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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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nach Spanien war, um sich König Fernando in Granada vorzustellen …

    In Careggi begannen Giovanni und ich einen verzweifelten Kampf gegen die Zeit. Und um das Leben, das Lorenzo unaufhaltsam durch die Finger rann. Wir versuchten die letzte Phiole mit Aurum potabile zum Elixirium vitae zu tingieren.
    Während Lorenzo mit Piero, Gianni und Giulio über florentinische Außenpolitik und das Ergebnis der Wahlen im Januar sprach, arbeiteten Giovanni und ich Tag und Nacht, und als wir zwei Wochen später erkannten, dass es uns nicht gelingen würde, das Elixirium herzustellen, richteten wir im benachbarten Saal der Villa ein zweites Laboratorium ein, in dem ich während des Vollmonds das Opus Magnum von neuem beginnen sollte.
    Ich arbeitete allein, suchte meinen einsamen Weg durch das Labyrinth des Wissens und orientierte mich an Giovannis Aufzeichnungen in meinem Notizbuch. Das Schreibheft, das ich mir in Florenz besorgt hatte, ähnelte jenem, das Cesare mir gestohlen hatte. Ich hatte Giovannis Aufzeichnungen zur Herstellung des Aurum potabile nach meiner Genesung aufmerksam gelesen und wusste, was ich zu tun hatte. Dass ich Giovanni zwischen den Transmutationen immer wieder um Rat fragte und seine Auskünfte fast wörtlich in mein neues Notizbuch niederschrieb, fiel ihm nicht auf. Auch nicht, dass ich gar nicht in meiner Spiegelschrift schrieb, sondern wie er in Symbolen …
    Innerhalb von drei Wochen nach der Solutio der Prima Materia – ich hatte geschmolzenes Gold als Ausgangsstoff des Opus gewählt – war das neue Notizbuch vollständig auf dem Stand des gestohlenen Heftes. Ich verließ mein Laboratorium tagsüber nur zu den Mahlzeiten im Kreis der Familie oder um Giovanni aufzusuchen und zu sehen, wie weit er mit seinem Opus gekommen war. Nachts schlief ich kaum mehr als zwei oder drei Stunden in einem Raum, der direkt neben meinem Laboratorium für mich eingerichtet worden war.
    Lorenzos Zustand verschlechterte sich von Tag zu Tag, bis es Giovanni erneut gelang, einige Phiolen mit Aurum zu tingieren. Mitte Februar fühlte er sich besser und ritt einige Stunden mit Angelo aus, lachte, scherzte, dichtete, aber am 5. März hatte er einen furchtbaren Anfall, der ihn für mehrere Tage ans Bett fesselte, ernst, schweigend, unwillig. Bis zum 8. März, dem Vorabend von Giannis feierlicher Investitur als Kardinal, hatte Lorenzo sich erholt, sodass er wieder aufstehen konnte. Dass er eine große Dosis Opium genommen hatte, erfuhr ich nicht von ihm selbst, sondern von seinem Medicus.

    »Er hat einen Pakt mit Satan geschlossen«, tobte der Frater donnernd wie ein Gewitter über den Bergen von Fiesole, als er während des Abendessens mit fliegendem Habit in den Bankettsaal stürmte. Keiner von uns fragte, wer er war.
    Fra Mariano da Genazzano, der am Abend vor Giannis Investitur mit einem höchst unheiligen Zorn nach Careggi gekommen war, berichtete uns von Fra Girolamos Bußpredigten in San Lorenzo.
    Der Augustiner hatte nach seinem peinlichen Wutanfall am Weihnachtsabend und Fra Girolamos kampflosem Sieg dem Dominikaner seine eigene Kirche San Lorenzo, die größer war als San Marco, für dessen Fastenpredigten angeboten. Er wollte den Fehler wieder gutmachen, der dem Ansehen seines Freundes Lorenzo so sehr geschadet hatte, und sich mit Fra Girolamo versöhnen. Vielleicht würde der Dominikaner ja einlenken und sich in seiner Wortwahl zurückhalten …
    Er tat es nicht.
    Lorenzos absolute Prinzipienlosigkeit, sein unbedingter Glaube an das Nützliche, Mögliche, Machbare, waren dem dogmatischen Dominikaner ein schmerzhafter Dorn im Fleisch, weil Lorenzo prinzipiell allem widersprach, woran er selbst mit aller Leidenschaft glaubte. Eine Versöhnung schien unmöglich.
    Der Andrang zu Savonarolas Fastenpredigten wäre größer denn je, berichtete Fra Mariano an diesem Abend zornig. Die apokalyptischen Drohungen und Prophezeiungen des Priors waren noch heftiger und eindringlicher als zuvor. Der Dominikaner – den Fra Mariano beschuldigte, einen Pakt mit Satan geschlossen zu haben, um Lorenzo zu stürzen – rief die Florentiner gegen den Tyrannen, der ihn heimlich aufgesucht hatte, um ihn mit Drohungen wie der Verbannung aus Florenz zum Schweigen zu bringen, und der – als er erkennen musste, dass der Prior nur Gott gehorchte – feige aus Florenz geflohen war, um sich in Careggi zu verstecken. An diesem Morgen hatte Fra Girolamo Lorenzo von der Kanzel herab aufgefordert, in die Stadt zurückzukehren, um sich seiner

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