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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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sollte er seine Eifersucht verbergen?
    Er wußte nicht, zu welchem Vorwand er seine Zuflucht nehmen sollte, und so behauptete er, der Fürst sei heute abend ungemein ungnädig zu ihm gewesen; er hätte ihm beständig widersprochen, und so weiter. Zu seinem Schmerz nahm er wahr, dass ihm die Duchezza kaum zuhörte und dieser Tatsache, die sie noch tags zuvor zu endlosen Betrachtungen veranlaßt hätte, keinerlei Anteilnahme schenkte. Der Graf blickte Fabrizzio an. Noch nie war ihm dieses schöne Lombardengesicht so aufrichtig und vornehm erschienen. Fabrizzio war mehr Ohr als die Duchezza für die Misshelligkeiten, von denen er erzählte.
    ›Wahrlich,‹ sagte er sich, ›dieses Gesicht vereint grenzenlose Güte mit dem Ausdruck einer gewissen zärtlichen und unschuldigen Heiterkeit, die unwiderstehlich ist. Offenbar sagt es: Nur Liebe und Glück sind ernste Dinge auf dieser Welt! Und dennoch, wenn man einen Gesprächsstoff berührt, der Geist erfordert, so blitzt es in seinen Augen, und man ist erstaunt und verwirrt. Allesist in seinen Augen einfach, weil er alles von oben herab betrachtet. Grosser Gott! Wie soll man einen solchen Gegner aus dem Felde schlagen? Und trotz alledem, was wäre das Leben ohne Ginas Liebe? Mit welchem Entzücken lauscht sie sichtlich den reizenden, sprühenden Einfällen dieses so jugendlichen Geistes, der einer Frau unvergleichlich erscheinen muß!‹
    Ein gräßlicher Gedanke befiel den Grafen wie ein Krampf: ›Soll ich den da vor ihren Augen erdolchen und dann Hand an mich selbst legen?‹
    Er durchmaß das Zimmer; seine Beine trugen ihn kaum, und die Hand krampfte sich um den Dolchgriff. Die beiden kümmerte nicht, was er tat. Er sagte, er wolle einem Diener einen Auftrag geben; sie hörten kaum darauf. Die Duchezza lachte herzlich über ein Wort, das Fabrizzio soeben an sie gerichtet hatte. Der Graf trat an eine Lampe im Nebengemach und prüfte, ob die Spitze seines Dolches scharf geschliffen sei.
    ›Man muss nett und manierlich mit dem jungen Mann umgehen‹, sagte er sich, indem er zurückkam und auf das Paar zuschritt.
    Er wurde verrückt; es kam ihm vor, als ob sie sich zueinander beugten und sich küßten, dort, unter seinen Augen. ›Das ist unmöglich,‹ sagte er sich, ›in meiner Gegenwart! Mein Verstand ist verwirrt. Ich muß mich beruhigen. Wenn ich mich roh benehme, ist die Duchezza imstande, ihm lediglich aus gekränkter Eitelkeit nach Belgirate zu folgen. Dort oder unterwegs kann der Zufall das Wort herbeiführen, das den Empfindungen beider den rechten Namen gibt, und im Augenblick folgt alles Weitere daraus. Die Einsamkeit wird dieses Wort prägen, und dann? Wenn die Duchezza einmal fern von mir ist, was wird dann? Selbst wenn ich alle Schwierigkeiten überwinde, die mir der Fürst auftürmt, wenn ich mein verkümmertes altes Gesicht in Belgirate sehen lasse, welche Rolle spiele ich fortan unter diesen vor Glück närrischen Menschen?Selbst hier, was bin ich anderes als der terzo incommodo? – Die schöne italienische, Sprache ist wie geschaffen für die Liebe. – Terzo incommodo! (Der störende Dritte!) Wie schmerzlich für einen geistvollen Mann, zu fühlen, daß er diese abscheuliche Rolle spielt, und es nicht über sich zu gewinnen, aufzustehen und wegzugehen!‹
    Der Graf war nahe daran, herauszuplatzen oder zum mindesten sich durch seine entstellten Züge zu verraten. Als er bei seinem Hin- und Hergehen im Salon gerade an der Tür war, ergriff er die Flucht, indem er in gutmütigem und vertraulichem Tone rief: »Gute Nacht, ihr beiden!« Und für sich fügte er hinzu: ›Es soll kein Blut fließen!‹
    Am Morgen nach diesem schrecklichen Abend, nach einer Nacht, die der Graf damit verbracht hatte, sich bald Fabrizzios Vorzüge bis ins einzelne auszumalen, bald sich den gräßlichsten Ausbrüchen grausamster Eifersucht hinzugeben, geriet er auf den Einfall, einen jungen Kammerdiener zu sich rufen zu lassen. Dieser Bursche machte einem jungen Mädchen namens Cechina den Hof, die Kammerzofe bei der Duchezza war und sehr gut bei ihr stand. Zum Glück war der junge Diener in seiner Führung höchst ordentlich, sogar geizig, und strebte nach einem Pförtnerposten in einem der Regierungsgebäude von Parma. Der Graf befahl dem Menschen, augenblicklich Cechina, seine Geliebte, herzubringen. Der Diener gehorchte, und eine Stunde darauf erschien der Graf unversehens in der Stube, wo sich das junge Mädchen mit ihrem Bräutigam befand. Der Graf versetzte beide in

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