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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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Kulissen, wo seine Kollegen versammelt standen. Seine Glanzrollen waren solche, in denen der Darsteller mit weiß bemaltem Gesicht auftreten muß und entweder tüchtige Prügel austeilt oder welche bekommt. Dieser würdige Nebenbuhler Fabrizzios bezog eine Monatsgage von zweiunddreißig Lire und hielt sich für riesig reich.
    Als die Aufpasser dem Grafen diese beglaubigten Einzelheiten hinterbrachten, kam er sich wie neu geboren vor. Seine gute Laune kehrte zurück; er erschien in den Gemächern der Duchezza als heiterer und besserer Gesellschafter denn je, hütete sich aber, von dem kleinen Abenteuer, das ihn dem Leben zurückgegeben hatte, irgend etwas verlauten zu lassen. Er traf vielmehr Maßregeln, daß die Duchezza so spät wie möglich von der ganzen Geschichte erfuhr. Endlich hatte er den Mut, der Stimme der Vernunft zu folgen, die ihm seit vier Wochen zuschrie, daß ein Liebhaber, dessen Glücksstern zu erbleichen beginnt, auf alle Fälle verreisen müsse.
    Eine wichtige Angelegenheit rief ihn nach Bologna. Zweimal am Tage brachten ihm Staatskuriere weniger dienstliche Akten aus seinen Kanzleien als vielmehr neue Nachrichtenüber die Liebesgeschichte der kleinen Marietta, über die Rachsucht des schrecklichen Giletti und die Abenteuer Fabrizzios.
    Einer der Gewährsmänner des Grafen bestellte mehrere Male ›Arlechino in der Pastete‹, eine der Glanzrollen Gilettis, worin er gerade in dem Augenblick aus der Pastete steigt, da sein Rivale Brighella sie anschneidet, den er dann ordentlich verprügelt. Das war ein Vorwand, ihm hundert Franken zuzuwenden. Giletti, der bis über die Ohren in Schulden stak, hütete sich zwar, von dieser Sondereinnahme zu reden, wurde aber erstaunlich stolz.
    Fabrizzios flüchtige Laune wandelte sich in verletzte Eigenliebe. Vor Herzeleid nahm er trotz seinem Alter seine Zuflucht bereits zu Grillen. Die Eitelkeit lockte ihn ins Theater. Das kleine Mädchen spielte überaus lustig und zerstreute ihn; hinterher war er immer eine Stunde lang verliebt.
    Der Graf kehrte nach Parma zurück, als er erfuhr, daß Fabrizzio in wirklicher Gefahr schwebte. Giletti, der in dem schönen Regiment der Napoleondragoner gedient hatte, sprach allen Ernstes davon, den Monsignore zu ermorden, und traf Anstalten, um hinterher nach der Romagna zu entfliehen.
    Wenn der Leser sehr jung ist, wird er über unsere Bewunderung dieses schönen moralischen Zuges am Grafen erstaunt sein. Gleichwohl war es für ihn kein geringer Aufwand an Edelmut, von Bologna zurückzukehren; sah er doch bisweilen, besonders des Morgens, recht verlebt aus, und Fabrizzio dagegen frisch und heiter. Wem wäre es eingefallen, ihm aus Fabrizzios Ermordung, die in seiner Abwesenheit und aus so törichtem Anlaß geschehen wäre, einen Vorwurf zu machen? Aber er gehörte zu jenen seltenen Seelen, die ewig Gewissensbisse empfinden, wenn sie eine edle Tat, die sich ihnen geboten, nicht vollbracht haben. Übrigens war ihm der Gedanke unerträglich, die Duchezza durch seine Schuld traurig zu sehen.
    Bei seiner Ankunft fand er sie schweigsam und schwermütig. Folgendes war vorgefallen: Die kleine Kammerzofe Cechina, von Reue gequält und die Größe ihrer Verfehlung nach der stattlichen Bestechungssumme bemessend, war krank geworden. Eines Abends kam die Duchezza, die sie gern hatte, in ihre Kammer hinauf. Diesem Beweis von Güte vermochte das Mädchen nicht zu widerstehen; sie brach in Tränen aus, wollte ihrer Herrin zurückgeben, was sie von dem empfangenen Gelde noch besaß, und fand am Ende den Mut, ihr das Verhör zu gestehen, das der Graf mit ihr angestellt hatte. Die Duchezza lief schnell zur Lampe und löschte sie aus, dann sagte sie zu der kleinen Cechina, sie verzeihe ihr, doch unter der Bedingung, daß sie niemandem ein Wort von dem merkwürdigen Vorgang erzähle. »Der arme Graf«, sagte sie leichthin, »fürchtet die Lächerlichkeit. So sind die Männer alle.«
    Die Duchezza eilte in ihr Zimmer hinab. Kaum hatte sie sich dort eingeschlossen, als sie in Tränen ausbrach. Der Gedanke, mit Fabrizzio, an dessen Wiege sie gestanden, eine Liebschaft zu haben, war ihr entsetzlich. Und doch: war ihr Benehmen nicht danach?
    Das war die erste Ursache der düsteren Schwermut, in der sie der Graf antraf. Als er wieder da war, zeigte sie sich launisch gegen ihn und fast auch gegen Fabrizzio; am liebsten hätte sie alle beide nicht wiedersehen mögen. Sie ärgerte sich über die ihr lächerliche Rolle, die Fabrizzio bei der kleinen Marietta

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