Die Katze die Brahms spielte
Mr Qwilleran.«
Das Faktotum trat gehorsam vor und nahm die blaue Mütze ab auf der für eine Düngemittelmarke geworben wurde. Sein Alter war schwer zu schätzen. Er konnte ein alt wirkender Zwanzigjähriger oder ein jung wirkender Vierzigjähriger sein. Auf seinem runden, sauber geschrubbten Gesicht und in den blaßblauen Augen lag ein Ausdruck ruhigen Staunens. »Das ist Tom«, sagte Tante Fanny. »Tom, du kannst Mr Qwilleran die Hand geben, er gehört zur Familie.«
Qwilleran schüttelte die kräftige Hand, die derartige gesellschaftliche Gesten offenbar nicht gewohnt war. »Wie geht´s, Tom? Ich habe viel Gutes über Sie gehört.« Er dachte an die verschwundene Uhr und die Füllfeder und sah dem Mann forschend in die Augen, doch der offene, unschuldige Blick war entwaffnend. »Sie haben gestern auf der Veranda gute Arbeit geleistet, Tom. Wie konnten Sie so viel in so kurzer Zeit schaffen? Hat Ihnen jemand geholfen?«
»Nein«, sagte Tom langsam. »Niemand Ich arbeite gerne. Ich arbeite gerne hart.« Er sprach mit einer sanften, melodischen Stimme.
Tante Fanny drückte ihm etwas in die Hand »Fahr nach Mooseville, Tom, und kauf dir eine große Pastete und ein Bier und komm in zwei Stunden wieder. Bring den Picknickkorb aus dem Auto, bevor du fährst.«
»Tom, wissen Sie, wie spät es ist?« fragte Qwilleran. »Ich habe meine Uhr verloren.«
Der Handwerker sah zum Himmel und suchte die Sonne die sich hinter den hohen Kiefern versteckte. »Es ist fast zwölf«, sagte er leise.
Er fuhr in der Limousine weg, und Tante Fanny sagte: »Ich habe ein paar Eiersalat-Sandwiches und eine Thermoskanne Kaffee mit dieser wunderbaren Sahne mitgebracht. Setzen wir uns auf die Veranda und genießen wir den See. Die Temperatur ist gerade richtig. Also, wo sind diese intelligenten Katzen von denen ich soviel gehört habe? Und wo ist dein Arbeitsplatz? Ich muß gestehen, ich bin sehr beeindruckt von deinem Talent, mein Junge.«
Als Journalist war Qwilleran ein Experte, wenn es darum ging, schwierige Gesprächspartner zu interviewen, doch bei Tante Fanny hatte er keine Chance. Sie plapperte ununterbrochen über versunkene Schiffe im See, Bären im Wald, tote Fische am Strand und Raupen auf den Bäumen. Fragen ignorierte sie oder wich ihnen aus Die Frau Präsidentin hatte die Unterhaltung fest im Griff.
Völlig verzweifelt rief Qwilleran schließlich » Tante Fanny! « Als sie erschrocken innehielt, fuhr er fort: »Was weißt du eigentlich von Tom? Wo hast du ihn entdeckt? Wie lange arbeitet er schon für dich? Ist er vertrauenswürdig? Er kommt in die Hütte wenn ich nicht hier bin. Du wirst einsehen, daß ich das alles wissen möchte.«
»Mein armer Junge«, sagte sie »Du hast immer in der Stadt gelebt. Auf dem Land ist das Leben anders. Wir vertrauen einander. Die Nachbarn kommen ins Haus, ohne anzuklopfen. Wenn niemand da ist und sie sich ein Ei ausborgen wollen, nehmen sie es sich einfach. Es ist eine freundliche Lebensweise Mach dir keine Sorgen wegen Tom. Er ist ein netter junger Mann. Er macht alles, was ich ihm auftrage, und sonst nichts.«
Eine Glocke läutete – es war der klare, helle Klang der Schiffsglocke an der südlichen Veranda.
»Das ist Tom«, sagte sie. »Er ist ganz pünktlich. Ist er nicht wunderbar? Plaudere ein bißchen mit ihm, während ich mir die Nase pudere. Das war wirklich ein angenehmer Besuch, mein Junge.«
Qwilleran ging hinaus in den Hof. »Hallo, Tom Sie sind ganz pünktlich, sogar ohne Uhr.«
»Ja, ich brauche keine Uhr«, sagte er ruhig. Sein Gesicht strahlte vor Stolz. Er strich über die Messingglocke. »Das ist eine schöne Glocke. Ich habe sie gestern poliert. Ich mache gerne Dinge sauber. Ich halte auch den Pick-up und die Limousine sehr sauber.« Qwilleran war fasziniert von dem singenden Tonfall, in dem er sprach.
»Ich habe Ihren Kleinlaster in Pickax gesehen. Er ist blau, nicht wahr?«
»Ja. Ich mag Blau. Es ist wie der Himmel und der See. Sehr hübsch. Das ist eine schone Hütte. Ich komme für Sie saubermachen.«
»Das ist ein sehr freundliches Angebot Tom, aber kommen Sie nicht, wenn ich Sie nicht darum bitte. Ich schreibe an einem Buch, und ich mag keine Menschen um mich haben, wenn ich schreibe.«
»Ich wünschte, ich könnte schreiben. Ich würde gerne ein Buch schreiben. Das wäre schön.«
»Jeder hat seine Talente«, sagte Qwilleran, »und Sie haben viele Fähigkeiten Sie sollten stolz auf sich sein.«
Toms Gesicht glühte vor Freude. »Ja, ich kann alles richten.«
Tante Fanny
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