Die Kastratin
»Tragt Ihr eine Waffe?« Er trat auf sie zu und machte Miene, sie gründlich zu durchsuchen. Giulia zuckte zurück und griff unwillkürlich nach der Türklinke, um sich dem Zugriff zu entziehen. Da hob Herzog Christoph die Hand. »Lasst es gut sein, Fuhrenberg. Casamonte ist gewiss nicht der Mann, der mich ins Paradies schicken soll, oder in die Hölle, wie es die Päpstlichen hoffen.«
»Man kann nicht vorsichtig genug sein.« Fuhrenberg stellte sich wieder breitbeinig neben dem Herzog auf, so dass er jederzeit sein Schwert ziehen und ihn verteidigen konnte.
Um die Lippen des Herzogs zuckte ein leichtes Lächeln. »Du tust ja direkt so, als hätte der junge Mann hier mich nur gewarnt, um mein Vertrauen zu erringen und mich dadurch leichter töten zu können. Und das ausgerechnet hier in einem Haus, in dem er keine Möglichkeit hätte, zu entkommen.«
»Fanatiker achten selten auf ihre eigene Sicherheit«, wandte Fuhrenberg ein, ohne die Hand vom Schwertknauf zu nehmen.
Der Herzog schmunzelte. »Casamonte ist sicher ein Fanatiker, aber ein Fanatiker der Musik und nicht des Glaubens.«
Giulia fand es an der Zeit, die unfruchtbare Diskussion zwischen dem Herzog und seinem Leibwächter zu beenden. Sie trat vor, verbeugte sich tief vor dem Württemberger und lächelte ihn an. »Ich bin sehr froh, Euch unversehrt wiederzusehen. Es ist also Gott sei Dank nichts geschehen.«
»Eure Botschaft erreichte mich wohl noch früh genug, denn es kam zu keinem Zwischenfall. Die Warnung hat meinen wackeren Fuhrenberg und einige andere Leute dazu gebracht, mich nicht mehr aus den Augen zu lassen. Manchmal war das ganz schön lästig, das könnt Ihr mir glauben. Aber sie war sicher nicht aus der Luft gegriffen, denn mehrmals sind Leute aus dem bairischen Heerlager verdächtig nahe um mein Zelt herumgeschlichen.«
Fuhrenberg nickte grimmig. »Wir gaben ihnen jedoch keine Möglichkeit, sich dem Herzog zu nähern.«
»Vielleicht hätten wir ihnen die Möglichkeit dazu bieten sollen, um sie dadurch ausschalten können. Jetzt müssen wir weiterhin auf der Hut sein.« Christoph von Württemberg ließ keinen Zweifel daran, dass ihm die übertriebene Vorsicht seiner Leibwache eher lästig war. Er winkte Fuhrenberg, der antworten wollte, zu schweigen, und wandte sich an Giulia. »Ich danke Euch für die Warnung, Casamonte. Dieser Schritt ist Euch gewiss nicht leicht gefallen, denn Ihr habt damit den Plänen Seiner Heiligkeit zuwidergehandelt.«
»Ich glaube nicht, dass Seine Heiligkeit Mord und Verbrechen gutheißen würde.« Giulia klammerte sich trotz einiger Zweifel an ihren Glauben, dass Pius IV . nichts von diesem Komplott wusste und es allein auf Piccolominis Bestreben hin zustande gekommen war. »Wie dem auch sei. Ihr habt damit dem Frieden im Reich einen großen Dienst erwiesen.« Der Herzog klopfte Giulia anerkennend auf die Schulter und ignorierte das scharfe Ausatmen Fuhrenbergs, dem diese sorglose Handlung wenig gefiel. »Ich will meinen Wert nicht zu hoch ansetzen. Mein Tod hier in Wien hätte jedoch Wellen im ganzen Reich geschlagen und das Verhältnis zwischen Protestanten und Katholiken von neuem erschüttert. Es gab schon einmal einen Krieg um der Religion willen. Kaiser Karl V. führte ihn gegen die Fürsten des Schmalkaldischen Bundes. Obwohl er siegreich blieb, konnte er den Protestanten seinen Glauben nicht mehr aufzwingen. Jeder weitere Versuch einer gewaltsamen Rückbekehrung würde in einer Katastrophe für das Reich enden. Wir müssen uns zusammenraufen, wie man bei uns in Deutschland sagt, auch mit einem Albrecht von Baiern, der die katholische Konfession bereits mit der Muttermilch aufgesogen und die Protestanten gnadenlos verfolgt und aus seinen Ländern vertrieben hat.«
Fuhrenberg lachte hart auf. »Seinen katholischen Untertanen hat das wenig gebracht, denn ihre Abgaben wurden um ein Mehrfaches erhöht, um die Steuereinnahmen des Herzogs auf dem früheren Stand zu halten. Ich sage Euch, mit Baiern wird es bald schon bergab gehen.«
»Das ist doch nur gut für uns. Solange Albrecht gegen seine eigenen Untertanen wütet, schwindet sein Einfluss im Reich, und der Kaiser ist dieses Ärgernis los.« Christoph von Württemberg atmete tief ein und bat Giulia, ihm genau zu berichten, was sie von dem geplanten Mordanschlag wusste. Sie konnte ihm jedoch nur die Worte wiederholen, die sie belauscht hatte. Dabei hatte sie das Gefühl, als würde es im Raum immer dunkler.
Fuhrenberg bemerkte es auch, denn er sah
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