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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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zweimalhunderttausend Franken. Außer zwei Sälen mit Meisterwerken des bekannten Parmigianino, des größten Malers im Lande nach dem göttlichen Correggio, wurden jetzt alle Gemächer im ersten und zweiten Stock mit Fresken von den berühmten Malern von Florenz, Rom und Mailand verschönt. Fogelberg [Bengt Erland Fogelberg (1786-1854); Pietro Tenerani (1789-1869); Pompeo Marchesi (1790-1858), Mailänder, Schüler Canovas, auch in Beziehungen zu Goethe. Weiter unten genannt Francesco Hayez, italienischer Historienmaler (1791-1882). Von Fogelberg schreibt Beyle (am 14. Januar 1832): ›Einer der besten Bildhauer Roms, ein Herzensfreund von mir (er liebt das Schöne ebenso leidenschaftlich, toll undblödsinnig wie ich!)›Fogelberg, ist eben dabei, meinem Tiberius eine Nase zu verfertigen.] , der große schwedische Bildhauer, Tenerani aus Rom und Marchesi aus Mailand arbeiteten seit einem Jahre an zehn Basreliefs, die ebenso viele Taten des Crescentius, eines wahrhaft großen Mannes, verherrlichten. Die Mehrzahl der Deckenfresken war ebenfalls voller Anspielungen auf sein Leben. Allgemein bestaunte man die Decke, auf der Hayez, der Mailänder Künstler, den Crescentius in den elysäischen Gefilden im Gespräch mit Francesco Sforza, Lorenzo il Magnifico, König Robert, dem Tribunen Cola di Rienzi [Lorenzo di Medici (gestorben 1492); König Robert von Neapel (geboren um 1265, gestorben 1343), der leidenschaftliche Gegner Kaiser Heinrichs VII. und Ludwigs des Bayern. Cola di Rienzi wollte die altrömische Republik wieder aufrichten; ermordet im Jahre 1354.] , Machiavelli, Dante und anderen großen Männern des Mittelalters dargestellt hatte. Hinter der Verehrung für diese erlesenen Geister witterte man eine Spitze gegen die Machthaber.
    Alle diese prächtigen Einzelheiten beschäftigten die Aufmerksamkeit des Adels und der Bürgerschaft Parmas und durchbohrten das Herz unseres Helden, als er davon las.Ludovico schilderte sie mit einfältiger Bewunderung in einem mehr als zwanzig Seiten langen Brief, den er einem Grenzbeamten in Casalmaggiore diktiert hatte.
    ›Und ich, ich bin so arm!‹ dachte Fabrizzio. ›Alles in allem viertausend Lire Rente! Es ist wahrlich eine Unverschämtheit von mir, zu wagen, in Clelia verliebt zu sein, für die alle diese Wunderdinge gemacht werden!‹
    Eine einzige Stelle in Ludovicos langem Brief, die aber in seiner eigenen schlechten Handschrift geschrieben war, berichtete seinem Herrn, daß er am Abend den armen Grillo getroffen habe, Fabrizzios ehemaligen Gefängniswärter; er habe sich benommen wie einer, der das Licht scheut. Er war ins Gefängnis geworfen und wieder frei gelassen worden. Dieser Mensch hatte Ludovico gebeten, ihm aus Barmherzigkeit eine Zechine zu schenken, und Ludovico hatte ihm im Namen der Duchezza deren vier gegeben. Die ehemaligen Gefängnisaufseher, die eben wieder in Freiheit gesetzt worden waren, zwölf an der Zahl, hatten den Plan, die neuen Aufseher, ihre Nachfolger, mit Messerstichen zu traktieren, far un trattamento di coltellate, wie man sagt, sobald sich einer von ihnen außerhalb der Zitadelle blicken ließe. Grillo hatte erzählt, fast alle Abende fänden in der Zitadelle Serenaden statt; Signorina Clelia sähe sehr blaß aus, oft sei sie krank, und ›dergleichen mehr‹. Dieser drollige Ausdruck hatte zur Folge, daß ein Eilbote nach dem anderen den Befehl an Ludovico brachte, nach Locarno zurückzukehren. Er kam, und die Einzelheiten, die er mündlich erzählte, waren noch viel trauriger für Fabrizzio.
    Man kann sich Fabrizzios Liebenswürdigkeit gegen die arme Duchezza vorstellen. Er hätte tausendmal lieber den Tod erlitten, als daß er in ihrer Gegenwart den Namen Clelia Conti ausgesprochen hätte. Die Duchezza haßte Parma; und für Fabrizzio war mit einem Male alles, was an diese Stadt erinnerte, erhaben und rührend.
    Die Duchezza hatte ihre Rache weniger denn je vergessen.Wie glücklich war sie vor Gilettis Tode gewesen! Und was war jetzt ihr Schicksal! Sie lebte in der Erwartung eines gräßlichen Ereignisses, von dem sie sich wohl hütete, Fabrizzio ein Wort zu sagen. Und doch hatte sie einst, als sie es mit Ferrante verabredete, vermeint, Fabrizzio eine große Freude zu bereiten, wenn sie ihm sagen werde, der Tag der Rache sei da.
    Man kann sich einen Begriff machen, wie erquicklich das Zusammenleben Fabrizzios und der Duchezza jetzt war; fast immer herrschte zwischen ihnen düsteres Stillschweigen. Um die Stimmung zu erhöhen, hatte die

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