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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Menschheit nach besten Kräften vollendet zu haben, ist Fanny Klingenschoen im fortgeschrittenen Alter von neunundachtzig Jahren mitten in der Nacht zum Mittwoch in ihrem feudalen Wohnsitz im Zentrum von Pickax plötzlich in jenen Schlaf verfallen, aus dem es kein Erwachen gibt. In jenen kurzen Augenblicken, als der Schnitter sie zu sich holte, trat sie von der Bühne ab, auf der sie Glück und Freude erlebt hatte, schloß ihre Augen vor der Welt und lächelte, während ihr flackerndes Lebenslicht verlosch und sich eine Düsternis über das Land legte, wie man sie selten, wenn überhaupt, bei einem ähnlichen Anlaß erlebt hat.
    Worte reichen nicht aus, den unwiederbringlichen Verlust zu beschreiben, den die Gemeinschaft erlitten hat, als die kalten Finger des Todes nach dem Herzen der Frau griffen, die für so viele ihrer Mitmenschen über lange Jahre ein Vorbild war – ein Vorbild im Hinblick auf eine Fülle von Eigenschaften wie Führungsqualitäten, Selbstvertrauen, guten Geschmack, kultivierte Geisteshaltung, Offenheit, Charakterstärke und Großzügigkeit.
    Vor fast neun Jahrzehnten als Tochter von Septimus und Ada Klingenschoen geboren, war sie die Enkelin von Gustave und Minnie Klingenschoen, die der unerforschten Wildnis trotzten, um gesellschaftliche Verbesserungen in das rauhe Leben der ersten Pioniere zu bringen.
    Wenngleich ihr Geist von uns gegangen ist, wird ihre starke Persönlichkeit am Samstag vormittag um elf Uhr zu spüren sein, wenn eine Vielzahl von Menschen aus dem ganzen Bezirk und aus allen Stationen des menschlichen Lebens sich in der High-School von Pickax versammeln werden, um einer Frau von untadeligem Wesen und schlichter Würde die letzte Ehre zu erweisen. Die Geschäfte in Pickax bleiben zwei Stunden geschlossen.
    Rosemary sagte: »Ich weiß nicht, was du dagegen einzuwenden hast, Qwill. Ich finde, es ist wunderschön geschrieben – sehr aufrichtig – und recht berührend.«
    »Ich finde, es ist Unsinn«, sagte Qwilleran. »Fanny würde es zum Kotzen finden.«
»YAU!« machte Koko auf dem Rücksitz.
»Siehst du? Er gibt mir recht, Rosemary.«
Sie schniefte. »Woher weißt du, ob das ja oder nein heißt?«
Sie kamen gerade rechtzeitig in die Hütte, um zu hören, wie das Telefon im Küchenschrank auf sich aufmerksam machte.
»Hallo allerseits«, sagte eine Stimme, die Qwilleran verabscheute.
»Haben Sie mein Mädchen da oben? Hier ist Ihr alter Kumpel Max Sorrel.«
Qwilleran ging sofort hoch. »Ich habe etliche Mädchen hier oben. Welches gehört Ihnen?«
Nachdem Rosemary mit Max gesprochen hatte, war sie bedrückt und reserviert. Schließlich sagte sie: »Ich muß morgen gleich nach dem Gedenkgottesdienst heimfahren.«
»YAU!« machte Koko mit mehr Nachdruck als gewöhnlich, und es klang so begeistert, daß ihn sowohl Qwilleran als auch Rosemary bestürzt ansahen. Der Kater saß auf dem Kaminsims, gefährlich dicht neben dem Staffordshire-Krug. Eine Schwanzbewegung, und er...
»Stellen wir deinen Krug auf eine sicheren Platz«, meinte Qwilleran. Dann fragte er: »Hat Max etwas gesagt, das dich beunruhigt, Rosemary?«
»Er hat sich entschlossen, mich aus meinem Laden auszukaufen und die Sache mit dem Restaurant mit mir durchzuziehen, und jetzt bin ich nervös.«
»Du magst ihn nicht besonders, nicht wahr?«
»Nicht so sehr, wie er glaubt. Das macht mich so nervös. Ich möchte gerne am Strand Spazierengehen und ein bißchen nachdenken.«
Ein wenig besorgt blickte ihr Qwilleran nach. Widerstrebend gestand er sich ein, daß er nicht ganz traurig darüber war daß sie nach Toronto zog. Er war schon so lange Junggeselle. In seinem Alter konnte er sich nicht mehr an die Überwachung seiner Ernährung gewöhnen, und ebensowenig an Staff- ordshire-Nippsachen. Auf Rosemarys Drängen hatte er das Pfeifenrauchen aufgegeben, und er sehnte sich oft nach ein paar Zügen Groat and Boddle, trotz seiner Bemühungen, vernünftig zu sein. Zwar war sie attraktiv – und angenehme Gesellschaft, wenn er müde oder einsam war –, doch hatte er auch andere Stimmungen, in denen er jüngere Frauen anregender fand. In deren Gesellschaft fühlte er sich lebendiger und witziger . Rosemary hatte keinen Sinn für seine Art von Humor, und ganz gewiß hatte sie keinen Sinn für Koko. Sie behandelte ihn wie einen gewöhnlichen Kater.
Daß sich ihre Beziehung abgekühlt hatte, war nur ein Ergebnis eines Urlaubs, der wohl kaum ein Erfolg gewesen war. Er hatte aus zwei Wochen Unbehagen, Verwirrung und Frustration

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