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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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Schuss. Schwankend lief sie umher, blind vom Blut, das ihr in die Augen lief, während ihre Sinne zusehends schwanden, bis sie schließlich zusammenbrach.
    »Ha! Du blödes Einhorn«, rief Pinch nach unten. »Vor dir würde sich ja nicht mal ein kleines Kind erschrecken, du fette, besoffene Kuh!«
    Weitere ihrer Artgenossen kehrten zurück, beschnupperten die Bäume und boten somit ein leichtes Ziel. Winster war Bogenschütze der Palastwache und durchlöcherte die Untiere eins nach dem anderen, bis sie japsend wie ein an Land gespülter Fischschwarm dalagen und ihr Leben aushauchten. Der Leitbulle hielt sich eine Weile auf sicherer Distanz, vorsichtig, verwirrt und dann wütend, als er schließlich doch angriff. Der wuchtige Aufprall erschütterte den Baum, sodass Wex und die anderen sich mit aller Kraft festhalten mussten, um nicht herunterzufallen. Aber der Stamm hielt stand, der Bulle ging in die Knie, und Winster jagte einen Pfeil in das immer noch von Wex’ Steinwurf gerötete Auge. Dann sprangen alle von den Bäumen und versetzten den Tieren, die lediglich verwundet waren, mit ihren Schwertern den Todesstoß.
    Am Ende begutachteten sie das Blutbad. Sieben der fleischfressenden Rinder lagen tot am Boden, darunter auch der Leitbulle. Der Rest war geflohen und kam auch nicht mehr zurück.
    »Wie viel Fleisch, glaubst du, müssen diese Viecher am Tag essen?«, überlegte Wex mit der Neugierde eines Bauernjungen, während er zwischen den abkühlenden Kadavern umherlief.
    »Ein fetter Koch müsste eigentlich reichen«, erwiderte Pinch.
    »Hüte dich, unseren toten Freund zu verspotten!«, knurrte Curdwell und packte Pinch am Kragen.
    Der wirbelte herum und schlug die Hand des Soldaten weg.
    Fretter sprang dazwischen. »Deine Bemerkung ist in der Tat äußerst geschmacklos, selbst für einen Dieb«, sagte er zu Pinch. »Trotzdem schulden wir dir Dank, weil du den Bogen geholt hast.«
    »Hebt Euch Euren Dank auf, bis Ihr vor Kryst tretet und ihm Bericht erstattet, ja?«
    Fretter nickte. »Das werde ich.«
    Winster zog inzwischen die kostbaren Pfeile aus den toten Rindern, jedes Mal verstimmt, wenn er einen zerbrochen fand. Ganze zehn waren unbrauchbar geworden.
    »Sie zeigten keine Angst vor unserem Bogenschützen«, merkte Arkh an.
    »Das stimmt«, pflichtete Fretter ihm bei. »Sie kamen zurück und liefen ungerührt in seine Reichweite.«
    »Selbst als die ersten zu Boden gingen, glotzten sie nur verwundert.«
    »Wexford, du bist ein Bauernsohn. Was hältst du davon?«, fragte Fretter.
    »Ein seltsames Verhalten für Rinder«, antwortete Wex. »Selbst wilde Tiere werden vorsichtig, sobald einer ihrer Artgenossen einmal etwas abbekommen hat. Die Eichhörnchen auf dem Hügel oberhalb unseres Hofs verschwinden schon, wenn ich mich nur nach einem Stein bücke.«
    »Dann bleibt es also ein Geheimnis«, unterbrach der ältere Winster. »Aber sollten wir nicht besser zusehen, dass wir hier verschwinden? Was, wenn die anderen zurückkehren? Oder noch mehr kommen, mehr als wir Pfeile haben?«
    Er hatte zweifellos recht. Lediglich Cirillas Dolch wurde noch aus dem Schädel der toten Kuh gezogen, und sie schnitten ein paar Streifen Fleisch als Reiseproviant aus dem Kadaver. Dann eilten sie durch die Bäume, weg von der Lichtung.
    »Du warst ganz schön mutig«, flüsterte Brynn in Wex’ Ohr, während sie zurück zu dem Pfad unterwegs waren, den das Flussvolk ihnen gewiesen hatte.
    Wex lächelte. Er hatte schon geglaubt, niemandem wäre die Rolle aufgefallen, die er in der siegreichen Schlacht gespielt hatte. Kühe umzuwerfen schien unspektakulär im Vergleich zu Pinchs dramatischem Spurt, Cirillas todesmutigem Sprung und den beeindruckenden Bogenkünsten des jungen Winster. Aber Brynn war es aufgefallen. Mehr noch, sie fand mutig , was er getan hatte. Unwillkürlich fragte sich Wex, ob Adara an ihrer Stelle wohl genauso denken würde.



23
    Die Moral der Truppe wurde besser, je näher sie dem Pass kamen, der sie zurück zum Palast bringen würde. Fretter ging zwischen den Winsters, die mit stolzgeschwellter Brust die Karte ausgerollt vor ihm hertrugen, als wären sie Herolde und die Karte die Standarte von Skye. Wex raunte Kraven zu, dass die Karte die beiden herzlich wenig anging und sie gefälligst vorsichtig damit umgehen sollten.
    Fretter beriet sich regelmäßig mit Kraven, mit Wex gelegentlich. »Keine Überraschungen, Wexford?«, fragte er, als sie das offene Grasland verließen und das Gelände hügeliger

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