Die Katze, die für Käse schwärmte
Fragen ab:
Wer hatte den Bombenanschlag auf das Hotel verübt – und warum? Würde er wieder zuschlagen?
Was würde jetzt aus dem Hotel werden? Würde es je renoviert werden? War das der Anfang vom Ende für das Stadtzentrum von Pickax?
Waren Bauunternehmer aus dem Süden unten, die Einkaufszentren bauten, in den Bombenanschlag verwickelt? Wollten sie, daß die Leute nicht mehr im Stadtzentrum einkauften?
Was war der wahre Grund dafür, daß J. Willard Carmichael nach Moose County gezogen war? Hatte die Pickax People’s Bank Interesse daran, Einkaufszentren zu fördern?
Und was war mit Iris Cobbs Kochbuch? Würde es je wieder auftauchen?
Und was hatte es mit dem ›Kulinarischen Forum‹ auf sich? War das wieder eine von Hixies Schnapsideen? Warum sollte er seine Zeit damit verschwenden, fingierte Leserbriefe für sie zu schreiben, wo er doch selbst genug Probleme hatte?
Eines davon war, den unersättlichen Rachen von ›Qwills Feder‹ mit Worten und Gedanken zu füttern. Zwei heikle Katzen zu füttern war ein weiteres, dringenderes Problem, das einen zur Verzweiflung bringen konnte. Die ganze Zeit hatten sie mit Begeisterung alle Arten von Meeresfrüchten gefressen, und er hatte sich mit Dosen mit Muscheln, Thunfisch, Krabbenfleisch und Cocktail-Shrimps eingedeckt. Und heute rümpften sie über ein köstliches Mahl aus erstklassigem Blaurückenlachs – ohne die schwarze Haut – ihre feuchten schwarzen Nasen.
»Katzen!« murmelte er. Das Hauptproblem war Koko, der seine prägenden Lebensjahre im Haushalt eines Gourmet-Kochs verbracht hatte. Dieser Kater wollte jeden Tag à la carte speisen! Yum Yum war bloß eine Mitläuferin. Sie war die Art Katze, die von Liebe leben konnte: von Streicheln, Knuddeln, liebevollen Worten und einem stets bereiten Schoß, auf dem sie sich zusammenrollen konnte.
Auf einmal sehnte sich Qwilleran zurück in eine andere Zeit und an einen anderen Ort – als Iris Cobb seine Haushälterin gewesen war, als er in Robert Maus’ extravaganter Pension gewohnt hatte, als Hixie die Old Stone Mill geführt und den Hilfskellner mit Katzenportionen der Tagesspezialität zu ihm geschickt hatte. Er kannte die herkömmliche Meinung: Wenn sie hungrig genug sind, fressen sie es schon. Doch leider war er der willfährige Diener zweier souveräner Herrscher, und er wußte es auch. Er gab es zu. Und, was noch schlimmer war, sie wußten es ebenfalls.
Qwilleran ließ die beiden Teller mit dem Lachs, den sie nicht angerührt hatten, auf ihrem Futterplatz auf dem Küchenboden stehen und ging zu Lois frühstücken. Er wußte, daß sie im Kühlschrank oft interessante Reste aufbewahrte, die eigentlich für den Suppentopf bestimmt waren. Es regnete, deshalb nahm er das Auto.
Er setzte sich an seinen Lieblingstisch und bestellte Pfannkuchen. Lois’ Sohn servierte. Das ziemlich große Heftpflaster auf seiner Stirn ließ darauf schließen, daß er aufgeschaut hatte, als die Bombe explodiert und der Kronleuchter heruntergefallen war.
»Werden Sie am Sonntag beim Radrennen mitmachen können?« fragte ihn Qwilleran.
»Ich habe keine besondere Lust dazu, aber alle sagen mir, ich soll mitfahren.« Lenny Inchpot hatte das hagere, hungrige Aussehen eines Radrennfahrers, das gepflegte Outfit eines Hotelangestellten und den fassungslosen Ausdruck eines jungen Mannes, der zum ersten Mal eine Tragödie erlebt.
»Wenn Sie mitfahren, sponsere ich Sie mit einem Dollar pro Meile.«
»Greif zu!« schrie Lois von der Kasse her. »Gib ihm die grüne Karte!« Eigentlich schrie sie gar nicht; das war Lois’ normaler Befehlston.
Qwilleran fragte Lenny: »An welcher Stelle kann man gute Fotos machen?«
»Etwa eine Meile südlich von Kennebeck, wo die Straße zwischen zwei bewaldeten Flecken durchführt. Wissen Sie, wo ich meine? Da sind wir noch am Anfang – noch keine Ausfälle – keine Nachzügler. Das ist ein Anblick! Sie sehen hundert Radfahrer über den Hügel kommen! Die Zeitung wird am Freitag die Route veröffentlichen, und jeder weiß, daß das die beste Stelle für Fotos ist, also fahren Sie frühzeitig hin. Nehmen Sie viele Filme mit. Sie wissen, es gibt einen Preis für das beste Foto.«
Während sie sprachen, spürte Qwilleran, daß sie jemand von einem Nebentisch aus anstarrte. Es war ein kräftiger Mann mit einem pausbäckigen Gesicht und langen weißen Haaren. Er aß Pfannkuchen.
»Guten Morgen«, sagte Qwilleran. »Wie sind die Pfannkuchen heute?«
»Sie sind gut! Fast so gut wie die von Mama.
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