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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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rasch ins Judenviertel zurück. Das war das Zeichen, auf das die Leute gewartet hatten. Noch bevor das Tor verschlossen war, stürzten die ersten zur Mauer, während sich ein Hagel aus Stöcken, Pfeilen und Steinen über die Mauern des Judenviertels ergoss. Der Überfall hatte begonnen.
    Arnau sah, wie eine Meute blindwütiger Bürger in wilder Unordnung gegen die Tore und Mauern des Judenviertels anrannte. Was einem Befehl am nächsten kam, waren die Schreie der Flagellanten, die sich vor den Mauern geißelten und die Menschen anstachelten, diese zu stürmen und die Ketzer zu töten. Viele fielen unter den Schwerthieben der königlichen Soldaten, als sie die Mauern erklommen hatten, doch das Judenviertel wurde von allen vier Seiten heftig bestürmt, und anderen gelang es, die Soldaten zu überrennen und den Juden gegenüberzutreten.
    Arnau blieb zwei Stunden auf der Kirchentreppe von Sant Jaume stehen. Die Schlachtrufe der Kämpfenden erinnerten ihn an seine Zeit als Soldat, an Bellaguarda und Chateau-Roussillon. Die Gesichter der Gefallenen verschwammen mit den Gesichtszügen der Männer, denen er damals den Tod gebracht hatte. Der Geruch des Blutes versetzte ihn zurück nach Roussillon, erinnerte ihn an die Lüge, die ihn in diesen absurden Krieg geführt hatte, an Aledis und Maria … Er verließ den Aussichtsposten, von dem aus er das Gemetzel verfolgt hatte.
    Er ging in Richtung Meer, während er an Maria dachte und an die Umstände, die ihn dazu gebracht hatten, sein Heil im Krieg zu suchen. Doch auf der Höhe des Castell de Regomir, der Bastion in der alten römischen Stadtmauer, wurde er jäh aus seinen Gedanken gerissen, als er ganz in der Nähe Schreie hörte.
    »Ketzer!«
    »Mörder!«
    Arnau sah etwa zwanzig mit Stöcken und Messern bewaffnete Männer, die auf der Straße standen und einige Personen beschimpften, die, in die Enge getrieben, an einer der Hauswände standen. Weshalb gaben sie sich nicht damit zufrieden, ihre Toten zu beweinen? Er blieb nicht stehen und zwängte sich durch die aufgebrachte Menge, um seinen Weg fortzusetzen. Während er sich mit den Ellbogen einen Weg bahnte, sah er kurz zu der Stelle, um die sich die Leute drängten. Vor einem der Hauseingänge versuchte ein blutender Maurensklave, mit seinem Körper drei schwarz gekleidete Kinder mit dem gelben Zeichen auf der Brust zu schützen. Plötzlich stand Arnau zwischen dem Mauren und den Angreifern. Das Geschrei verstummte und die Kinder lugten mit angsterfüllten Gesichtern hinter dem Sklaven hervor. Arnau betrachtete sie. Er bedauerte es, Maria keine Kinder geschenkt zu haben. Ein Stein streifte Arnau und flog auf eines der Köpfchen zu. Der Maure warf sich dazwischen. Als der Stein ihn in den Magen traf, krümmte er sich vor Schmerz. Das ängstliche Kindergesicht sah Arnau direkt an. Seine Frau hatte Kinder geliebt. Ihr war es gleichgültig gewesen, ob sie Christen, Mauren oder Juden waren. Sie hatte ihnen sehnsüchtig nachgeblickt, am Strand, in den Straßen … Und dann hatte sie ihn angesehen.
    »Weg da! Verschwinde«, hörte Arnau eine Stimme hinter sich sagen.
    Arnau blickte in die schreckensweiten Kinderaugen.
    »Was habt ihr mit den Kindern vor?«, fragte er.
    Mehrere mit Messern bewaffnete Männer bauten sich vor ihm auf.
    »Sie sind Juden«, antworteten sie kurz angebunden.
    »Und nur deshalb wollt ihr sie umbringen? Habt ihr nicht schon genug mit ihren Eltern?«
    »Sie haben die Brunnen vergiftet«, entgegnete einer. »Sie haben Jesus umgebracht. Sie töten christliche Kinder für ihre heidnischen Riten. Ja, wirklich, sie reißen ihnen das Herz heraus … Sie stehlen geweihte Hostien.« Arnau hörte nicht hin. Der Blutgeruch aus dem Judenviertel hing ihm immer noch in der Nase. Es war der Blutgeruch aus Chateau-Roussillon. Er packte den Nächstbesten am Arm und schlug ihm ins Gesicht. Dann zog er sein Messer und drohte den Übrigen damit.
    »Niemand wird einem Kind etwas zuleide tun!«
    Die Angreifer sahen, mit welcher Entschlossenheit Arnau das Messer umklammerte, wie er es vor ihnen kreisen ließ, wie er sie ansah.
    »Niemand wird einem Kind etwas zuleide tun«, wiederholte er. »Geht zum Judenviertel und kämpft gegen die Soldaten, gegen erwachsene Männer.«
    »Sie werden Euch umbringen«, hörte er den Mauren, der nun hinter ihm stand, sagen.
    »Ketzer!«, schrien sie ihm aus der Menge entgegen.
    »Jude!«
    Man hatte ihm beigebracht, zuerst anzugreifen, den Feind zu überrumpeln, den Gegner nicht aufkommen zu

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