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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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worauf auch der andere langsamer wurde. Das Spiel ging einige Meilen so weiter, bis eine Farm mit ein paar niedrigen Schuppen auftauchte, von der er abgelenkt wurde. Die Dächer und der Hof selbst waren ständig in Bewegung – es war eine einzige wogende, bewegte bronzefarbene Masse. »Truthähne!« sagte er zu seinen Passagieren. »Ihr werdet in der Nähe einer Truthahnfarm wohnen, ihr Glückspilze!«
Als er wieder in den Rückspiegel blickte, war der blaue Wagen nicht mehr zu sehen.
Nach einer Weile passierte er ein großes Anwesen mit einem gepflegten Rasen und Blumenbeeten hinter einem hohen, kunstvoll verzierten Zaun. Weit zurückgesetzt standen große Gebäude, die nach irgendeiner Art Anstalt aussahen.
Danach führte die Straße einen Hügel hinauf. Augenblicklich hoben sich auf dem Rücksitz zwei Köpfe. Zwei Nasen schnupperten – sie rochen das Wasser, obwohl es noch eine Weile entfernt war. Das gereizte Maunzen ging in aufgeregtes Jaulen über. Dann tauchte der See auf. Das ruhige blaue Wasser erstreckte sich endlos bis zum Horizont, wo es auf einen unglaublich blauen Himmel traf.
»Wir sind fast da!« sagte Qwilleran zu seinen unruhigen Passagieren.
Die Straße folgte jetzt dem Ufer; manchmal verlief sie den Strand entlang, ab und zu in einiger Entfernung vom Wasser durch den Wald. Sie passierte ein rustikales Tor, hinter dem der Privatweg zur >Dünensiedlung< begann. Nach einer halben Meile tauchte der verfallene Rauchfang der alten Schule auf – und der Buchstabe K auf einem Pfahl. Qwilleran bog in den Kiesweg ein, der sich durch einen Wald aus Nadelbäumen und Eichen schlängelte. Auf vereinzelten, sonnenbeschienenen Lichtungen standen wilde Blumen, Baumstümpfe und duftende Sträucher in voller Blüte. Er wünschte, Rosemary wäre dabei; sie würde einfach alles sehen und alles genießen. Nachdem er eine Reihe von sandigen Dünen überwunden hatte, endete die Zufahrt auf einer Lichtung, von der aus man plötzlich einen Blick über den ganzen See hatte. Weit draußen, fast schon am Horizont, waren Segelboote zu sehen.
Und da, am Gipfel der höchsten Düne, winzig neben den dreißig Meter hohen Kiefern, stand die malerische Hütte, die den Sommer über sein Zuhause sein würde. Das Holz und das Füllmaterial in den Ritzen waren vor Alter schwarz. Eine mit Fliegendraht bespannte Veranda mit Blick auf den See versprach ruhige Stunden der Besinnlichkeit und Entspannung. Ein Rauchfang aus Bruchstein und ein ansehnlicher Holzstoß weckten Bilder von gemütlichen Abenden, die er mit einem guten Buch vor dem Kamin verbringen würde.
Man betrat die Hütte über eine zweite fliegendrahtbespannte Veranda, die auf den Wald und die Lichtung hinausging, die als Parkplatz diente. Als Qwilleran sich dem Haus näherte, lief ein Eichhörnchen auf einen Baum, blickte auf ihn herunter und schimpfte ihn aus. Kleine gelbe Vögel flatterten und zwitscherten aufgeregt. Auf dem Holzstoß richtete sich ein winzigkleines Tier auf, neigte den Kopf zur Seite und sah den Mann neugierig an.
Qwilleran schüttelte ungläubig den Kopf. All diese geheimnisvollen Freuden der Natur, diese friedliche Landschaft – das alles gehörte jetzt drei Monate lang ihm.
Am Eingang der Veranda hing eine Schiffsglocke aus glänzendem Messing. Er sah die Schnur baumeln und war versucht, nur so zum Spaß zu läuten. Als er darauf zuging, klatschte etwas Schleimiges, Lebendiges von einem Baum auf seinen Kopf. Und was war das für ein Loch im Fliegendraht der Tür? Der ausgefranste Rand war nach innen gebogen, als hätte jemand einen Ball hindurchgeschossen. Er drückte den Türknopf auf und trat vorsichtig auf die Veranda. Er sah einen Bastteppich, wetterfeste Möbel und alte landwirtschaftliche Geräte, die an der Hüttenwand hingen – und noch etwas. In der entferntesten Ecke regte sich etwas. Ein Knopfauge glitzerte. Ein großer Vogel mit einem gefährlich wirkenden Schnabel saß auf einer Stuhllehne, die mörderischen Krallen in die Vinylpolsterung geschlagen. Ein Falke? Es mußte ein Falke sein, dachte Qwilleran. Dies war seine erste Begegnung mit einem Raubvogel, und er war froh, daß er die Katzen im Auto gelassen hatte; der Vogel war vielleicht verletzt – und bösartig. Eine gewaltige Kraft mußte notwendig gewesen sein, um durch diesen Fliegendraht zu brechen, und die stechenden Augen waren alles andere als freundlich.
Unter den Geräten an der Wand war eine primitive hölzerne Heugabel, und Qwilleran griff im Zeitlupentempo danach. Leise

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