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Die Katastrophe

Die Katastrophe

Titel: Die Katastrophe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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sich um ihn. Paul legte seinen Finger auf die Karte. »Irgendwo hier muss der Weg zum Ghost abzweigen. Er blickte hinüber in Richtung der Berge. »Wenn wir am Seeufer weitergehen, entfernen wir uns wieder von dem Bergmassiv.«
    Chris schüttelte den Kopf. »Aber auf der Karte ist nirgends ein Sumpf eingezeichnet.«
    »Vielleicht hätten wir schon früher abbiegen müssen. Was, wenn wir eine Weggabelung übersehen haben«, meinte David.
    »Die ganze Zeit haben sich das Ufer und der Wald kaum verändert. Hier gibt es verdammt wenig Anhaltspunkte.«
    »Weggabelung?«, erwiderte Chris. »Wenn gar kein Weg vorhanden ist?«
    »He, Leute!« Benjamin tauchte von links aus dem Schilf auf, das den See säumte, und winkte ihnen aufgeregt zu. »Das müsst ihr euch unbedingt ansehen! Das ist wirklich abartig!«
    Julia war die Erste, die reagierte. Katie folgte ihr durch das meterhohe Schilfgras, dessen scharfkantige Blätter ihr beim Durchgehen ins Gesicht peitschten. Ihre Schuhe versanken immer wieder in dem feuchten Untergrund und der Geruch wurde zunehmend schlimmer. Und als sie endlich Minuten später das Seeufer erreicht hatte, registrierte sie auf Julias Gesicht einen verstörten Ausdruck.
    »Was ist los?«, fragte Katie.
    Julia deutete hinter sich.
    Katie kam näher und dann sah sie, was Julia meinte. Ein toter Fisch trieb, den Bauch nach oben, auf der grauen Wasseroberfläche. Und je länger sie ihn anstarrte, desto mulmiger wurde ihr zumute. Das war nicht nur ein Fisch! Nein, Hunderte tote Fische hatten sich in den hohen braunen Gräsern verfangen. Als ob die Pflanzen nach den Fischkörpern griffen, sich in den silbrigen Schuppen festkrallten und sie aus der sicheren Tiefe des Lake Mirror an die Oberfläche zogen, wo sie jämmerlich verendeten.
    Katie wurde übel und eine seltsame Angst überfiel sie. Herrgott, dachte sie, es sind nur tote Fische. Doch im nächsten Moment begriff sie schlagartig, was der Geruch zu bedeuten hatte. Unzählige Schichten von toten Fischen.
    Verwesung und Tod.
    Die Fischkörper, die hier vor sich hin moderten – das war alles andere als normal. Irgendetwas hatte sie aufgehalten, in den See zu gelangen.
    Und noch etwas – es fehlte das gierige Summen von Insekten. Es fehlten die Schmeißfliegen, die sich auf die verwesenden Körper stürzten. Stattdessen trieben auch sie tot in der braunen Brühe – Millionen winzige schwarze Punkte.
    »Was ist denn hier passiert?«, fragte Julia entsetzt.
    »Das wüsste ich auch gerne!« Paul erschien wie aus dem Nichts neben Katie, zog ein Messer aus der Tasche, schnitt mit einer Bewegung ein Schilfrohr ab, trat dicht an den Sumpf und zog einen der Fischkörper zu sich heran.
    »Ein, zwei Tage«, überlegte er. »Länger ist der nicht tot. Aber darunter dürften noch mehr sein, die schon ewig hier liegen. Das ist ja ekelhaft!«
    »Aber«, Julias Stimme zitterte, »wie ist das möglich?«
    »Vielleicht stimmt irgendetwas mit dem Wasser nicht«, überlegte David. »Wir sollten auf dem Rückweg eine Probe davon mit ins College nehmen.«
    »Nein, nein, das meine ich nicht! Ich frag mich, woher die ganzen Fische überhaupt kommen! Robert hat ein paar Mal versucht zu angeln, aber ohne Erfolg. Er behauptet, der See sei tot. Und, Chris, du hast mal etwas ganz Ähnliches gesagt.«
    »Offensichtlich hab ich mich geirrt«, erwiderte Chris trocken. »Irgendwoher müssen die Fische schließlich kommen.«
    Katie starrte nach links, wo braunes Gras und dichtes Gestrüpp die Sumpflandschaft prägten. Und dann nach rechts auf den dichten Schilfgürtel, der das Ufer säumte und zwischen dem immer wieder modriges, fast schwarzes Wasser hochschwappte.
    »Wie auch immer. Die toten Fische sind nicht unser Problem. Unser Problem ist der Sumpf. Er ist definitiv zu breit, als dass wir ihn überqueren könnten«, erklärte Paul, stopfte die Karte zurück in seine Tasche und machte versuchsweise einen tastenden Schritt nach vorne. Sein Schuh sank augenblicklich ein.
    Ein lauter Schrei vom Himmel zog Katies Aufmerksamkeit auf sich und dann fiel ihr Blick auf einen schwarzen Punkt am Himmel, der direkt auf sie zusteuerte. Beunruhigt beobachtete sie die Bergdohle, die, den Hals gestreckt, mit schwer schlagenden Schwingen über sie hinwegschwebte und dann nach rechts schwenkte. Sumpf, dachte sie, das ist nur ein Sumpf. Sonst nichts.
    »Was schlägst du vor?«, wandte sich Paul an Katie.
    »Wir müssen eine andere Stelle suchen und...«
    Sie brach ab, als der Vogel plötzlich in der

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