die mich zum Bett zurückkehren ließ.
    Cesare war erstaunt gewesen über das Wunder von Lorenzos Genesung in der Heiligen Nacht. Er war so schweigsam während des Essens, hatte den Blick gesenkt gehalten,

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