Die Karte der Welt (German Edition)
Düsterlingen.
»Verflucht«, sagte Spragg. »Damit haben wir zwei unserer besten Kämpfer verloren!«
Wex fühlte sich, als hätte er einen Schlag in die Magengrube bekommen. Pinch hatte sich immer für ihn starkgemacht, ihm mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Auch wenn er seinen letzten Rat bezüglich Adara ausgeschlagen hatte. Der Dieb war für ihn zu einer Art missratenem älterem Bruder geworden, den er trotz seiner Fehler bewunderte. Der schweigsame Riese Mungo hatte Wex beschützt und ihm sogar das Leben gerettet, wie auch einigen der anderen. Es tat weh, dass sie sich einfach davongeschlichen hatten wie Feiglinge, ohne ein Wort des Abschieds oder der Erklärung. Er fühlte sich von ihnen mehr als nur im Stich gelassen, und Wex wusste, er musste dieses Gefühl abschütteln, wenn er vom naiven Bauernjungen, der erst vor wenigen Tagen den väterlichen Hof verlassen hatte, zu einem erwachsenen Mann werden wollte. Pinch hatte eine gute Nase für Gefahr. Er wusste besser als alle anderen, wann es Zeit war, das sinkende Schiff zu verlassen, und sein plötzliches Verschwinden ließ nur einen Schluss zu: Der redselige Bandit hielt das Schicksal der Gruppe für besiegelt.
»Ohne ihn sind wir besser dran«, erklärte Wex in dem Versuch, Brynn Mut zuzusprechen.
»Meinst du?«, fragte sie und sah aus, als versuche sie verzweifelt an das zu glauben, was Wex soeben behauptet hatte. Das völlig verstörte Mädchen aus dem Vulkankrater schlich sich wieder in ihre Haut.
»Das Letzte, was er getan hat, war, wüste Geschichten zu erzählen und einen Haufen Kinder dem sicheren Tod auszuliefern«, fuhr Wex fort. »Ein Glück, dass wir ihn los sind.« Aber Wex glaubte selbst nicht, was er da redete. Spragg hatte recht. Der Verlust der beiden gerissenen Gesetzlosen könnte ihnen das Genick brechen, wenn es zur Schlacht kam. »Gehen wir Fretter suchen. Er ist Soldat. Er wird wissen, was zu tun ist.«
37
»Was erwartest du, dass ich tun soll?«, bellte Fretter Spärling an, der ihm seit Stunden mit seinen Ängsten in den Ohren lag. Zwei Tage waren vergangen, seit sie die Düsterlinge das erste Mal gesichtet hatten, und die Anspannung des untätigen Wartens war den Soldaten deutlich anzusehen, vor allem dem roten Gesicht ihres Hauptmanns. »Mir wurde gesagt, sie wären dumme Tiere. Sie würden kommen und wieder gehen wie ein Rudel Wölfe.«
Alver warf die Hände in die Luft. »Worauf warten die bloß? Warum zeigen sie sich nicht?«
»Vielleicht, weil sie Angst vor uns haben?«, warf Curdwell ein und blies sich auf wie ein Truthahn.
»Sei nicht dumm«, sagte Fretter.
»Er kann nicht anders«, murmelte Cirilla.
Fretter ging auf und ab. »Blurdo hält uns hier unten wie Gefangene: kaum Verpflegung und noch weniger Informationen.«
»Wir können jederzeit gehen«, merkte Cirilla an. »Er schuldet uns nichts und füttert uns kostenlos durch.«
»Springst gern in die Bresche für die anderen zu kurz Geratenen, wie?«, knurrte Curdwell.
Arkh sagte kein Wort, solange die Zwerge in der Nähe waren. Allein saß er in einer kleinen Höhlung mit falschen Fesseln an Händen und Füßen, die Blurdo und seine Leute davon überzeugen sollten, dass er ein Gefangener war. Erst wenn das kleine Volk sich nach oben zum Schlafen zurückgezogen hatte, schloss er sich dem Rest der Gruppe an.
»Sagt uns, was Ihr wisst«, sagte der Halbmensch zu Fretter. »Weshalb zögern sie, da sie uns ohnehin schon belagern?«
Wex sah, wie Fretter bei dem Wort »belagern« zusammenzuckte. Der Hauptmann machte sich lieber vor, dass dies kein genau geplanter Angriff war, sondern etwas anderes, weniger gefährliches, wie Blurdo behauptete.
»Wenn dies hier eine Belagerung ist, wie ich sie als Offizier der Palastwache von Skye durchführen würde – und ich hoffe immer noch, dass es das nicht ist –, dann sind sie gerade dabei, uns auszuhungern. Sie wollen sehen, ob uns bald die Vorräte ausgehen und wir uns nach draußen wagen müssen, um sie wieder aufzustocken. Sie geben uns die vermeintliche Gelegenheit, jemanden übers offene Feld zum Fluss zu schicken, um Wasser zu holen. Wenn wir das tun, metzeln sie ihn nieder und warten, bis der Rest sich entweder ergibt oder verhungert und verdurstet. Da wir aber niemanden nach draußen schicken, werden sie folgern, dass wir genug Vorräte haben, und zur nächsten Phase übergehen. Wären es meine Soldaten da draußen, ich würde es mit einer Machtdemonstration versuchen, um dann aus einer Position der Stärke
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