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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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vom Tisch. Eile war das Gebot der Stunde.
    »Wir brauchen uns nicht mehr durchs Unterholz zu schleichen«, sagte er zu Eber und Schlitzer. »Ab hier nehmen wir die Straße.«

67
    Wex erreichte Zornfleck, als die Soldaten von der Garnison in Furtheim gerade die Erste Straße entlangmarschierten. Hundert Mann in Waffen und Rüstung, dreißig davon auf Pferden mit ledernen Harnischen, zwanzig mit Bogen und feinsten Pfeilen. Schnaubend stampften die Rösser die Straße entlang und schüttelten nervös die mächtigen Häupter. Es waren Pferde aus Krysts Förstereien, gewohnt, Soldaten und Waldarbeiter mit Gerät zu tragen. Viele von ihnen hatten Abrogan mehr als einmal der Länge und Breite nach durchquert, waren sozusagen selbst erfahrene Abenteurer und nicht zu vergleichen mit den gemächlichen Ackergäulen, wie Wex sie kannte. Die Soldaten selbst waren gestandene Männer, entweder von der Garnison entsandt oder aus den umliegenden Förstereien einberufen, die Muskeln frisch gestählt vom Bäumefällen. Mit erstaunlicher Leichtigkeit vollzogen sie die Wandlung von Holzfällern zu bärtigen Hellebardieren in leichten Kettenhemden, ledergeharnischten Bogenschützen und berittenen Schwertkämpfern. Sie waren stark und unerschrocken.
    Wex bestaunte die Prozession, die da an ihm vorüberzog, ohne ihm die geringste Beachtung zu schenken. Das hier waren keine kleinwüchsigen Hinterwäldler mit veralteten Waffen. Die Streitmacht, die da vor ihm aufmarschierte, würde genügen, um hundert Düsterlinge in die Flucht zu schlagen, wegen ihrer überlegenen Ausrüstung und Ausbildung vielleicht auch zweihundert. Zum ersten Mal seit einer Woche fühlte Wex sich sicher.
    Aufgeregt wie ein kleiner Junge lief er nebenher, ein strahlendes Grinsen auf dem Gesicht. Aller Ärger mit Brynn war für den Moment vergessen. Die Truppen würden nördlich des Dorfes in Stellung gehen, wo die Erste Straße sich in den Ausläufern der Zornberge verlief, und alles, was von dort herunterkam, um nach einem Kartenzeichner zu suchen, musste zuerst an ihnen vorbei.
    In der Nähe des Stadtplatzes machte die Kompanie halt. Ein groß gewachsener Mann mit imposantem Helm erregte ganz besonders Wex’ Aufmerksamkeit. Er stieg von seinem Schlachtross und sprach mit Fretter.
    Wex blieb lieber auf Abstand, obwohl er zu gern gehört hätte, was die beiden redeten. Das Kontingent war angefordert worden, um die nördlichen Grenzen gegen einmarschierende Truppen zu verteidigen, aber Wex konnte sich nicht vorstellen, wie Fretter dem anderen Offizier die Einzelheiten nahebringen wollte. Dass ein Haufen gehörnter Ungeheuer aus dem Schleier hinter einer verzauberten Karte her war, konnte er ihm schlecht sagen.
    Die Bürger von Zornfleck säumten die Straße und beobachteten ebenfalls den Aufmarsch. Es gab aufgeregte Diskussionen, ob sie nach Süden fliehen oder auf den Schutz der Soldaten vertrauen sollten. Sie wussten nichts Genaues über die drohende Gefahr. Es gab nur Gerüchte, Wirtshausgeschichten, die wenig glaubhaft klangen, Geschichten von Monstern und derlei Unsinn, der einfach unwahr sein musste . Außerdem wollte niemand Hof und Habe im Stich lassen. War diese Schutzmacht nicht auch einer der Gründe, weshalb sie Steuern an Fürst Kryst entrichteten? Immerhin gehörte das bewaffnete Kontingent zum Beeindruckendsten, was die meisten von ihnen je gesehen hatten. Sie beschlossen zu bleiben.
    Wex fragte sich, wo Lothario steckte. Wo Pinch, Mungo und Arkh waren, wusste er: jenseits der Stadtgrenzen. Er beschloss, den Truppen vorauszueilen, und lief die Erste Straße entlang Richtung Norden. Auch Adara und Bello, die lieber draußen im Wald als in einem geschlossenen Gebäude schliefen, würde er dort finden.
    Der Himmel war verhangen, aber die dünnen Wolken standen so hoch über dem Horizont, dass Wex die beiden Gipfel sehen konnte, die er gezeichnet hatte, um den Zugang zu den verschleierten Landen zu ermöglichen. Hoch ragten die verschneiten Spitzen auf, umso heller jetzt, da sie nicht mehr unter dem dunklen Schatten lagen, der ihre Brüder und Schwestern weiter im Norden verhüllte wie eine schwarze Kutte. Die Landschaft war immer noch unvollständig, fand Wex, wie ein unfertiges Bild, und er wünschte, er könnte die ganze Gebirgskette sehen. Aber Fretter würde ihn nie wieder in die Nähe der Karte lassen, wie der dienstbeflissene Hauptmann mehrmals betont hatte. Und Fretter war nicht nur ein Mann, der zu seinem Wort stand, sondern auch einer, auf dessen

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