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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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es, mich des Diebstahls zu bezichtigen?«
    »Nein. Ich hätte das Pferd als Teil dieser seltsamen Mitgift betrachtet, oder wie immer man das nennen will. Aber jetzt, da du das Wort ›stehlen‹ erwähnst, bin ich mir da nicht mehr so sicher …«
    »Deine Zweifel gehen mir auf die Nerven.«
    »Was willst du überhaupt hier?«
    »Zum Palast reiten.«
    »Aber wir kartographieren die Grenze des Schleiers. Des Ortes, an dem Leute manchmal einfach verschwinden, wo die Dunkelheit selbst vom Himmel herabkommt und den sogar furchtlose Männer meiden.«
    »Und nach all diesem Unsinn reiten wir zum Palast.«
    »Das ist kein Unsinn«, murmelte Wex in Verteidigung seiner eigenen Aufgabe bei der Expedition. »Den Rand des Schleiers zu kartographieren ist ernsthafte und gefährliche Arbeit.«
    »Und während dieser Zeit werden mich eine ganze Kompanie Soldaten und ein besonders tüchtiger Hauptmann beschützen.« Sie warf das Haar zurück und schaute über Wex’ Schulter hinweg ins Leere, als wäre er gar nicht da, genau wie sie es im Haus seines Vaters getan hatte. »Ich weiß nicht, warum ich überhaupt noch mit dir spreche.«
    »Vielleicht, weil ich weiß, dass du nicht fließend die Sprache der fahrenden Händler beherrschst«, erwiderte Wex. Er wusste nur zu gut, dass ihr Vater das Handeln mit den Kaufleuten übernahm, und nicht Brynn. Vielleicht hatte sie ein paar Brocken dieser alten, eigentümlichen und schwierigen Sprache aufgeschnappt, aber auch nicht mehr. Dessen war Wex absolut sicher.
    Brynns Augen verengten sich, und sie musste erst einmal tief durchatmen, bevor sie etwas erwidern konnte, doch da kamen Lothario und Fretter bereits wieder zurück.
    »Ihr werdet mit uns kommen, junge Dame«, erklärte Lothario zwinkernd, und Brynn errötete.
    Wex sah den Blick, den die beiden austauschten, und spürte einen Stich im Herzen.
    »Aber wir werden Euch nicht verhätscheln wie eine Adlige«, fügte Fretter eilig hinzu. »Ihr werdet ein hart arbeitendes Mitglied dieser Expedition sein, bis wir zum Palast zurückkehren.«
    »Wunderbar«, flötete Brynn mit einem Lächeln und nahm ihr Bündel vom Sattel. »Welches Zelt ist meins?«
    Wex drehte sich um. Es gab nur zwei Zelte. Sie waren aus dickem, schwerem Segeltuch, und es war Frühling, weshalb die Kompanie mit leichtem Gepäck reiste. Sie hatten keine Lastkarren dabei, denn sie waren auf dem Weg ins Vorgebirge, wo unwegsames Gelände auf sie wartete.
    Lothario trat einen kleinen Stein zur Seite. »Ich denke, Ihr könnt …«
    »Nein«, fiel Fretter ihm ins Wort. »Es ist mild. Es besteht kein Grund, noch mehr Leute in die Zelte zu pferchen.«
    »Und wo soll ich dann schlafen?«
    »Draußen«, erklärte Fretter. »Auf dem Boden.«
    »Zwischen Soldaten und wilden Tieren?«
    Wex’ Miene hellte sich auf. »Keine Sorge. Du kannst neben mir schlafen. Ich werde ein Auge auf die Wölfe haben. Ich bin es seit Jahren gewohnt, die Schweine vor ihnen zu beschützen.«
    Brynn funkelte ihn wütend an und stapfte davon.
    Lothario lachte, und selbst Fretter konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Nur Wex verstand nicht, was so lustig an dem war, was er eben gesagt hatte.

6
    Das Abendessen bestand aus Kartoffeleintopf mit getrocknetem Fleisch, das zuvor in Brühe eingelegt worden war, um es so weich zu machen wie möglich, was jedoch nicht viel gebracht hatte. Wex aß allein auf dem Boden. Er hatte feststellen müssen, dass seine Aufgabe als Kartenzeichner die Soldaten nicht sonderlich beeindruckte, die ihn nach wie vor hauptsächlich »Bauer« oder »Junge« nannten. Insbesondere Poppy, der Koch, sah in ihm eine Küchenhilfe, und weder Fretter noch Lothario unternahmen irgendetwas, um ihn davon abzubringen. Fretter war gerade damit beschäftigt, zum dritten Mal seit Wex’ Ankunft die Ausrüstung der Kompanie zu inspizieren, und Lothario war in ein Gespräch mit Brynn vertieft, die auf seinen Satteltaschen thronte, damit ihr gesundes Hinterteil nicht schmutzig wurde. Missmutig schluckte Wex den letzten Bissen zähen Fleisches hinunter.
    »Junge!«, rief Poppy hinter seinem Kupferkessel hervor, kaum dass Wex zu Ende gegessen hatte.
    Wex rappelte sich hoch und trottete zur Feuerstelle.
    Der behäbige Koch reichte ihm einen dampfenden Holzeimer.
    »Bring den Fraß hier zu den an’ern.«
    »Den anderen?«
    Poppy verdrehte die Augen in Richtung der Bäume. »Den Komischen und Kriminellen.« Er sprach mit starkem Barth-Akzent, was auch seine Funktion auf dieser Expedition

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