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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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mehr vergessen, solange er lebte. Diesen Ausdruck vollkommener Verzweiflung.
    Fretter winkte mit den Armen. »Hier! Hierher, Kinder!« Dann, an Brynn gewandt: »Ruf sie in ihrer Sprache an. Sag, sie sollen herkommen.«
    »Assi! Assi!«, schrie Brynn.
    Das Mädchen blickte auf, machte aber keine Anstalten, ans Ufer zu rudern.
    »Sie haben Angst«, bemerkte Arkh. »Auf dem Wasser fühlen sie sich sicher.«
    »Kraven, dich verehren sie«, erklärte Fretter. »Ruf du sie an.«
    Kraven watete in den Fluss. »Assi!«, wiederholte er.
    Wieder blickte das Mädchen auf, aber die weit aufgerissenen, leeren Augen ließen nicht vermuten, dass sie aus eigenem Antrieb an Land kommen würde.
    Alle schrien jetzt und beschworen die Kleinen, ans Ufer zu kommen. Alle außer Arkh, der sich hinter Mungo versteckt hatte.
    Das Kanu des Mädchens kam zum Stehen.
    Brynn watete auf sie zu. »Assi«, sagte sie sanft. »Assa weipei.«
    Schließlich paddelte sie zögerlich in ihre Richtung, und der Rest der Gruppe folgte, ein kleines Kanu nach dem anderen. Wie verirrte Entlein kamen sie heran und schoben ihre Boote aufs grasige Ufer. Ihre entsetzten Gesichter sprachen Bände über das Grauen, das sie erlebt hatten, auch wenn ihre Zungen noch wie gelähmt waren. Es waren insgesamt dreißig, alle immerhin kräftig genug zum Paddeln, aber kaum einer von ihnen älter als zehn. Der Jüngste sah aus, als wäre er erst fünf. Er krabbelte aus seinem Boot, rannte auf den nächstbesten Erwachsenen zu und schlang die zierlichen Ärmchen um seine Beine. Es waren Curdwells.
    Curdwell beäugte ihn einen Moment lang überrascht, und als der grünäugige Knabe einfach nicht loslassen wollte, hob der ruppige Soldat ihn auf die kräftigen Arme und drückte ihn an sich. »Zittert wie Espenlaub«, sagte er. »Nicht auszudenken, was die kleinen Wichte durchgemacht haben müssen.«
    Brynn versuchte, mit dem Mädchen zu sprechen. Sie mochte vielleicht zwölf sein. Offensichtlich war sie die Anführerin, solange keine älteren in der Nähe waren. Das nasse Haar klebte ihr im Gesicht, die Wangen waren rußgeschwärzt und von dünnen hellen Streifen überzogen. Tränen , dachte Wex. Trotz der zerrissenen Kleider und aller Verstörtheit erkannte er sie. Es war das Mädchen, das er gezeichnet hatte.
    »Frag sie, was geschehen ist, Brynn«, befahl Fretter. »Frag sie sofort!«
    »Ja … gleich …«, stammelte sie. »Gebt Ihnen einen Moment.«
    Brynn wiederholte Fretters Frage in gebrochener Flusssprache, aber das Mädchen brachte noch immer keinen Laut über die Lippen. Sie duckte sich hinter Brynn und deutete mit zitternder Hand auf Arkh.
    »Sie geben dem Monster die Schuld«, sagte Curdwell und streckte anklagend einen Finger in Arkhs Richtung.
    »Sei kein Einfaltspinsel«, erwiderte Pinch. »Er war die ganze Zeit über bei uns.«
    Fretter bedeutete Pinch, den Mund zu halten, und befahl Wex und Cirilla, sich um die Kleinen zu kümmern.
    »Du musst aufhören, die Schuld für jedes Unglück unter unseren eigenen Leuten zu suchen«, sagte der Hauptmann zu Curdwell.
    »Das Monster und der Bauer gehören nicht zu meinen Leuten.«
    »Arkh kann unmöglich etwas damit zu tun gehabt haben. Die Kinder sind nur halb wahnsinnig vor Angst.«
    »Ihre Eltern wurden von einer Mordbande abgeschlachtet«, mischte sich Brynn ein. »Man kann ihnen ihre Verfassung wohl kaum verübeln!«
    »Ich verüble ihnen auch nichts. Ich suche nur nach einer Erklärung.«
    »Die Schimmelbrüder«, meldete Alver sich zu Wort und erntete furchtsames Nicken.
    »Mag sein«, sagte Kraven.
    »Was ist, Kraven?«, fragte Fretter. »Ich kenne diesen Tonfall an Euch. Ihr glaubt nicht, dass sie es waren.«
    »Bei unserer Begegnung hatten die Aussätzigen keine Pfeile. Noch sind sie uns mit Feuer zu Leibe gerückt.«
    »Vielleicht haben sie beides nur nicht eingesetzt«, meinte Alver.
    »Was das Feuer angeht … könnte sein. Aber bei den Pfeilen, unwahrscheinlich. Wer Pfeil und Bogen hat, benutzt sie auch, auf der Jagd genauso sicher wie in einem Kampf. Dies hier ist eine neue Gefahr.«
    »Eine von vielen«, warf Spärling ein, aber alle ignorierten die Bemerkung.
    »Glaubt Ihr, sie wurden alle getötet?«, fragte Alver.
    Fretter überlegte. »Es waren zu wenig Leichen, aber manche liegen vielleicht noch unter Wasser. Oder flussaufwärts am Ufer.«
    »Oder Schlimmeres«, wiederholte Pinch Mungos Kommentar. »Eventuell sollten wir uns vielleicht von diesem Walther entfernen, würde ich sagen. Wer immer das getan

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