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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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mich so an!‹ Trotzdem gelobte er sich von Viertel- zu Viertelstunde, zu gehen.
    »Ich muß Ihnen gestehen, Gräfin,« sagte er lachend zu ihr, »daß ich in Parma vor Langerweile umkomme, und es muß mir erlaubt sein, mich in einem Genuß zu berauschen, wenn ich ihn auf meinem Wege finde. So bitte ich um die Erlaubnis, jetzt und nur heute abend vor Ihnen die Rolle des Liebhabers zu spielen. Ach, in wenigen Tagen werde ich recht weit weg von dieser Loge sein, deren Zauber allen Verdruß und sogar, werden Sie sagen, die Gesetze des Anstands vergessen läßt.«
    Acht Tage nach diesem auffälligen Logenbesuch in der Scala war der Graf Mosca infolge verschiedener kleiner Zwischenfälle, deren Aufzählung zu weitschweifig wäre, ganz närrisch vor Liebe und die Gräfin bereits der Meinung, daß das Alter eines Liebhabers gar nicht in Frage komme, wenn man ihn nur sonst liebenswert finde.
    So standen die Dinge, als der Graf durch einen Boten nach Parma zurückbefohlen ward. Wahrscheinlich hatte Serenissimus in seiner Einsamkeit einen Angstanfall. Die Gräfin reiste nach Grianta zurück, aber ihrer Phantasie genügte dieser schöne Ort nicht mehr; er erschien ihr öde. ›Sollte ich wirklich eine ernsthafte Neigung zu diesem Manne gefaßt haben ?‹ fragte sie sich.
    Mosca schrieb und brauchte nichts vorzuspiegeln; die Trennung hatte seinen Geist belebt. Seine Briefe waren unterhaltsam. Er sandte sie – im vollen Einverständnis mit der Gräfin – absonderlicherweise durch Eilboten nach Como, Lecco, Varese oder nach irgendeinem anderen jener entzückenden kleinen Städte in der Umgebungdes Sees, wo sie auf die Post gegeben wurden. Dadurch vermied man die Nörgeleien des Marchese del Dongo, der ungern Briefporto bezahlte. Mosca wollte damit erreichen, daß der Bote ihm schließlich gleich die Antworten brächte, und das gelang ihm.
    Bald wurden die Tage, an denen der Eilbote eintraf, für die Gräfin bedeutungsvoll. Die Briefe waren von kleinen Geschenken ohne Wert, von Blumen und Früchten begleitet, die ihr und auch ihrer Schwägerin Vergnügen machten. Die Erinnerung an den Grafen vermischte sich mit dem Gedanken an seine große Macht. Die Gräfin war neugierig auf alles, was man ihr über ihn sagte; sogar die Liberalen rühmten seine Fähigkeiten.
    Der schlimme Ruf des Grafen rührte vornehmlich daher, daß er für das Haupt der Reaktionspartei am Hofe von Parma galt und daß die liberale Gegenpartei eine zu allem fähige, ja sogar erfolgreiche Intrigantin an ihrer Spitze hatte, die ungeheuer reiche Marchesa Raversi. Der Fürst hütete sich, die Partei, die nicht am Ruder war, ganz fallen zu lassen; er wußte, daß er immer der Herr blieb, selbst mit einem Ministerium, das aus dem Salon der Frau Raversi hervorging. In Grianta erzählte man sich tausend Einzelheiten über dieses Ränkespiel. Überall schilderte man Mosca als Staatsleiter von höchstem Talent und als Mann der Tat. Seine Abwesenheit verwischte den Eindruck seiner gepuderten Haare; und was ihr bisher der Inbegriff alles Steifen und Trübseligen gewesen, erschien bei ihm als belanglose Kleinigkeit, als höfischer Zwang. Im übrigen spielte er ja am Hofe eine so prächtige Rolle. »Ein Hof ist etwas Lächerliches«, sagte die Gräfin zur Marchesa, »und doch unterhaltend, ein Spiel, das einen in Spannung versetzt; aber man muß sich seinen Regeln fügen. Wer hätte sich nicht gegen die lächerlichen Spielregeln des Piketts ereifert? Und doch, sobald man mit ihnen vertraut ist, macht es Spaß, den Gegner ›repic‹ und ›capot‹ zu machen.«
    Die Gräfin dachte häufig an den Schreiber so vieler liebenswürdigerBriefe. Die Tage, an denen sie solche empfing, waren Feste. Sie stieg in ihre Barke und las sie an den schönsten Stellen des Sees, an der Pliniana, in Bellano, im Hain der Sfrondata. Diese Briefe trösteten sie ein wenig über Fabrizzios Fernsein. Zum mindesten war sie nicht imstande, über die tolle Verliebtheit des Grafen unwillig zu sein. Keine vier Wochen waren verflossen, als sie seiner bereits in zärtlicher Freundschaft gedachte.
    Graf Mosca seinerseits meinte es fast ernst, als er ihr anbot, er wolle seinen Abschied einreichen, seinen Ministerposten verlassen und mit ihr in Mailand oder sonstwo leben. ›Ich besitze vierhunderttausend Franken,‹ schrieb er ihr unter anderem, ›also fünfzehntausend Lire Rente.‹ ›Wieder eine Loge, Pferde und so weiter!‹ sagte sich die Gräfin. Das waren holde Träume. Von neuem entzückte sie die

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