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Die Katze, die den Braten roch.

Die Katze, die den Braten roch.

Titel: Die Katze, die den Braten roch. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Bezeichnung für die weißhaarigen, gesitteten, konservativen und wohlhabenden Frauen, die im Verwaltungsrat der Bücherei saßen.
    »Ja, das war lieb von ihnen. Wer war denn die junge Frau, die mit Mr. Barter dort war?«
    »Cynthia, die Kanzleiangestellte, die Winston im Augenblick füttert. Sie wollte am Begräbnis teilnehmen. Der Mann mit dem karierten Hemd war Albert, der Besitzer der chemischen Reinigung.«
    »Ich habe mir gedacht, daß er es ist. Ich war heute in der Mittagspause in der Book Alley beim Friseur, und Brenda hat mir etwas Unglaubliches erzählt: Don Exbridges Frau hat die Scheidung eingereicht!«
    »Seine zweite oder seine dritte?«
    »Er war nur zweimal verheiratet. Seine Frau ist dieses mausgraue Wesen, das wir voriges Jahr kennen gelernt haben, als wir bei ihnen zum Abendessen eingeladen waren. Sie hat mich an meine Schwiegermutter erinnert, die 40 Jahre lang jeden Tag ihrem Mann die Zahnpasta auf die Zahnbürste gedrückt hat. So eine treu ergebene Ehefrau!«
    »Ich korrigiere! Die verstorbene Mrs. Duncan war eine sparsame Schottin, die es nicht gerne gesehen hat, wenn Zahnputzmittel verschwendet wurden.«
    »Oh, Qwill! Du bist so zynisch!«
    »Ganz und gar nicht. Laut einer Umfrage gehen Männer viel verschwenderischer mit Zahnpasta um als Frauen, und sparsame Ehefrauen führen eine Kostenreduktionskampagne, die die Marketingspezialisten beunruhigt und die Psychologen interessiert. Ein 50-prozentiger Verkaufsrückgang bei Zahnpasta könnte die Wirtschaft zugrunde richten.«
    »Das erfindest du aber, Qwill!«, lachte Polly. »Du willst deinen Lesern wohl wieder einen Streich spielen. Wahrscheinlich willst du sie auffordern, die Länge des Zahnpastastreifens auf den Zahnbürsten in ihrer Familie nachzumessen und das Ergebnis dem Dingsbums per Postkarte mitzuteilen.«
    »Du hast kein Vertrauen zu mir«, erwiderte Qwilleran und nahm sich einen Nachschlag. »Was ist das auf der Kommode dort? Das sieht ja aus wie Maggies französischer Martinikrug.«
    »Er gehört jetzt dir. Sie hat ihn heute in die Bücherei gebracht. Sie will ihn dir unbedingt schenken.«
    Qwilleran war verblüfft. »Das hätte sie nicht tun sollen. Das ist zu viel. Aber ich nehme ihn an.«
    Die Nachspeise lehnte Qwilleran ab – gedünstete Feigen mit Joghurt – und sagte, er müsse sich ein wenig hinlegen, bevor er mit Wetherby auf Patrouille fuhr. Kurz darauf ging er, den Krug an seinem soliden Griff schwingend. »Warte, bis Koko und Yum Yum den Krug sehen! Sie werden wissen, daß er aus einem Haushalt mit fünf Katzen stammt.«
    Wie sich herausstellte, wußten die Katzen nicht nur über die Herkunft des Kruges Bescheid, sondern auch über das Geschlecht von Maggies Katzen – alles Weibchen. Koko schnupperte ihn begeistert ab, während Yum Yum zurückwich und einen dicken Schwanz machte.
    Um elf Uhr nachts gab Qwilleran den Katzen ihr Gute-Nacht-Häppchen und führte dann die feierliche Prozession in den ersten Stock an; nach ihm kam Koko, und als letzte trödelte Yum Yum hinterher. Er brachte sie in ihr Zimmer, wünschte ihnen eine gute Nacht, schaltete das Licht aus und schloß die Tür. Das war das allabendliche Ritual des »Zu-Bett-Bringens«.
    Als Qwill ein Junge gewesen war, hatte ihn seine Mutter jeden Abend zu Bett gebracht – seinen Gebeten zugehört, ihn zugedeckt, ihm einen Kuß auf die Stirn gedrückt und angenehme Träume gewünscht. Er fragte sich, wie viel davon Mutterliebe gewesen war und wie viel der Kontrolle gedient hatte, ob er auch sein Abendgebet sprach. Er hatte nicht gerne die Gefühle seiner allein erziehenden Mutter verletzt, aber an seinem zehnten Geburtstag hatte er sich ein Herz genommen und ihr gesagt, er sei zu alt, um zu Bett gebracht zu werden. Sie hatte ihn verstanden.
    Die Katzen hatten keine derartigen Einwände, und nachdem Qwilleran sie zu Bett gebracht hatte, zog er sich für die Feuerpatrouille um und wartete auf das Startsignal seines Nachbarn.
    »Alles bereit, Joe. Was halten Sie von einer Thermoskanne mit heißem Kaffee?«
    »Hervorragende Idee!«
    Sie fuhren mit Wetherbys Kleinbus, auf dessen vorderem Kotflügel mittels Magnet ein weißer Wimpel befestigt war. »Wir werden langsamer fahren als die anderen Fahrzeuge auf der Straße; aber um diese Zeit wird ohnehin nicht viel Verkehr sein – zumindest nicht auf den Nebenstraßen, die wir abfahren. Die Wimpel sind vom Bestattungsunternehmen Dingleberry geliehen. Bei den Begräbnissen in der Stadt werden keine Wimpel mehr verwendet.

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