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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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Parma würde sich dann mehr adeln lassen wollen.« – Um auf die Geschichte mit Mailand zurückzukommen, so hat mir Serenissimus vor drei Tagen gesagt: »Ich habe niemanden außer diesem Schelm da, der unsere Ränke weiterspinnen könnte. Jage ich ihn fort oder geht er mit der Duchezza durch, dann kann ich auf die Hoffnung verzichten, mich jemals als liberales und angebetetes Oberhaupt von ganz Italien zu sehen.««
    Bei diesem Wort atmete der Graf auf. »Fabrizzio wird nicht sterben«, sagte er sich.
    Noch nie in seinem Leben hatte Rassi eine so vertrauliche Aussprache mit dem Premierminister erreicht. Er war außer sich vor Glück. Schon sah er sich dem Tage nahe, da er den Namen Rassi ablegen konnte, der im Lande gleichbedeutend mit allem Gemeinen und Feilen geworden war. Die kleinen Leute tauften bissige Köter »Rassi«, und vor kurzem hatten sich mehrere Soldaten geprügelt, weil einer ein paar andere »Rassis« geschimpft hatte. Überdies verging keine Woche, in der man nicht irgendein Schmähgedicht auf ihn losließ. Sein Sohn, ein harmloser Schüler von sechzehn Jahren, war wegen seines Namens aus dem Kaffeehaus verjagt worden.
    Die brennende Erinnerung an alle diese Annehmlichkeiten seiner Stellung verleitete ihn zu einer Unklugheit.
    »Ich besitze ein Landgut,« sagte er, indem er seinen Stuhl dicht an den Lehnsessel Moscas heranrückte, »das heißt Riva. Ich möchte Baron Riva werden.«
    »Warum nicht?« sagte der Minister. Rassi war ganz aus dem Häuschen.
    »Also, Herr Graf, ich möchte mir erlauben, zudringlich zu sein. Ich gestatte mir, das Ziel Ihrer Wünsche zu erraten: Sie trachten nach der Hand Ihrer Hoheit der Prinzessin Isotta. Das ist ein edler Ehrgeiz. Einmal verwandt mit Serenissimus, sind Sie vor Ungnade geborgen. Sie haben unsern Mann am Schnürchen. Ich will Ihnen nicht verhehlen, daß ihm Ihre Heirat mit Ihrer Hoheit der Prinzessin Isotta ein Greuel wäre. Aber wenn Sie IhreSache einem geschickten und gut bezahlten Mann anvertrauten, brauchte man am Erfolg nicht zu zweifeln.«
    »Na, mein lieber Baron, große Hoffnungen hege ich nicht. Zunächst werde ich jedes Wort, das Sie in meinem Namen äußern könnten, in Abrede stellen. Aber am Tage, da diese erlauchte Verbindung meine Sehnsucht endlich befriedigen und mir eine so hohe Stellung im Lande gewähren sollte, werde ich Ihnen dreihunderttausend Franken aus meinem Vermögen anbieten oder vielmehr Serenissimus den Vorschlag unterbreiten, Ihnen einen Huldbeweis angedeihen zu lassen, den Sie selbst dieser Geldsumme vorziehen werden.«
    Der Leser findet diese Unterredung lang, und doch erlassen wir ihm mehr als die Hälfte davon. Sie dauerte noch zwei Stunden. Rassi verließ den Grafen, närrisch vor Glück. Mosca war voll der besten Hoffnungen, Fabrizzio retten zu können, und fester denn je entschlossen, seine Entlassung einzureichen. Er fand, sein Ansehen bedürfe einer Auffrischung. Er weidete sich an der Möglichkeit, sich am Fürsten rächen zu können. »Er kann die Duchezza entbehren,« sagte er sich laut, »aber beileibe wird er nicht von der Hoffnung lassen wollen, der konstitutionelle König der Lombarden zu werden.« Diese Phantasterei war lächerlich; Serenissimus war durchaus nicht beschränkt, aber in diesen Traum hatte er sich so verbohrt, daß er in ihn toll verliebt war.
    In überströmender Freude eilte Mosca in den Palast der Duchezza, um ihr von seiner Unterredung mit dem Großfiskal zu berichten. Sie war für ihn nicht zu sprechen. Der Pförtner wagte ihm kaum zu gestehen, daß er diesen Befehl aus dem eigenen Munde seiner Herrin habe. Traurig kehrte Mosca in seinen Palast zurück. Sein soeben erlittenes Unglück verdarb ihm die ganze Freude, die ihm die Unterhaltung mit dem Vertrauten des Fürsten bereitet hatte. Da er keine Lust spürte, sich mit irgend etwas zu beschäftigen, irrte er trübsinnig in seiner Gemäldegalerieumher, als er, eine Viertelstunde später, folgendes Briefchen erhielt:
    »Mein lieber, guter Freund! Da wir nun in Wahrheit nur Freunde sind, so dürfen Sie mich nur einmal in der Woche besuchen. Nach vierzehn Tagen schränken wir diese Besuche auf zweimal im Monat ein. Wenn Sie mir einen Gefallen erweisen wollen, so bringen Sie unseren Bruch unter die Leute. Und wenn Sie mir die Liebe, die ich einst für Sie gehegt habe, möglichst vergelten wollen, so wählen Sie sich eine neue Geliebte. Was mich betrifft, ich habe große Pläne, mich zu zerstreuen. Ich werde viel in Gesellschaft gehen;

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