Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
Gianni nach Fiesole reitest. Ich will, dass du neben ihm stehst, wenn er seinen Purpur empfängt. Ich will, dass du dein schönstes Kleid und dein bezauberndstes Lächeln trägst. Und ich will, dass du für einen Tag und eine Nacht aufhörst, um mich besorgt zu sein. Das ist mein Wunsch, und ich hoffe, dass du ihn respektierst.«
Am nächsten Morgen brachen wir vor Sonnenaufgang auf und ritten mit unserer bewaffneten Eskorte von Careggi nach Fiesole.
Aus Sicherheitsgründen fand Giannis Kardinalsinvestitur nicht im Dom Santa Maria del Fiore von Florenz statt, sondern in der Abteikirche von Fiesole. Lorenzo hatte Unruhen und Demonstrationen in der Stadt befürchtet, und er sollte Recht behalten. Aber anders, als er dachte …
Am 9. März 1492 betrat Giovanni de’ Medici, Kardinaldiakon der römischen Kirche Santa Maria in Domnica, Prior eines Konvents bei Poitiers, Abt von Monte Cassino, die kleine Kirche in Fiesole, um den Ring eines Erzbischofs und den Kardinalspurpur entgegenzunehmen. Der neue Kardinalerzbischof von Aix-en-Provence wurde von den Gratulanten fast erdrückt, als er die Kirche wieder verlassen wollte, um zum festlichen Empfang in den Palazzo Medici zurückzukehren.
Der kurze Ritt nach Florenz wurde zur Via triumphalis. Der ganze Weg von Fiesole hinab zur Porta San Gallo war von jubelnden Menschen gesäumt, die Kardinal de’ Medici sehen wollten, der die florentinischen Interessen in Rom vertreten würde – Rinaldo Orsini, der Erzbischof von Florenz, war kein Florentiner, sondern Römer. Ich sah in die vor Freude strahlenden Gesichter der Menschen, die uns in einer endlosen Prozession bis durch das Tor begleiteten: Keiner von ihnen schien ernsthaft zu glauben, dass der Magnifico versucht haben könnte, den Papst zu ermorden.
Selbst der Bannerträger von Florenz bereitete dem ersten Kirchenfürsten aus dem Hause Medici einen glänzenden Empfang im Palazzo della Signoria. Als Gianni nach den stundenlangen Huldigungen in den festlich geschmückten Palazzo Medici zurückkehrte, gaben ihm mehr als hundert Freunde der Familie das Ehrengeleit.
Im Lauf des Nachmittags trafen herrliche Geschenke ein, nicht nur aus Florenz sondern auch von den befreundeten Herrscherhäusern der Sforza, der Montefeltro, der Gonzaga und d’Este. Nachdem Gianni die Präsente zusammen mit seinen Freunden ausgiebig bewundert hatte, ließ er die kostbaren Geschenke in den Palazzo della Signoria bringen, um sie der Republik Florenz zur Verfügung zu stellen. Nur Aufmerksamkeiten, die ihm von der Familie und seinen Freunden geschenkt wurden, nahm er mit einem charmanten Lächeln an: ein kleines allegorisches Gemälde von Sandro Botticelli, einen nachdenklichen Hercules Victor von Michelangelo, eine handschriftliche Gedichtesammlung von Niccolò Machiavelli, ein kostbarer Crucifixus mit Diamanten und Rubinen von Piero und hundert andere schöne Dinge.
»Und was bekomme ich von dir, Caterina?«, scherzte Gianni, nachdem er die Kostbarkeiten angemessen gewürdigt hatte. Er ergriff meine Hand und zog mich zu Michelangelos Hercules, den ich vor Wochen bereits im Garten von San Marco bewundert hatte.
»Nichts, Gianni«, sagte ich. »Nur mich selbst.«
Er sah mich verblüfft an. »Dich?«
Was hatte er denn erwartet? Noch ein paar kostbare Handschriften, Gemälde und Skulpturen? Noch mehr Gold und Diamanten?
»Ich werde immer für dich da sein, Gianni! Ich werde hinter dir stehen und dir aufhelfen, wenn du stürzt. Und ich werde im Geiste bei dir sein, wenn du ins Konklave gehst. Und ich werde warten, bis du eines Tages als Heiliger Vater wieder herauskommst. Ich werde dich niemals allein lassen!«
Er schloss mich in die Arme. »Das ist das schönste Geschenk von allen«, flüsterte er bewegt. »Ich habe furchtbare Angst, nach Rom zu gehen … Lorenzo zu verlassen, ihm nicht mehr helfen zu können … Piero regieren zu lassen …«
»Ich weiß«, flüsterte ich zurück und hielt ihn fest. »Das solltest du auch, Eminenz! Hab so viel Angst, dass es für uns beide reicht!«
Gianni lachte geziert: »Aber am meisten fürchte ich mich vor dir, Caterina.« Er wies auf die Statue des Hercules Victor. »Michelangelo hätte dem strahlenden Sieger deine Züge geben sollen. Sein Hercules hat so wenig Angst wie du.«
»Du irrst, Gianni! Er hat panische Angst, aber er verbirgt seine Furcht hinter einem siegesgewissen Lächeln. Er wird gewinnen, aber nicht weil er stark und schnell ist, auch nicht, weil er ein Sohn der Götter und damit
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