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Die Katakomben von Acron

Die Katakomben von Acron

Titel: Die Katakomben von Acron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Hintergrund Fackeln brannten. Nur reichte ihr Schein nicht weit, sondern brach sich in unzähligen Nischen. Ein eigenartiger Geruch lag in der Luft.
    Mythor stockte der Atem, als er sah, was die aufgeschichteten Steinmauern verbargen. Jede der Nischen war ein Grab.
    Bleiche, halb vermoderte Knochen leuchteten ihm entgegen. Die zerfallenen Überreste von Kleidern zeigten, daß hier Frauen bestattet worden waren.
    Die Höhle war trocken wie eine Gruft. Mythor hastete an den Toten vorbei, von denen fast alle in sitzender Stellung auf das Ende der Zeit warteten. Nirgends fanden sich Beigaben wie Schmuck oder Gegenstände, mit denen sie zu Lebzeiten besonders verbunden gewesen waren. Das konnte nur bedeuten, daß keine von ihnen Rang und Namen besessen hatte.
    Das Grab, vor dem Fackeln brannten, war frisch, kaum älter als zwei oder drei Tage. Mythor atmete den schweren, süßen Duft von Räucherstäbchen. Ohne es eigentlich zu wollen, blieb er stehen. Ein leises Flüstern zwang ihn dazu.
    Er lauschte dem verhallenden Klang, der sanft war wie die laue Brise eines Frühlingswinds. Täuschte er sich, oder hatte die Tote sich bewegt?
    Der Gorganer sah genauer hin. Alles schien unverändert. Und doch – die Lider der Frau, eben noch geschlossen, waren nun halb geöffnet.
    Mythor fühlte, daß sie ihn ansah.
    Lange mußten wir warten…
    Die Worte waren leise und kaum verständlich. Haß schwang in ihnen mit.
    »Wer seid ihr?«
    Das fragst du – eine Traumtänzerin …
    In der Decke begann es zu knistern. Feiner Staub rieselte herab.
    Niemand erinnert sich an uns – wir wurden vergessen. Aber wir selbst können nicht vergessen.
    Ein deutlich vernehmbares Rascheln ließ Mythor herumfahren.
    Sieh hin! spottete die Stimme. Sieh genau hin. Diese Nische wird dein Grab werden. Wir wollen eine von euch.
    Faustgroße Steine polterten auf den Boden. Geistesgegenwärig sprang Mythor zur Seite. Wo er eben gestanden hatte, häufte sich das Geröll.
    Verflucht sollt ihr sein, die ihr dem Orakel dient, und deren Namen man auch nach Generationen noch kennt.
    Dem Sohn des Kometen schien, als streife ihn ein eisiger Hauch. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er bekam keine Luft mehr.
    Werde eine von uns – eine Vergessene, die es nicht wert ist, im Totenorakel aufzugehen.
    Mythor fühlte die beginnende Schwäche. Er taumelte, während unsichtbare Hände ihn umfingen und zurückzerrten. Mit letzter Kraft Zog er Alton. Das Gläserne Sehwert ließ ein durchdringendes Klagen hören.
    Er stürzte, riß abwehrend die Klinge hoch. Grell flammte es an der nadelscharfen Spitze auf.
    Du bist keine Traumtänzerin …? erscholl es von allen Seiten. Fast gleichzeitig durchlief eine heftige Erschütterung die Höhle. Felsen und Erdreich ächzten; ein sich schnell ausweitender Hiß entstand, der alles zum Einsturz bringen konnte.
    Nach Atem ringend, raffte Mythor sich auf und hastete davon. Hinter ihm erbebte die Gruft. Die Decke krachte herab.
    Aber urplötzlich verstummte das Poltern. Der Gorganer blieb stehen und wandte sich um. Nur ein eng begrenzter Bereich war verschüttet worden. Dort, wo das frische Grab lag.
    Mythor ging weiter. Nach wenigen Schritten stand er vor einer Wand, an welcher der Gang nach rechts und links abzweigte. Er konnte sich für keinen der beiden Wege entscheiden, denn er war sicher, daß ihr Verlauf vor kurzem anders gewesen war.
    Als er sich umwandte, erging es ihm ähnlich. Die Höhle mit den namenlosen Gräbern war verschwunden.
    Mythor hastete nach rechts.
    Dort kam er ebenfalls nicht weiter.
    Also zurück.
    Aber wohin?
    Zwei Abzweigungen, denen er folgte, und wieder versperrte gewachsener Fels seinen weiteren Weg.
    Er saß fest.
    »Ich träume«, murmelte Mythor. Dieses Wort besaß mittlerweile einen bitteren Beigeschmack.
    Was war noch Wirklichkeit? Alton konnte ihm die Richtung nicht weisen, in die er zu gehen hatte.
    Der Sohn des Kometen ließ sich zu Boden sinken und wartete darauf, daß etwas geschah.
*
    Mehrmals entging Burra einer Entdeckung nur knapp. Daß sie häufiger auf Traumtänzerinnen stieß, je weiter sie kam, bewies ihr, daß sie den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Es gab nur einen Ort in diesem Labyrinth, wo Gaidel sich aufhalten konnte; in der Katakombe des Totenorakels. Die Amazone hatte zwar schon des öfteren davon gehört, war aber selbst nie dort gewesen. In den Grundzügen kannte sie den Aufbau der Irrwege und wußte, daß es Fallen für ungebetene und insbesondere Männer gab. Entsprechend

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