Die Karte der Welt (German Edition)
Bürger und immer noch Fürst Kryst verpflichtet. Fretter wird berichten, dass wir unseren Vertrag erfüllt haben, und der Fürst wird nach seinem Ermessen das Strafmaß mildern.«
»Mindestens um die Hälfte«, warf Pinch ein. »Aber dazu wird es noch ein bisschen Verhandlungsgeschick brauchen.«
»Wo ist Adara?«, fragte Wex.
Pinch lächelte. »Ich hab mich schon gewundert, wann du endlich fragst. Sie ist mit Bello hinüber zum Bach. Was Besseres konnten wir nicht finden, keinen Fluss auf jeden Fall. Sie werden sich höchstens ein bisschen die Füße nass machen können. Dann wollen sie den Soldaten in Richtung Schleier folgen, um zu sehen, ob es für sie irgendeinen Weg zurück nach Hause gibt.«
Wex verzog unglücklich das Gesicht. »Ich gehe besser mit«, verkündete er ohne nähere Erklärung.
»Wir nicht«, erwiderte Pinch. »Wir müssen mit dem Hauptmann nach Skye. Er wird die Truppen bis hierher begleiten, dann gehen wir mit ihm nach Süden.«
Jenseits der Bäume schallte von der Straße Lärm zu ihnen herüber. Die Garnisonstruppen waren im Anmarsch. Für Wex’ Ohren klang es wie hunderte von Trommeln, die im Gleichtakt geschlagen wurden. Straff organisiert, alles aufeinander abgestimmt, ganz nach Fretters Geschmack. Der Lärm wurde immer lauter, dann verstummte er abrupt.
»Ich glaube, unsere Eskorte ist da«, witzelte Pinch.
Sie sammelten ihre Habseligkeiten zusammen und machten sich auf den Weg zur Straße. Unterwegs erzählten sie sich von ihren Abenteuern jenseits des Schleiers, und Pinch fügte bereits das ein oder andere frei erfundene Detail hinzu. Wex war begierig darauf, das prächtige Heer wiederzusehen, und trat als Erster hinter den Bäumen hervor, den anderen ein paar Schritte voraus.
Hinter ihm blieben Pinch, Mungo und Arkh wie angewurzelt stehen. Dann sprang Mungo vor, packte Wex am Kragen und schleifte ihn zurück zwischen die Bäume.
Wex lag neben dem Riesen am Boden und wagte kaum zu atmen, während sie zwischen den Halmen eines Rauchgrasbuschs hindurchspähten.
Die Straße unter ihnen war gesäumt von Soldaten. Es waren hunderte. In akkuraten Sechserreihen standen sie hintereinander, Reihe um Reihe um Reihe. Aber es waren nicht die Soldaten, die Wex in Zornfleck gesehen hatte. Sie marschierten auch nicht nach Norden. Sie waren nach Süden unterwegs, und es waren Düsterlinge.
68
Kriechend kehrten Wex und Mungo zu den anderen zurück, die mit gezogenen Waffen zwischen den Bäumen auf sie warteten.
»Sie sind hier«, flüsterte Wex.
»Und es sind viel mehr als beim letzten Mal«, raunte Pinch.
Sie zogen sich noch ein Stück tiefer in den Wald zurück und wandten sich zurück nach Süden, weg von der Düsterlingarmee. Sie eilten dahin, so leise es ging, und sprangen über trockenes Gehölz und heruntergefallenes Laub, um ja keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
»Wir müssen zurück und das Garnisonsheer warnen«, erklärte Wex. »Das sind ausgebildete Soldaten, und sie sind gut ausgerüstet. Sie werden die Düsterlinge besiegen. Sie dürfen nur in keinen Hinterhalt …«
Vor ihnen bewegten sich zwei Baumstämme. Wex begriff zunächst nicht, wie das möglich sein sollte, aber er hatte sich nicht getäuscht. Auch die anderen hatten es gesehen. Schlitternd kamen die vier zum Stehen und legten den Kopf in den Nacken. Die Stämme führten hinauf zu einem knorrigen Rumpf, und jetzt sahen sie auch die Füße am unteren Ende.
Aus über drei Metern Höhe blickte ein dümmliches Gesicht auf sie herunter. Die Hörner auf der Stirn ließen keinen Zweifel, dass es sich um einen Düsterling handelte, auch wenn sein Körper irgendwie missgestaltet war und der Blick schieläugig und leer.
Ein Riesendüsterling , dachte Wex, ein Monster unter Monstern.
Ausdruckslos starrte er auf sie herunter, erstaunt über ihr plötzliches Auftauchen, und vor allem Arkh schien sein Interesse zu wecken.
Pinch zögerte keinen Moment und stürzte vor. Er riss sein Schwert so schnell aus der Scheide, dass Wex es kaum sah.
Der Riesendüsterling trug eine ebenso riesige Keule bei sich, die kaum mehr war als ein zwei Meter langer, von allen Zweigen und Blättern befreiter Ast. Er reagierte mit erstaunlicher Schnelligkeit auf Pinchs Angriff und ließ die Keule herabsausen. Einzig und allein dem Widerstand des Geästs um den Riesen herum, das den Schlag ein wenig abbremste, war es zu verdanken, dass er Pinch nicht den Kopf von den Schultern schlug.
Pinch sprang zur Seite, und der Angriff verfehlte sein
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