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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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Düsterlinge würden einfach vorbeiziehen, und nun schwand seine Hoffnung. Die Sicherheit des Turms stand auf dem Spiel, ein Feind, der es auf Menschenfleisch abgesehen hatte, zog seine Kräfte jenseits des Flusses zusammen und schickte Kundschafter nach Norden und Süden.
    »Die Lage ist eigentlich ganz gut«, versuchte Cirilla ihn zu beruhigen. »Von so weit oben habe ich noch nie auf einen Feind hinabgeblickt.«
    Blurdo lächelte verhalten.
    Wex war beinahe fertig und fügte nun die Details hinzu. Größere Felsen und einen kleinen Sumpf im Norden, alles, was einen taktischen Vor- oder Nachteil bedeuten könnte. Blurdo und der Rest des Rats ließen ihn gewähren, während Spragg die Landschaft in allen Einzelheiten schilderte, die Wex nie aufgefallen wären: ein harmloser dunkler Fleck, bei dem es sich in Wahrheit um den Bau eines großen Tieres handelte, oder ein schiefer Baum, der kurz davor war umzustürzen. Je mehr Spragg aufzählte, desto erstaunter war Wex. Spragg sah nicht nur weiter und schärfer als er, er erkannte das Verborgene als das, was es in Wirklichkeit war, und sah sogar Dinge, für die Wex vollkommen blind war.
    »Hier, zwischen den Schwertlilien«, sagte Spragg.
    Wex kniff die Augen zusammen. »Da ist nichts. Ich bin ganz sicher.«
    »Zwei Gestalten. Keine Düsterlinge und auch keine Zwerge. Der eine ist sogar ziemlich groß.«
    »Du nimmst mich auf den Arm.«
    Spragg lachte. »Du siehst alles nur in groben Rastern. Du unterscheidest nicht zwischen den Feinheiten, genauso wenig wie du zwischen den Feinheiten bei den Frauen unterscheidest.«
    »Wenn du, was Frauen angeht, klarer sehen solltest als ich, ist mir das bisher noch nicht aufgefallen.«
    »Müßige Worte, wackere Junker«, unterbrach Blurdo. »Wir müssen uns beraten. Ihr werdet jetzt zurück nach unten gebracht.«
    »Nach unten?«
    »Ihr könnt nicht hierbleiben, während wir unseren Rat abhalten. Cirilla wird euch begleiten.«
    Der Rückweg ging viel schneller vonstatten als das mühsame Hinaufklettern. Unterwegs sah Wex ein paar Zwergenfrauen in höhlenartigen Räumen rechts und links der Tunnel kauern. Sie waren scheu, und meist schauten sie weg, als hätte man ihnen beigebracht, Fremde zu fürchten und ihnen aus dem Weg zu gehen. Die Werkzeuge, die sie benutzen, waren kaum höher entwickelt als die der Flussmenschen. Gebogene Messer mit Zinken an der Spitze zum Aushöhlen von Früchten und Aufspießen von Fleischbrocken. Hölzerne Schalen. Möbel aus ungehobeltem Holz, die Verbindungsstellen von Seilen zusammengehalten. Ihre Stimmen waren kaum mehr als ein leises Murmeln. Es waren Stimmen der Angst. Sie wissen, dass dieses Mal etwas anders ist als sonst, wenn die Düsterlinge hier aufgetaucht sind , dachte Wex. Blurdo mochte es ihnen gesagt haben oder auch nicht, aber die Tatsache, dass er Fremde in den Turm gelassen und ihnen sogar Zugang zur Ratskammer gewährt hatte, machte ihnen Angst. Wie Blurdo bereits erklärt hatte, vertrauten sie den großen Leuten nicht, die sie erst vor einer Generation aus ihrer Heimat vertrieben hatten.
    Selbst die Kinder waren schüchtern gegenüber den Neuankömmlingen. Sie spürten die Furcht ihrer Eltern, sahen die Anspannung in den Gesichtern der Ratsmitglieder und hörten ihr Getuschel.
    »Blurdo vertraut dir«, sagte Wex zu Cirilla.
    »Seine Leute haben Angst. Ihr Großen seid ihr Erbfeind, die Düsterlinge stellen ihnen seit jeher nach, und jetzt haben sie es mit beiden gleichzeitig zu tun.«
    »Aber du bist eine von ihnen. Du kannst sie davon überzeugen, dass wir ihnen nichts Böses wollen.«
    »Das haben die anderen Großen aus Abrogan ihnen auch erzählt, bevor die Betrügerei und die Lügen losgingen. Es gab sogenannte Säuberungen. Und vergiss nicht, dass ich nicht wirklich eine von ihnen bin. Sie akzeptieren mich, aber wie weit, werden wir erst noch sehen.«
    Als sie die unteren Ebenen erreicht hatten, erwartete Brynn sie bereits an der Luke. Wieder schwor sich Wex, sie zu ignorieren, und wieder scheiterte er kläglich.
    »Sie sind weg!«, rief Brynn.
    »Die Düsterlinge?«, fragte Wex hoffnungsvoll.
    »Nein. Pinch und Mungo.«
    »Weg?«
    »Sie haben sich ohne ein Wort davongestohlen. Sind einfach geflohen.«
    Spragg schlug sich auf die Stirn.
    In diesem Moment begriff auch Wex, dass die beiden Gestalten, die der junge Adlige zwischen den Schwertlilien ausgemacht hatte, seine gesetzlosen Freunde gewesen waren. Sie waren Richtung Osten unterwegs, weg von den

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