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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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bestanden – ganz zu schweigen von seinem schlechten Gewissen; er hatte nicht ein Wort seines geplanten Romans geschrieben. Er hatte die Abende nicht mit guter Musik verbracht, er war nicht meilenweit über den Strand spaziert, noch hatte er sich mit einem guten Spionageroman an den Strand gelegt oder die Sonnenuntergänge genug gewürdigt. Und jetzt ging der Urlaub zu Ende. Selbst wenn die Testamentsvollstrecker ihn nicht zwangen, die Hütte zu räumen, würde er wegfahren. Irgend jemand war verzweifelt genug gewesen, in die Hütte einzubrechen. Irgend jemand war barbarisch genug gewesen, einen Mann zu erschlagen. Jeden Moment konnte ein Kaninchenjäger mit einem Gewehr aus dem Wald auftauchen.
In der Hütte war es still, und Qwilleran hörte das Getrappel kleiner Füße. Koko spielte mit seinen Catnip-Socken, den er aus irgendeiner Ecke hervorgeholt hatte. Er schleuderte ihn mit einem Hieb seiner Pfote über den Boden, stürzte sich darauf, um ihn mit den Vorderpfoten zu umklammern und mit den Hinterpfoten wie wild zu bearbeiten. Dann warf er ihn in die Luft und sprang hinterher.
Qwilleran sah dem Spiel zu. »Koko schlägt den Ball auf die rechte Seite des Spielfeldes... er liegt darunter... er hat ihn .. . übergibt in einem tollkühnen Manöver... jetzt ist er zu Boden gegangen, doch er hat den Ball... schlägt über dem Teller einen Haken... Foul!«
Der Catnip-Ball war unter dem Sofa verschwunden. Koko blickte fragend genau auf die Stelle, wo er unter den gefältelten Saum des Sofaüberzugs gerutscht war. Das Sofa war sehr niedrig; nur Yum Yum war klein genug, sich darunterzwängen zu können.
»Das Spiel ist aus«, sagte Qwilleran. »Du hast den Ball ins Abseits geschossen.«
Koko drückte sich flach auf den Boden, streckte eine lange braune Pfote aus und tastete unter dem Sofa herum. Er drehte, wand und streckte sich. Es nützte nichts. Er sprang auf die Rücklehne des Sofas und begann zu schimpfen.
»Sag deiner Freundin, sie soll dir dein Spielzeug hervorholen«, sagte Qwilleran. »Ich bin müde.«
Koko starrte ihn an, seine blauen Augen wurden zu riesigen schwarzen Scheiben. Er starrte ihn an und schwieg.
Diesen Blick hatte Qwilleran erst ein paarmal gesehen, und jedesmal war die Sache wichtig gewesen. Er hievte sich von dem bequemen Sofa hoch und ging die primitive Mistgabel holen, die auf der Veranda hing. Er fuhr mit dem Griff unter dem Möbelstück durch und förderte ein paar Staubflusen und einen seiner blauen Socken zutage. Er wiederholte das Manöver, worauf Rosemarys korallenfarbener Lippenstift und ein goldener Füllfederhalter hervorrollten.
Inzwischen standen beide Katzen neben ihm und genossen das Schauspiel.
»Yum Yum, du kleine Diebin!« sagte Qwilleran. »Was hast du sonst noch alles gestohlen?«
Er strich nochmals mit dem Griff der Mistgabel über den Boden unter dem Sofa. Zuerst tauchte der Catnip-Ball auf – dann seine goldene Uhr – und schließlich ein paar gefaltete Geldscheine in einem goldenen Banknotenclip. »Von wem ist denn dieses Geld?« sagte er, während er die Scheine zählte. Die große, glänzende Papierklammer enthielt fünfunddreißig Dollar.
In diesem Augenblick kletterte Rosemary vom Strand über die Düne herauf und wanderte müde in die Hütte.
»Rosemary, du wirst nicht glauben, was ich gefunden habe«, sagte Qwilleran. »Den goldenen Füller, den du mir geschenkt hast! Ich dachte, Tom hätte ihn gestohlen. Und deinen Lippenstift ! Yum Yum hat Sachen unter dem Sofa versteckt. Meine Uhr, einen meiner Socken und etwas Geld in einem Banknotenclip.«
»Freut mich, daß du den Füller gefunden hast«, sagte sie leise.
»Ist mit dir alles in Ordnung, Rosemary?«
»Wenn ich ausgeschlafen bin, wird es mir wieder gutgehen. Ich würde gerne zeitig zu Bett gehen.«
»Wir haben nicht einmal zu Abend gegessen.«
»Ich habe keinen Hunger. Entschuldigst du mich bitte? Ich habe morgen eine lange Fahrt vor mir.«
Qwilleran saß alleine auf der Veranda; den schaumgekrönten Wellen und den Möwen, die durch die Luft glitten, schenkte er kaum Beachtung. Der Banknotenclip, überlegte er, sah genauso aus wie der von Roger. War Roger in der Hütte gewesen? Und wenn ja, was hatte er gewollt? Die Hütte war seit einigen Tagen versperrt gewesen. Nein, er weigerte sich zu glauben, daß sein junger Freund an irgendwelchen finsteren Machenschaften beteiligt war. Jedenfalls war das nicht seine Stimme auf der Kassette.
Er saß bis zum Einbruch der Dämmerung auf der Veranda und machte sich dann

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