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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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Augen.
    »Hier«, sagte Filippo und überreichte ihm einen Brief. »Er ist von Jucef. Eine Kogge aus Barcelona mit Ziel Alexandria hat ihn bei meinem Vertreter in Neapel hinterlegt. Von dort hat ihn mir der Kapitän des Schiffes nach Marseille mitgebracht. Jucef hat das Geschäft übernommen. In dem Brief erzählt er alles, was passiert ist. Über Arnau allerdings sagte er nicht viel.«
    Sahat nahm den Brief an sich, öffnete ihn jedoch nicht.
    »Hasdai hingerichtet, Arnau verhaftet«, sagte er. »Und ich sitze hier …«
    »Ich habe dir eine Überfahrt nach Marseille reserviert«, sagte Filippo. »Das Schiff läuft morgen früh aus. Von dort wird es nicht schwer sein, nach Barcelona zu gelangen.«
    »Danke«, murmelte Sahat.
    Filippo schwieg.
    »Ich kam hierher, um nach meinen Wurzeln zu suchen«, begann Sahat, »die Familie, die ich verloren zu haben glaubte. Weißt du, was ich fand?« Filippo sah ihn stumm an. »Als man mich verkaufte – ich war damals noch ein Kind –, blieben meine Mutter und fünf Geschwister zurück. Ich fand nur einen von ihnen wieder. Und ich kann nicht einmal versichern, dass er es wirklich war. Er war Sklave bei einem Stauer im Hafen von Genua. Als er mir gezeigt wurde, vermochte ich in ihm nicht meinen Bruder wiederzuerkennen. Ich erinnerte mich nicht einmal an seinen Namen. Er zog ein Bein nach und ihm fehlten der kleine Finger der rechten Hand sowie beide Ohren. Damals dachte ich, dass sein Besitzer sehr grausam sein musste, um ihn derart zu bestrafen, doch dann …« Sahat machte eine Pause und sah den alten Mann an. Er erhielt keine Antwort. »Ich kaufte ihn frei und ließ ihm eine hübsche Summe Geldes zukommen, ohne ihm zu eröffnen, dass ich hinter all dem steckte. Das Geld reichte nur sechs Tage. Sechs Tage, in denen er ständig betrunken war und das Geld, das für ihn ein Vermögen sein musste, beim Spiel und mit Frauen durchbrachte. Danach verkaufte er sich erneut gegen Kost und Logis als Sklave an seinen früheren Herrn.« Sahat machte eine abschätzige Handbewegung. »Das war alles, was ich hier fand: einen betrunkenen, streitsüchtigen Bruder.«
    »Du hast auch Freunde gefunden«, beschwerte sich Filippo.
    »Das ist wahr. Entschuldige. Ich meinte …«
    »Ich weiß, was du meintest.«
    Die beiden Männer starrten auf die Schriftstücke, die auf dem Tisch lagen. Das rege Treiben im Lagerhaus brachte sie wieder zu sich.
    »Sahat«, sagte Filippo schließlich, »ich war viele Jahre lang Hasdais Handelsvertreter und werde diese Aufgabe auch für seinen Sohn wahrnehmen, solange Gott mich noch leben lässt. Später wurde ich auf Hasdais Wunsch und auf deine Veranlassung auch Arnaus Vertreter. In all dieser Zeit habe ich nur Loblieder auf Arnau gehört, ob nun von Händlern, Matrosen oder Kapitänen. Sogar hier erzählte man sich, was er für die unfreien Bauern auf seinen Besitzungen getan hat! Was ist zwischen euch vorgefallen? Wärt ihr im Streit geschieden, so hätte er dir nicht die Freiheit geschenkt, und erst recht nicht hätte er mich angewiesen, dir eine solch hohe Geldsumme auszuhändigen. Was ist vorgefallen, dass du ihn verlassen hast und er dich so reich beschenkte?«
    Sahats Erinnerungen wanderten zu einem Hügel in der Nähe von Mataró, zu dem Klirren von Schwertern und Armbrüsten.
    »Ein Mädchen … ein außergewöhnliches Mädchen.«
    »Aha!«
    »Nein«, widersprach Sahat, »nicht, was du denkst.«
    Und zum ersten Mal in fünf Jahren erzählte Sahat, was er die ganze Zeit für sich behalten hatte.
    »Wie konntest du es wagen!« Nicolau Eimerics Gebrüll hallte durch die Flure des Bischofspalasts. Er wartete nicht einmal ab, bis die Soldaten sein Arbeitszimmer verlassen hatten. Der Inquisitor lief wild gestikulierend im Zimmer auf und ab. »Wie kannst du es wagen, das Vermögen des Sanctum Officium zu gefährden?« Nicolau fuhr zu Joan herum, der in der Mitte des Raumes stand. »Wie kannst du es wagen, den Verkauf von Warenposten unter Preis anzuordnen?«
    Joan gab keine Antwort. Er hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan, übel zugerichtet und gedemütigt, wie er war. Er war meilenweit hinter einem Maultier hergelaufen und sein ganzer Körper schmerzte. Er roch schlecht und der schmutzstarrende Habit kratzte auf seiner Haut. Seit dem Vortag hatte er nichts mehr gegessen und Durst quälte ihn. Nein, er wollte nicht antworten.
    Nicolau trat von hinten an ihn heran.
    »Was hast du vor, Bruder Joan?«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Den Besitz deines Bruders zu

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