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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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weil sie sicher sei, in dieser Ehe nicht ein bißchen Glück zu finden.
    Bei diesen Worten geriet der General in Zorn, und Clelia vermochte nur mit vieler Mühe wieder zu Worte zu kommen. Gäbe ihr Vater, verlockt durch den großen Reichtumdes Marchese, ihr wirklich den Befehl zu dieser Heirat, fuhr sie fort, so sei sie bereit, ihm zu gehorchen.
    Der General war über diese Logik erstaunt, die er sich nicht im entferntesten hätte träumen lassen, aber er freute sich doch am Ende darüber. »So brauche ich also nicht in einem Oberstübchen zu wohnen,« sagte er zu seinem Bruder, »wenn mich dieser Schlingel, der Fabrizzio, mit seinem bösen Streich um meine Stellung bringt.«
    Graf Mosca verfehlte nicht, sich wegen der Flucht dieses schlechten Subjektes höchst ergrimmt zu zeigen, und wiederholte bei passender Gelegenheit den von Rassi erfundenen Ausspruch über das taktlose Verhalten dieses übrigens recht mittelmäßigen jungen Mannes, der sich der Allerhöchsten Gnade entzogen habe. Diese geistreiche Redensart, die von der guten Gesellschaft beifällig weitergegeben wurde, fand im Volke durchaus keinen Anklang. Mochte Fabrizzio noch so schuldig sein, der gesunde Menschenverstand bewunderte den Entschluß, der dazu gehört, von einer so hohen Mauer hinabzuklettern. Nur am Hofe bewunderte diesen Mut niemand.
    Was schließlich die bei Fabrizzios Entweichen arg hineingefallene Polizei anlangte, so hatte sie offiziell entdeckt, daß ein Trupp von zwanzig Soldaten durch Geld von der Duchezza bestochen worden sei. So schrecklich undankbar sei dieses Weib, dessen Namen man fürderhin nur noch mit einem Seufzer aussprechen könne. Jene Soldaten hätten Fabrizzio vier aneinandergebundene Leitern gereicht, jede fünfundvierzig Fuß lang. Fabrizzio habe einen Strick herabgelassen, den man an die Leitern angeknüpft habe, und weiter nichts getan, als diese Leitern zu sich hinaufzuziehen. Etliche wegen ihres Unverstandes bekannte Liberale, unter ihnen der Arzt C., ein vom Fürsten selbst bezahlter Spitzel, erzählten ferner, allerdings nicht ohne sich etwas zu vergeben, die schreckliche Polizei habe die Roheit gehabt, acht von den unglücklichen Soldaten, die die Flucht des undankbaren Fabrizzio begünstigt hätten, erschießen zu lassen. Nunward er auch von echten Liberalen getadelt, daß er den Tod von acht armen Soldaten verschuldet habe. So bringen es kleine Despotismen zuwege, daß die Macht der öffentlichen Meinung in nichts zerrinnt.

Dreiundzwanzigstes Kapitel
    Inmitten der allgemeinen Verdammung blieb einzig und allein der Erzbischof Landriani der Sache seines jungen Freundes treu. Er wagte sogar, am Hofe der Fürstin folgenden Rechtsgrundsatz wiederholt auszusprechen: Bei jedem Prozeß müsse man sein Ohr von jeglichem Vorurteil frei halten und die Rechtfertigung eines Abwesenden anhören.
    Bereits am Tage nach Fabrizzios Entweichen war mehreren Persönlichkeiten ein ziemlich mäßiges Sonett zugegangen, worin seine Flucht als eine der schönsten Taten des Jahrhunderts gepriesen und Fabrizzio mit einem Engel verglichen wurde, der mit ausgebreiteten Flügeln zur Erde hinabgeschwebt sei. Am übernächsten Abend sagte man in ganz Parma ein herrliches Sonett auf; es war ein Monolog, den Fabrizzio über die entscheidenden Ereignisse seines Lebens hielt, während er an dem langen Seil hinabglitt. Dieses Gedicht machte ihn durch zwei prächtige Verse populär; Literaturfreunde erkannten den Stil Ferrante Pallas.
    Im folgenden müßte ich den epischen Stil anwenden. Woher sollte ich die Farben nehmen, um die Sturzbäche der Entrüstung zu malen, die urplötzlich alle wohldenkenden Herzen überschwemmten, als man die unglaubliche Unverschämtheit von der Festbeleuchtung des Schlosses Sacca erfuhr? Alles schrie förmlich auf gegen die Duchezza; selbst die wirklich Liberalen meinten, so etwas stelle die armen Verdächtigen, die in den verschiedenen Gefängnissen eingesperrt waren, in barbarischer Weise bloß und erbittere unnützerweise das Herz des Monarchen.Graf Mosca erklärte, der Duchezza bliebe kein einziger ihrer alten Freunde; sie sei vergessen. Somit war das Konzert der Verwünschung einstimmig. Ein Fremder auf der Durchreise wäre über die Energie der öffentlichen Meinung erstaunt gewesen. Aber in diesem Lande, wo man den Genuß der Rache zu schätzen weiß, hatten die Festbeleuchtung von Sacca und das herrliche Parkfest, das man mehr als sechstausend Landleuten gegeben hatte, ungeheueren Erfolg. In Parma erzählte

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