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Die Katze, die den Braten roch.

Die Katze, die den Braten roch.

Titel: Die Katze, die den Braten roch. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Buchbinden, doch das gehörte zu Edds Leidenschaft für Bücher – einem alten Buch ein neues Aussehen zu verleihen.
    Als Mensch war er eher ein Freund als ein Geschäftsmann – stets großzügig, zuverlässig und freundlich. Immer, wenn einer seiner Kunden starb, sagte er: ›Es gibt ein besseres Land – weit, weit weg.‹ Und dann erstrahlte sein faltiges Gesicht einen kurzen Augenblick vor Freude, als höre er Engelschöre. Wenn wir uns jetzt von Eddington verabschieden, wünschen wir ihm eine glückliche Reise in ein besseres Land – weit, weit weg.«
    Die wenigen Trauergäste gingen still den Hügel hinunter zu ihren Autos.
    Qwilleran sicherte sich eine Einladung zum Abendessen, indem er für Polly Lebensmittel kaufte. Dann ging er nach Hause, um seine Zeitung zu lesen. Auf der Leserbriefseite entdeckte er einen Brief, der ihn überraschte:
An den Herausgeber – Ich gratuliere der Initiative zur Erhaltung der Bergwerkshütten zu ihrem erfolgreichen Projekt, die offen stehenden Bergwerke zu Stätten von historischem Interesse erklären zu lassen. Wir alle sollten uns über die feierliche Einweihung der Bronzeplaketten am Samstag freuen. Unser Bergwerkserbe ist einzigartig. Vergessen wir aber nicht die Bergarbeiterdörfer, die rund um die Bergwerke standen, und ebenso wenig die Bergarbeiter, die sich bei Tagesanbruch anstellten, um über eine Leiter in die Tiefe zu klettern, zehn Stunden lang wie die Pferde zu schuften und dann mit geschwärzten Gesichtern und leeren Bäuchen wieder Hunderte von Metern die Leitern hinaufzusteigen – und manchmal bei Explosionen ums Leben zu kommen, die ganze Dörfer ihrer Väter beraubten. Wenn wir die kubistische Architektur der Bergwerkshütten bewundern, dürfen wir die Opfer an Menschenleben nicht vergessen, die riesige Vermögen für einige wenige erst möglich gemacht haben.
    Die Überraschung für Qwilleran war der Name unter dem Leserbrief: Don Exbridge aus Suffix. Um dem Augenblick eine dramatische Note zu verleihen, fiel ein weiterer Topf mit Geranien vom Galeriegeländer und zerschellte auf dem Wohnzimmerfußboden. Qwilleran blickte hinauf und sah Koko, der dreist und herausfordernd seinen Streich sichtlich genoß.
    Es war sinnlos, mit dem Kater zu schimpfen; es war dumm gewesen, die Pflanzen überhaupt dorthin zu stellen. Diesen Anwandlungen seiner Innenausstatterin gab Qwilleran ab und zu nach, und zwar einfach deshalb, weil Fran redegewandt, glamourös und Brodies Tochter war.
    Er räumte die Bescherung weg und kehrte zu seiner Zeitung zurück, doch nur um festzustellen, daß die Leserbriefseite zerfetzt worden war. Damit nicht genug, saß Koko da und wollte für seine Verwüstungen auch noch gelobt werden. Der Kater benutzte indirekte Kommunikationsmethoden, und das hier konnte eines von zwei Dingen bedeuten: Entweder wollte er in seinem Kistchen Papierfetzen statt der teuren, staubfreien Katzenstreu, die in großen Säcken verkauft wurde… oder er wollte Qwill damit sagen, daß Don Exbridges Brief ein Schwindel war.
    Qwilleran pflichtete Letzterem bei. Die Sentimentalität, die Sorge um das Erbe, ja selbst das Wort ›kubistisch‹ paßten so gar nicht zu dem Verfasser, der sich keinen Deut um Geschichte, Umwelt oder Kunst scherte. Wer hatte den Brief für ihn geschrieben? Und was bezweckte er damit?
    Qwilleran sprach mit Polly darüber, als er zum Essen kam.
    »Ich lese dir jetzt einen Leserbrief vor, und du rätst, wer ihn geschrieben hat.«
    Sie tippte auf etliche Mitglieder der historischen oder der genealogischen Gesellschaft.
    »Don Exbridge!«, verkündete Qwill schließlich.
    »Was ist denn mit dem los?«, fragte Polly fassungslos.
    »Entweder hat er einen Schlag auf den Kopf bekommen, oder er wird zum ersten Mal Vater, oder er hat jemanden engagiert, der Donex & Partner ein neues Firmenimage verpassen soll. Was steht heute Abend auf dem Speiseplan?«
    »Nur Reste«, antwortete Polly. »Ein Ragout aus der Hühnersuppe von voriger Woche und dem Cassoulet vom Wochenende, mit Knoblauchcroutons und etwas Ziegenkäse. Ich hoffe, es schmeckt dir.«
    »Polly, mit deinen Resten könntest du ein Restaurant eröffnen! Du könntest es ›Reste G.m.b.H.‹ nennen, oder ›Déjà Vu‹, oder ›Nicht schon wieder!‹«
    Ein paar Minuten lang widmeten sie sich schweigend dem Ragout, dann sagte Polly: »Das war eine schöne Rede, die du bei Eddingtons Begräbnis gehalten hast.«
    »Freut mich, daß deine lieben Damen teilgenommen haben.« Das war ihre private

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