Die Karte der Welt (German Edition)
Bedeutung sein sollte. Sein Blick wanderte zu Lothario und Fretter, aber die beiden schienen wenig interessiert an seinem Stammbaum. Sie waren genauso desinteressiert wie, Wex’ Meinung nach, auch Kraven hätte sein sollen.
»Halte dich absolut still«, befahl Kraven und begann, seine Finger zu bewegen, als würde er Wex’ Aura abtasten. Kravens Hände hoben und senkten sich, bewegten sich nach links und rechts, zuerst über den einen Arm, dann über den anderen, über die Beine und so weiter. Es war eine ziemlich lange Prozedur.
»Soll ich irgendwas tun?«, fragte Wex schließlich.
»Sei still! Wie oft soll ich dir es denn noch sagen?« Kraven vollführte ein paar weitere Gesten, und Wex wartete gespannt auf die Flammen, die jeden Moment aus den Fingern des Magiers schießen mussten. Verstohlen warf er einen kurzen Blick auf seine Gürtelschnalle, um zu sehen, ob sie sich vielleicht in Gold verwandelt hatte.
»Jetzt!«, rief Kraven endlich und ließ sich erschöpft zu Boden sinken.
»Was?«, fragte Wex.
»Spürst du es nicht?«
Wex konzentrierte sich, aber es hatte sich nichts verändert. Er blickte zu Lothario hinüber, doch der schien nicht gewillt, ihm einen Hinweis zu geben. »Mir ist ein bisschen kalt«, sagte er schließlich.
»Exakt!«
»Das ist es?«
»Ja. Dir ist kalt, nicht wahr?«
»Ein bisschen.«
»War dir schon kalt, als du dieses Zelt betreten hast?«
»Nein.«
»Da siehst du es.«
»Das war Eure Magie? Ihr könnt Leute frieren lassen?«
»Oder schwitzen«, fügte Kraven feierlich hinzu. »Und nicht nur Menschen. Auch ein jedes Tier. In Räumen mittlerer Größe wie diesem Zelt hier bin ich besonders gut.«
Wex blickte wieder Lothario an, um zu sehen, ob Kraven ihn zum Narren hielt, doch der zuckte nur die Achseln.
»Es stimmt. Mich hat er einmal aufgewärmt. Wie eine Wolldecke. Oder, Kraven?« Er zwinkerte dem erschöpften Magier zu.
»Oh ja.« Kraven lächelte. »An diesem Tag war meine Magie besonders stark.«
Fretter hatte einen Apfel entdeckt und biss geräuschvoll hinein. »Hier sind die Geräte unseres letzten Kartographen«, sagte er und hielt einen Lederbeutel hoch.
»Oh, ja … danke«, meinte Wex zu Kraven, weil er nicht wusste, was er sonst sagen sollte.
»Bitte. Nicht jeder Junge hat das Glück, das Überweltliche am eigenen Leib zu erfahren. Ein geneigtes Publikum würde fünf Kupfermünzen für so etwas bezahlen, ein jeder von ihnen.«
Fret winkte ungeduldig mit dem Beutel Richtung Ausgang, und Wex schlüpfte hinaus, gefolgt von Lothario.
»Ich möchte nicht unverschämt erscheinen«, sagte Wex, sobald sie außer Hörweite waren, »aber ist das alles, was er kann?«
»Ja«, antwortete Fretter. »Und vor seinem eigenen Schatten erschrecken.«
»Aber er arbeitet daran, Feuer und Eis zu erschaffen«, erklärte Lothario. »Und ich muss zugeben, mir wurde spürbar warm an jenem Tag.«
Fretter breitete auf einem Tuch den Inhalt des Lederbeutels aus. Es befanden sich Pinsel in drei verschiedenen Größen darunter, aus Eichhörnchenhaar, dem Aussehen nach. Ein vierter war offensichtlich aus Schweineborste, hart und elastisch. Die von Natur aus aufgespleißten Enden der Borsten nahmen die Tinte besonders gut auf. Kleine Tonkrüge mit exakt eingepassten Deckeln enthielten die Farben. Eine rechteckige Messingplatte mit am Rand eingravierten Zahlen nannte Fretter »Transversalmaßstab«. Ein weiteres seltsam anmutendes kreisförmiges Objekt hörte auf den Namen »Astrolabium«.
»Wie funktionieren die?«, fragte Wex.
Lothario seufzte. »Wenn unser Kartograph nicht krank geworden wäre, könnten wir es dir erklären.«
»Probier damit herum und sieh zu, was du davon gebrauchen kannst«, wies Fretter ihn an. »Später hole ich die Gegenstände wieder, um sie sicher zu verwahren.« Mit diesen Worten schritt er davon, um nachzusehen, ob die Männer die Kochutensilien auch sauberhielten, während Lothario mit einem der Soldaten scherzte.
Wex inspizierte die Pinsel und Gerätschaften mit großen Augen, konnte jedoch keinen einzigen Zeichenkiel entdecken und war froh, dass er welche mitgenommen hatte. Plötzlich ertönte ein Ruf.
»Reiter!«
Der Warnruf kam aus der Richtung, in der die Straße lag. Wex erinnerte sich an das, was Lothario über die aufgestellten Wachposten gesagt hatte, und hoffte, sie würden auf niemanden schießen, ohne ihn vorher anzurufen.
Überall im Lager griffen die Männer nach ihren Waffen. Sie wirkten nicht übermäßig aufgeregt, denn
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