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Die Katastrophe

Die Katastrophe

Titel: Die Katastrophe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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ich. Ende der Diskussion.« Starrsinn – das war die Etikette, die seit der Kindheit auf ihrer Stirn klebte und sie wunderte sich, dass es nicht als besonderes Kennzeichen in ihrem Pass aufgeführt wurde. Sie schloss den Reißverschluss ihrer Jacke, den David geöffnet hatte. »Ihr werdet mich abseilen.«
    »Da geht es mit Sicherheit über fünfundzwanzig Meter hinunter«, warnte David.
    »Mehr nicht?«
    »Zum Abseilen brauchst du die doppelte Länge Seil«, sagte Paul.
    »Wir knoten alle aneinander.«
    David schüttelte aufgebracht den Kopf. »Wir können die Tiefe doch nur schätzen. Was, wenn es nicht reicht?« Er stockte. »Das ist Wahnsinn, Katie!«
    »Wahnsinnig wäre ich, wenn ich es nicht versuche. Willst du Ana etwa dort unten liegen lassen? Willst du mir sagen, es lohnt sich nicht? Sie wird sowieso verrecken? Und ich kämpfe vergeblich um ein Leben? Ist es das, David, was du mir sagen willst?«
    Er schüttelte stumm den Kopf.
    Katie richtete sich schwankend auf. Ihr Oberkörper tat weh. Sie musste überall blaue Flecken haben und hatte Glück, dass sie sich keine Rippe gebrochen hatte. Und ihre Hände – sie starrte auf den zerfetzten Handschuh –, ihre Hände schienen wenigstens so weit in Ordnung zu sein.
    »Bis zum letzten Atemzug, okay? Ich kämpfe bis zum letzten Atemzug, verstehst du?«
    Katie schrie jetzt. Sie schrie so laut, dass die ganze Welt es hören musste. Ja, alle sollten, verdammt noch mal, hören, dass sie diesmal nicht aufgeben würde. Sie würde tun, was richtig war!
    »Hör auf.« Pauls Stimme drang kaum durch zu ihr. Es hätte auch der Wind sein können. Doch dann packten sie seine Hände an der Schulter. Ihr schien, als wären nur noch sie und Paul vorhanden. »Hör auf damit, Katie. Du kannst im Leben nichts wiedergutmachen, kapierst du das nicht?«
    »Du? Ausgerechnet du sagst das?«, rief sie. »Weißt du, was einen zum Mörder macht? Nicht, dass man schuld ist am Tod eines anderen! Sondern dass man nicht alles gegeben hat, um es zu verhindern!« Katies Hand klopfte auf ihre Brust, sie konnte nicht damit aufhören. Sie wollte es nicht. »Ich! Ich trage hier die Verantwortung. Es ist mein Plan gewesen. Und ihr könnt Gift darauf nehmen – ich gehe da jetzt runter und sorge dafür, dass Ana wieder nach Hause kommt.«
    »Du kannst das nicht alleine bestimmen«, hörte sie Chris mit kalter Stimme rufen.
    Katie starrte ihn quer über die Gletscherspalte hin an. »Ach ja? Kann ich nicht?« Sie rannte an Paul vorbei, packte ihren Rucksack, riss den Reißverschluss auf und zog das Seil heraus, das sie die letzten beiden Tage mit sich herumgeschleppt hatte.
    »Katie.« Paul versuchte immer noch, sie aufzuhalten. »Lass uns erst einmal in Ruhe beratschlagen, was zu tun ist.«
    Und wieder Chris’ Stimme von gegenüber. »Wir wissen ja nicht einmal, ob sie noch lebt.«
    Katie rastete aus. »Und ihre Stimme vorhin? Das war wohl ihr Geist?«
    Benjamin sah hoch. Sein Gesicht unter der Gletscherbrille war leichenblass. »Katie, hast du dir mal klargemacht, wie tief das da runtergeht? So ein Sturz...«Er brach ab.
    Julia griff nach Chris’ Hand. »Was wir sagen wollen«, ihre Stimme zitterte, »wir können Ana nicht mehr hören.«
    »Ach ja und deshalb ist sie tot?« Katie sah sich nach Anas Rucksack um. »Weißt du das sicher, Julia? Weißt du das ganz sicher? Oder ist das eine dieser Eingebungen, die die Geschwister Frost zu den Stars unter den Propheten machen? Kann irgendeiner von euch mir garantieren, dass sie tot ist? Gebt ihr mir das schriftlich? Unterschreibt ihr mit eigener Hand Anas Todesurteil? Ich nämlich nicht.«
    Sie bückte sich und begann, das Seil mit zitternden Händen auszurollen. Sie spürte ihre Finger nicht mehr vor Kälte und Schmerz. Aber sie gab nicht auf und irgendwann gelang es ihr. Und wie immer, wenn sie sich auf den nächsten Schritt konzentrierte, ihre Gedanken nur darauf richtete, was als Nächstes zu tun war, beruhigte sie sich.
    Sie richtete sich wieder auf: »Also, wer lässt mich hinunter?«
    Niemand antwortete.
    Immer noch heulte der Wind.
    Julia, Benjamin und Chris standen auf der gegenüberliegenden Seite der Spalte, dicht beieinander. Die Hände fest geballt in den Taschen, starrte Chris sie an. Benjamin trat nervös von einem Fuß auf den anderen und Julia schien den Tränen nahe.
    Neben ihr knirschten Schuhe auf dem gefrorenen Boden, aber auch David und Paul sagten nichts mehr.
    Und Katie wusste genau, dass nicht der Wind oder die Kälte sie zum

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