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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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tief und fest, eingelullt vom wilden Getöse der Naturgewalten. Kurz nach Anbruch der Dämmerung wurde er von den Eröffnungsakkorden des Doppelkonzertes von Brahms geweckt. Die Kassette steckte noch immer im Recorder, und Koko saß daneben und wirkte sehr selbstzufrieden. Eine Pfote lag auf der Einschalttaste, die ein rotes Lämpchen zum Leuchten gebracht hatte, und die andere auf »Play«.
Der Sturm war vorbei, obwohl man noch Regentropfen hören konnte, die von den Bäumen auf das Dach fielen. Der Wind hatte nachgelassen, und der See war eine glatte silberne Fläche. Die Luft war erfüllt vom guten, feuchten Geruch des Waldes nach einem starken Regen. Die Vögel jubilierten. Noch bevor er sich aus dem Bett wälzte, fielen Qwilleran der gestohlene Füllfederhalter und die gestohlene Uhr ein. Sollte er Tante Fanny von dem Diebstahl berichten? Sollte er Tom damit konfrontieren? In dieser fremden, neuen Umgebung hatte er das Gefühl, daß es sich hierbei um einen delikaten außenpolitischen Zwischenfall handelte, der Umsicht und diplomatisches Fingerspitzengefühl erforderte.
Koko hörte als erster den Wagen kommen. Er spitzte die Ohren, und sein Körper nahm eine angespannte Haltung ein. Dann hörte auch Qwilleran das Dröhnen eines Motors, der die hügelige, gewundene Auffahrt heraufkam. Er zog sich hastig ein paar Kleidungsstücke an, während Koko zur Tür raste und Zutritt zur Veranda verlangte, seinem offiziellen Kontrollpunkt für eintreffende Besucher. Ein Kribbeln an Qwillerans Schnurrbart sagte ihm, daß es ein blauer Pick-up sein würde, und die Botschaft erwies sich als richtig. Ein stämmiger, kleiner alter Mann nahm eine Schaufel von der Ladefläche.
»He, was geht hier vor?« wollte Qwilleran wissen. Er erkannte den Totengräber vom Parkplatz der Shipwreck Tavern.
»Muß aufgraben«, sagte der alte Sam und marschierte auf das Grab an der Ostseite der Hütte zu.
»Wozu?« Qwilleran knallte die Verandatür zu und rannte hinter ihm her.
»Big George wird bald da sein.«
»Wer hat Ihnen gesagt, daß Sie hierherkommen sollen?«
»Big George.« Der alte Sam schaufelte wie wild. »Der Sand ist ganz schön schwer nach so einem Sturm.«
Qwilleran fehlten die Worte; er stotterte herum. »Was – wer – hören Sie! Sie können auf diesem Grundstück nicht ohne Erlaubnis graben.«
»Fragen Sie Big George. Er ist der Boß.« Sand flog aus dem seichten Loch, das immer klarere rechteckige Form annahm. Bald traf die Schaufel auf Beton. »Da ist sie ja!« Nach ein paar weiteren Schaufeln voll Sand kletterte der alte Sam aus dem Loch heraus, genau in dem Moment, als ein großer, schmutziger Tankwagen auf die Lichtung rumpelte, die als Parkplatz diente.
Qwilleran marschierte auf die Lichtung und trat dem Fahrer in den Weg. »Sind Sie Big George?«
»Nein, ich bin Dave«, sagte der Mann sanft, während er einen langen Schlauch abwickelte. »Big George ist der Tanker. Die Dame in Pickax – die hat gestern nacht angerufen. Hat gesagt, wir sollen auf der Stelle hier herausfahren. Sind Sie verstopft?«
»Ob ich was bin?«
»Wenn sie anruft, springen wir. Mit der Dame ist nicht zu spaßen. Wir hätten Sie wohl schon im vorigen Sommer auspumpen sollen.«
»Was auspumpen?«
»Die Senkgrube. Wir mußten den alten Sam heute morgen dem Bett holen, verkatert wie er ist. Er schaufelt – wir pumpen. Für einen Bagger ist hier nicht genug Platz. Zu dicht bewaldet. Sind Sie neu hier? Sam kommt später und schaufelt das Loch wieder zu. Er füllt es nicht ganz auf; dann ist es beim nächsten Mal leichter. Außer, Sie wollen, daß er es ganz zuschaufelt. Dann macht er es ganz eben.«
Der alte Sam war weggefahren, doch jetzt tauchte ein schwarzer Lieferwagen auf der Lichtung auf. Am Steuer saß ein schlanker junger Mann in einem rot-weiß-blauen T-Shirt, der einen hohen, seidigen Zylinder trug.
Qwilleran starrte ihn an. »Und wer sind Sie?«
»Little Henry. Haben Sie Probleme? Die alte Dame in Pickax sagte, Sie können jeden Moment abbrennen. Mann, das ist 'ne zähe Lady. Bei der gibt's keine Ausreden.« Er nahm den Zylinder ab und sah ihn bewundernd an. »Das ist mein Markenzeichen. Haben Sie meine Werbung im Picayune gesehen?«
»Wofür werben Sie?«
»Ich bin der einzige Schornsteinfeger in Moose County. Sie sollten jedes Jahr überprüft werden ... Ist das Ihr Telefon, das läutet?«
Qwilleran rannte zurück in die Hütte. Das Telefon, das auf der Theke stand, die die Küche von der Speisenische abtrennte, hatte zu läuten aufgehört.

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