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Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Titel: Die Katze, die Domino spielte. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Vaters, und er sprach so ernsthaft, daß Qwilleran sein möglichstes tat, ihn zu verstehen.
    »Er will wissen«, übersetzte seine Mutter, »ob Sie mit ihm Domino spielen.«
    »Ich kann das Spiel nicht«, sagte Qwilleran. In Wirklichkeit hatte er als Einzelkind mit seiner alleinerziehenden Mutter sehr wohl Domino gespielt. Das Spiel war eines der Schreckgespenster seiner Jugend gewesen – neben Klavierüben und Geschirrabtrocknen.
    »Mitchell sagt, er bringt es Ihnen bei«, sagte Lori. »Und das ist Lovey, unsere Jüngste. Sie ist sehr klug, und wir glauben, daß sie einmal Präsidentin der Vereinigten Staaten wird… Lovey, sag Mr. Qwilleran, wie alt du bist.«
    »Zwei im April«, sagte die Kleine mit klarer Stimme. Sie war ein hübsches kleines Mädchen mit einem gewinnenden Lächeln.
    »Das war voriges Jahr, Lovey«, korrigierte sie ihre Mutter. »Jetzt wirst du im April drei.«
    »Einen Rat kann ich Ihnen geben«, meinte Qwilleran. »Sie sollten ihren Namen ändern, sonst kommt sie nie über die Vorwahlen in New Hampshire hinaus. Auf einen Namen wie Lovey werden sich die Medien stürzen.« Dann fragte er Lori, ob sie die Schonbezüge von den ›Vier Augen‹ irgendwo verstauen könne, da er allergisch gegen den Farbstoff sei. »Ich habe die Stoffüberzüge gestern nacht mal versuchsweise abgenommen«, sagte er, »und heute habe ich weder Bronchitis noch Asthma.«
    »Ich wußte gar nicht, daß Sie allergisch sind, Qwill! Das tut mir aber leid! Die Putzfrau wird sie so bald wie möglich wegräumen.«
    »Sie sind alle im Schlafzimmerschrank«, sagte er. »Und sagen Sie ihr, daß sie die Katzen nicht hinauslassen soll.«
    Beim Fahrradverleih im Zentrum lieh Qwilleran sich ein geländetaugliches Fahrrad für sein erstes Abenteuer auf der Insel aus, einen Ausflug zum Lighthouse Point. Die West Beach Road ging die ganze Zeit bergauf. Als er am Domino Inn vorbeikam, winkten ihm die Gäste von der Veranda aus zu, und Mitchell jagte wie ein freundlicher, bellender Hund hinter ihm her. Danach kamen noch drei Frühstückspensionen, Harriets Familiencafé und ein einzigartiger Dienstleistungsbetrieb, der sich Urlauberservice nannte. Auf dem Schild vor der umgebauten Ferienhütte war zu lesen: »Wir passen auf Ihr Baby auf, waschen Ihre Wäsche, backen eine Geburtstagstorte, nähen Knöpfe an, bereiten ein Picknick vor, adressieren Ihre Ansichtskarten, versenden Ihre Karamellen, nehmen Ihre Fische aus.«
    Qwilleran blieb stehen, um das Schild zu lesen; er hielt das für eine gute Idee. Die oberen Stockwerke waren offensichtlich Schlafräume für Hotelangestellte, weil gerade ein paar von ihnen – in ihrer Piratenkluft – zur Arbeit aufbrachen. Eine von ihnen winkte ihm zu – die Kellnerin vom Vorabend.
    Hier endete der kommerziell genutzte Teil der Uferstraße, und das unangenehme Gefühl, in Privatgebiet einzudringen, machte sich breit. Zuerst kam der exklusive Grand Island Club mit Tennisplätzen, einer langen Reihe von Ställen und einem privaten Jachthafen, in dem kleine Jachten und hochmastige Segelboote vor Anker lagen. Danach kamen die Ferienanwesen – große, rustikale Sommerhäuser, die weit zurückgesetzt am Ende von riesigen Rasenflächen standen. Auf der anderen Straßenseite führten Holztreppen auf Privatstrände mit weißem Sand. Niemand badete; der See war – selbst im Sommer – berüchtigt für sein kaltes Wasser, und die Besitzer der Ferienhäuser hatten zweifellos beheizte Swimmingpools.
    An den Auffahrten standen dezente rustikale Schilder, die die Anwesen als RED OAKS oder WHITE SANDS oder CEDAR GABLES auswiesen. Das letzte und größte war THE PINES, das von einem hohen Eisenzaun geschützt war, ähnlich dem vor dem Buckingham Palace.
    Wie, so fragte sich Qwilleran, mochten diese elitären Urlauber wohl auf die Zunahme des Verkehrs auf der Uferstraße reagieren? An den Wochenenden strampelte gewiß ein steter Strom von Radfahrern zum Leuchtturm. Droschken mit glotzenden Ausflüglern blieben vor den pompösesten Sommerhäusern stehen und machten Fotos und lauschten den Führern, die ihnen Geschichten von Familienskandalen erzählten.
    Und ebenso fragte er sich, wie die zurückgezogen lebenden Inselbewohner auf die lärmenden Fremden reagieren mochten, auf den Geruch von Karamellen, der ihnen die frische Seeluft verdarb, auf die dreisten Städter in ihrer grellbunten Kleidung, die in ihre Privatsphäre eindrangen, die ihnen so wichtig war? Waren diese rauhen Inselbewohner über die Störung so

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