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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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Sippschaft der Leute vielleicht, die ich an den Galgen gebracht habe, aber sie verachteten mich nicht mehr.«
    »Also gut, ich werde Sie von der Verachtung heilen«, meinte der Graf. »Heilen Sie mich dafür von meiner Unwissenheit. Was gedenken Sie mit Fabrizzio anzufangen?«
    »Auf Ehre! Serenissimus ist in starker Verlegenheit. Er fürchtet, daß Sie, verführt von Armidas [Armida: Anspielung auf Tassos ›Befreites Jerusalem‹.] schönen Augen – verzeihen Sie mir diese etwas freie Redewendung; es sind Allerhöchstdero eigene Worte! –, er fürchtet also,daß Sie ihn, verführt von wunderschönen Augen, die es ihm selbst ein wenig angetan haben, im Stich lassen könnten; und für die lombardische Politik gibt es außer Ihnen niemand. Ich will Ihnen sogar sagen,« fuhr Rassi im Flüsterton fort, »hier gibt es eine feine Gelegenheit für Eure Exzellenz, die den Sankt-Paul-Orden wohl aufwiegt, den Sie mir verschaffen! Serenissimus ist geneigt, Ihnen als Staatsgeschenk ein allerliebstes Landgut im Wert von sechshunderttausend Franken zu gewähren, das er von seinem eigenen Grundbesitz abtrennen würde, oder eine Vergütung von dreihunderttausend Talern, wenn Sie sich entschließen wollten, sich um das Schicksal des Fabrizzio del Dongo nicht weiter zu kümmern, zum mindesten darüber mit Serenissimus nur noch dienstlich zu reden.«
    »Auf so etwas war ich am allerwenigsten gefaßt«, sagte der Graf. »Mich um Fabrizzio nicht weiter kümmern, das hieße mit der Duchezza brechen.«
    »Gewiß. So äußerte sich Serenissimus. Tatsache ist, unter uns gesagt, daß Serenissimus gegen die Frau Duchezza höchst aufgebracht ist. Und er fürchtet, daß Sie als Entschädigung für den Bruch mit dieser liebenswürdigen Dame, wenn Sie dann sozusagen Witwer sind, ihn um die Hand seiner Cousine, Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Isotta, bitten könnten. Sie ist erst fünfzig Jahre alt.«
    »Da hat er eine gute Nase!« rief der Graf aus. »Unser allergnädigster Herr ist der größte Schlaumeier im ganzen Lande.«
    Niemals war der Graf auf den lächerlichen Einfall gekommen, diese alte Prinzessin zu heiraten. Nichts wäre ihn schwerer angekommen, ihn, den die Hofordnung zu Tode langweilte. Er begann mit seiner Tabaksdose auf der Marmorplatte eines kleinen Tisches, der neben seinem Lehnstuhl stand, zu spielen. Rassi ersah aus diesem Verlegenheitsspiel die Möglichkeit eines unverhofften Erfolges. Sein Antlitz strahlte.
    »Mit Verlaub, Herr Graf,« begann er von neuem, »fallsEure Exzellenz einverstanden sind, sei es mit dem Landgut für sechshunderttausend Franken, sei es mit der Barvergütung, dann bitte ich, keinen anderen Unterhändler zu wählen als mich. Ich mache mich sogar anheischig,« fuhr er flüsternd fort, »daß die Summe erhöht oder daß dem Landgut ein ziemlich ausgedehnter Forst hinzugefügt wird. Wenn sich Eure Exzellenz entschließen wollten, mit Serenissimus über den eingesperrten Naseweis mit ein wenig Maß und Zurückhaltung zu reden, so könnte das Landgut, das Ihnen der Dank der Nation anbietet, vielleicht mit der Würde eines Duca verbunden werden. Ich wiederhole Eurer Exzellenz, Serenissimus verwünscht die Duchezza jetzt, aber er ist doch in starker Verlegenheit, ja derartig, daß ich bisweilen geglaubt habe, es stäke irgendein Geheimnis dahinter, das er mir nicht zu offenbaren wagt. Genau betrachtet: die Sache ist eine Goldgrube. Ich verkaufe Ihnen seine wichtigsten Geheimnisse ohne große Gefahr, denn man hält mich für Ihren geschworenen Feind. Serenissimus ist wütend auf die Duchezza, aber er ist im Grunde ebenso überzeugt wie wir alle, daß Sie der einzige sind, der die geheimen Absichten auf Mailand zum guten Ende führen kann. Erlauben mir Eure Exzellenz, die Worte des Monarchen wörtlich zu wiederholen?« fragte Rassi immer feuriger. »Es liegt oft in der Stellung der Wörter etwas Eigenes, das keine Übersetzung wiederzugeben vermag, und Sie sehen vielleicht mehr, was in ihnen liegt, als ich es sehen kann.«
    »Ich erlaube alles«, sagte der Graf, indem er mit zerstreuter Miene fortfuhr, mit der goldenen Dose auf die marmorne Tischplatte zu klopfen. »Ich erlaube alles und werde mich erkenntlich zeigen.«
    »Verschaffen Sie mir einen erblichen Adelsbrief, nicht den Ordensadel, und ich bin mehr als zufrieden. Wenn ich Serenissimus um die Adelsverleihung persönlich angehe, pflegt er zu mir zu sagen: ›Einen Halunken wie dich adeln? Dann müßte ich morgen die Bude zumachen.Kein Mensch in

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