Die Kathedrale des Meeres
nicht …«
»Und wenn Elionors Aussage von mehreren Priestern gestützt würde?« Joan erschrak. »Würde ein Priester eine Nichtigkeit zur Anzeige bringen?«
»Was genau meinst du damit?«
»Das tut nichts zur Sache«, sagte Guillem und dachte an Jucefs Brief. »Antworte mir. Was geschieht, wenn die Anzeige von mehreren Priestern gestützt wird?«
Aledis hörte nicht, was Joan antwortete. Sollte sie erzählen, was sie wusste? Konnte dieser Maure etwas unternehmen? Er war reich, und offenbar … Eulàlia und Teresa sahen sie an.
»Es geht noch um viel mehr«, unterbrach Aledis Joans Mutmaßungen.
Die beiden Männer und Mar sahen sie an.
»Ich werde euch nicht sagen, wie ich davon erfuhr, und ich werde nie wieder über die Sache sprechen, nachdem ich alles erzählt habe. Seid ihr damit einverstanden?«
»Was soll das heißen?«, fragte Joan.
»Das ist doch völlig klar«, fuhr Mar ihn an.
Guillem sah Mar überrascht an. Weshalb sprach sie so mit ihm? Er beobachtete Joan, doch der hatte den Blick gesenkt.
»Fahr fort, Aledis. Wir sind einverstanden«, erklärte Guillem.
»Erinnert ihr euch an die beiden Adligen, die hier im Gasthof wohnen?«
Als Guillem den Namen Genis Puig hörte, unterbrach er Aledis.
»Er hat eine Schwester namens Margarida«, erklärte ihm diese.
Guillem schlug die Hände vors Gesicht.
»Wohnen sie noch hier?«, fragte er.
Aledis berichtete weiter, was ihre Mädchen herausgefunden hatten. Eulàlias Schäferstündchen mit Genis Puig war nicht vergebens gewesen. Nachdem er, vom Wein berauscht, sein Verlangen mit ihr befriedigt hatte, hatte er sich damit gebrüstet, welche Vorwürfe sie vor dem Inquisitor gegen Arnau erhoben hatten.
»Sie behaupten, Arnau habe den Leichnam seines Vaters verbrannt«, erzählte Aledis. »Ich kann das nicht glauben …«
Joan würgte. Alle drehten sich zu ihm um. Der Mönch presste die Hand auf den Mund. Er sah elend aus. Die Dunkelheit, Bernats Körper, der auf dem improvisierten Schafott baumelte, die Flammen …
»Was sagst du nun, Joan?«, hörte er Guillem fragen.
»Sie werden ihn hinrichten«, brachte er heraus, bevor er aus dem Raum stürzte, die Hand auf den Mund gepresst.
Joans Urteil hing in der Luft. Alle starrten vor sich hin.
»Was ist da zwischen Joan und dir?«, fragte Guillem Mar leise, als der Mönch nach einer ganzen Weile immer noch nicht wieder erschienen war.
»Nichts«, antwortete sie. »Du weißt doch, dass wir uns noch nie gut verstanden haben.«
Mar wich Guillems Blick aus.
»Erzählst du es mir irgendwann einmal?«
Mar senkte den Blick.
54
Das Tribunal war bereits zusammengetreten. Die vier Dominikaner und der Schreiber saßen hinter dem Tisch, die Wachen standen an der Tür, und Arnau wartete in der Mitte des Raumes. Er war genauso schmutzig wie am Tag zuvor.
Kurz darauf betraten Nicolau Eimeric und Berenguer d'Erill, Prunk und Hochmut vor sich hertragend, den Saal. Die Soldaten salutierten, und die übrigen Mitglieder des Tribunals erhoben sich, bis die beiden ihre Plätze eingenommen hatten.
»Die Verhandlung ist eröffnet«, sagte Nicolau, und dann, an Arnau gewandt: »Ich erinnere dich daran, dass du nach wie vor unter Eid stehst.«
»Dieser Mann«, hatte er dem Bischof auf dem Weg zum Gerichtssaal gesagt, »wird eher wegen des geleisteten Eids sprechen als aus Angst vor der Folter.«
»Verlies noch einmal die letzten Worte des Gefangenen«, wandte sich Nicolau nun an den Schreiber.
»Sie folgen nur ihrem Glauben und ihren Überzeugungen, genau wie wir.« Seine eigene Aussage traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Während seine Gedanken ständig bei Mar und Aledis waren, hatte er die ganze Nacht darüber nachgegrübelt, was er gesagt hatte. Nicolau hatte ihm keine Möglichkeit gegeben, sich näher zu erklären, aber was gab es da auch zu erklären? Was sollte er diesen Ketzerjägern sein Verhältnis zu Raquel und ihrer Familie darlegen? Der Schreiber las weiter. Er durfte die Ermittlungen nicht auf Raquel lenken. Die Familie hatte schon genug unter Hasdais Tod gelitten, um ihnen nun auch noch die Inquisition auf den Hals zu hetzen …
»Bist du der Ansicht, der christliche Glaube reduziere sich auf Überzeugungen oder Glaubenslehren, die der Mensch nach Belieben annehmen könne?«, fragte Berenguer d'Erill. »Vermag ein einfacher Sterblicher über die göttlichen Gebote zu urteilen?«
Warum nicht? Arnau sah Nicolau an. Waren er und seinesgleichen keine einfachen Sterblichen? Sie würden ihn
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