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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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könnte. Anderntags klatscht sie unsere Zusammenkunft allen Obstweibern der Nachbarschaft.‹
    Durch diesen Hoffnungsschimmer neu belebt, machte sich der Graf flugs auf den Weg zur Kathedrale. Erstaunt über die Gewagtheit seines Schrittes, lächelte er trotz seinem Kummer. ›Das ist so, als wäre ich schon nicht mehr Minister‹, sagte er sich.
    Die Kathedrale dient, wie viele Kirchen in Italien, als Durchgang von einer Straße zur anderen. Der Graf erblickte von weitem einen der Großvikare des Erzbischofs, der quer durch das Schiff kam.
    »Da ich Sie gerade treffe,« sagte er zu ihm, »wäre es sehr gütig von Ihnen, wenn Sie mir bei meiner Gicht die Anstrengung ersparten, zu Seiner Hochwürden dem Erzbischof hinaufzusteigen. Ich wäre ihm über alles dankbar, wenn er in die Sakristei herunterkommen wollte.«
    Der Erzbischof war über diese Botschaft entzückt; er hatte dem Minister wegen Fabrizzio so vieles zu sagen. Der Minister erriet jedoch, daß es nur Redensarten waren, und ging nicht darauf ein.
    »Was für ein Mensch ist Dugnani, der Vikar von San Paolo?«
    »Ein beschränkter Kopf, aber sehr ehrgeizig«, antwortete der Erzbischof. »Er macht sich wenig Gedanken und ist außerordentlich arm. Wir haben deshalb manchen Verdruß.«
    »Ausgezeichnet, Monsignore!« rief der Minister. »Sie sind der reine Tacitus!«
    Damit verabschiedete er sich lachend von ihm. Kaumwar er wieder im Ministerium, als er den Abbate Dugnani zu sich bitten ließ.
    »Sie sind der Seelsorger meines trefflichen Freundes, des Großfiskals Rassi. Sollte er mir nichts zu sagen haben?«
    Und ohne weitere Worte und Förmlichkeiten entließ er Dugnani wieder.

Siebzehntes Kapitel
    Der Graf fühlte sich als Minister außer Dienst. ›Sehen wir mal nach,‹ sagte er sich, ›wieviel Pferde wir uns nach meinem Fall in die Ungnade noch halten können, denn so wird man meinen Rücktritt nennen!‹
    Der Graf machte einen Vermögensüberschlag. Er hatte das Ministerium mit achtzigtausend Franken Vermögen übernommen; zu seiner großen Verwunderung fand er, daß er gegenwärtig alles in allem nicht über eine halbe Million Franken besaß. ›Das sind zwanzigtausend Lire im Jahre, nicht mehr und nicht weniger!‹ sagte er sich. ›Ich muß gestehen, daß ich ein großer Bruder Sorgenlos bin. Jeder Spießbürger von Parma wird mir hundertfünfzigtausend Lire Rente zutrauen. Und Serenissimus ist in diesem Punkt der Spießbürger größter. Wenn man mich am Hungertuch nagen sieht, wird man sagen, ich verstünde meinen Reichtum gut zu verheimlichen.‹ »Donnerwetter!« rief er laut. »Ich bin noch drei Monate Minister; ich will mein Vermögen verdoppeln!«
    Dieser Gedanke bot ihm Gelegenheit, der Duchezza zu schreiben. Er ergriff sie begierig; aber um den Brief bei ihrem jetzigen Verhältnis verständlich zu machen, füllte er ihn mit Zahlen und Berechnungen. ›Wir werden alle drei,‹ schrieb er ihr, ›Fabrizzio, Sie und ich, nur zwanzigtausend Lire Rente haben, um in Neapel zu leben. Fabrizzio und ich müssen uns zusammen einen einzigen Gaul halten.‹
    Der Minister hatte den Brief kaum abgeschickt, als derGroßfiskal Rassi gemeldet wurde. Mosca empfing ihn mit einer Überlegenheit, die an Unverschämtheit streifte.
    »Was, Herr Rassi,« sagte er zu ihm, »Sie lassen einen Verschwörer, dem ich wohlwill, in Bologna verhaften, ja Sie wollen ihm an den Kragen, und Sie sagen mir davon kein Sterbenswort? Wissen Sie wenigstens den Namen meines Nachfolgers? Ist es General Conti, oder sind Sie es selber?«
    Rassi stand wie angewurzelt da. Er war ein allzu schlechter Kenner der guten Gesellschaft, als daß er merkte, ob es der Graf ernst meine. Er bekam einen hochroten Kopf und stammelte ein paar unverständliche Worte. Der Graf blickte ihn an und genoß seine Bestürzung. Plötzlich raffte sich Rassi zusammen und sagte mit vollendeter Sicherheit, ganz wie Figaro, als ihn Almaviva auf der Tat ertappt: »Auf Ehre, Herr Graf, ich will mit Eurer Exzellenz freiheraus reden. Was geben Sie mir, wenn ich Ihnen auf alle Fragen so antworte wie meinem Beichtvater?«
    »Den Sankt-Paul-Orden oder Geld, wenn Sie mir einen Vorwand geben, es Ihnen zu verschaffen.«
    Der Paul-Orden war der Parmaer Orden.
    »Der Sankt Paul wäre mir lieber, weil der Adel damit verknüpft ist.«
    »Wie, bester Fiskal, Sie legen noch Wert auf unseren armseligen Adel?«
    »Wenn ich von Adel wäre,« entgegnete Rassi mit der ganzen Unverschämtheit seines Berufs, »dann haßte mich die

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