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Die Katze im Taubenschlag

Die Katze im Taubenschlag

Titel: Die Katze im Taubenschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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persönlichen Probleme zu besprechen.
    Dank Miss Bulstrodes guten Beziehungen war der Mord in der Presse taktvoll behandelt worden – mehr wie ein Unglücksfall als wie ein Verbrechen. Es wurde angedeutet – aber nicht wirklich klar ausgesprochen –, dass Jugendliche in der Turnhalle von Miss Springer überrascht worden waren. In der darauf folgenden Panik sei sie erschossen worden. Die Polizei sei den Burschen bereits auf der Spur, schrieben die Zeitungen.
    Es war Miss Bulstrode bekannt, dass die Herzogin und Henry Banks sie von ihrem Entschluss, sich bald zur Ruhe zu setzen, abbringen wollten. Sie hielt den Augenblick für gekommen, mit ihnen über Miss Vansittart zu sprechen und ihnen klarzumachen, dass Eleanor eine in jeder Beziehung würdige Nachfolgerin abgeben würde.
    Am Sonnabendmorgen, nachdem Miss Bulstrode den letzten Brief diktiert hatte, klingelte das Telefon. Ann Shapland nahm das Gespräch an.
    »Der Emir Ibrahim ist im ›Claridge‹ angekommen, Miss Bulstrode«, sagte sie. »Er möchte morgen mit Shanda ausgehen.«
    Miss Bulstrode nahm ihr den Hörer aus der Hand, um selbst mit dem Adjutanten des Emirs zu sprechen. Sie sagte, Shanda werde ab halb zwölf am Sonntag bereit sein; abends um acht müsste sie nach Meadowbank zurückkehren.
    Dann legte sie den Hörer auf und erklärte: »Ich wünschte, diese orientalischen Potentaten würden einem nicht immer im letzten Augenblick Bescheid sagen. Shanda sollte morgen mit Gisèle d’Aubray ausgehen. Das müssen wir nun wieder umändern. Sind noch irgendwelche Briefe zu schreiben?«
    »Nein, Miss Bulstrode.«
    »Dann kann ich also mit gutem Gewissen fortfahren. Wenn Sie die Briefe getippt haben, können Sie sich das Wochenende ebenfalls freinehmen. Ich brauche Sie nicht vor Montagmittag.«
    »Vielen Dank, Miss Bulstrode.«
    »Viel Vergnügen, Miss Shapland.«
    »Das bestimmt«, sagte Ann.
    »Ein junger Mann?«
    »Ja, allerdings.« Ann errötete. »Aber nichts Ernstes.«
    »Sehr bedauerlich. Wenn Sie die Absicht haben zu heiraten, verschieben Sie es nicht zu lange.«
    »Ich treffe nur einen alten Freund. Nichts Aufregendes.«
    »Die große Leidenschaft ist oft nicht die beste Basis für eine gute Ehe«, warnte Miss Bulstrode. »Bitte schicken Sie mir jetzt Miss Chadwick.«
    Miss Chadwick kam geschäftig herein.
    »Der Emir Ibrahim will morgen mit Shanda ausgehen, Chaddy. Falls er sie selbst abholen sollte, sag ihm bitte, dass sie gute Fortschritte macht.«
    »Sehr aufgeweckt ist sie nicht«, erwiderte Miss Chadwick zögernd.
    »Ja, geistig ist sie noch ziemlich unreif«, gab Miss Bulstrode zu. »Aber in gewisser Beziehung ist sie weit über ihre Jahre hinaus entwickelt. Man hat manchmal das Gefühl, mit einer Zwanzigjährigen zu reden – wahrscheinlich, weil sie schon soviel herumgekommen ist. Sie hat in Paris, Teheran, Istanbul und wer weiß wo noch gelebt. Wir in England legen Wert darauf, junge Menschen so lange wie möglich als Kinder zu betrachten. Aber wahrscheinlich ist das ein Fehler.«
    »Ich bin da nicht ganz deiner Meinung«, erwiderte Miss Chadwick kopfschüttelnd. »So, jetzt werde ich Shanda über die Pläne ihres Onkels informieren. Ich wünsche dir ein angenehmes Wochenende. Vergiss mal alles, und mach dir keine Sorgen um die Schule.«
    »Bestimmt nicht«, erwiderte Miss Bulstrode. »Ich betrachte es als eine gute Gelegenheit, Eleanor Vansittart die Verantwortung zu übertragen und zu sehen, ob sie der Aufgabe gewachsen ist. Ich bin jedenfalls überzeugt, dass alles gut gehen wird – schließlich bist du ja auch noch da.«
     
    Shanda sah erstaunt und nicht sehr erfreut aus, als Miss Chadwick ihr von der Ankunft ihres Onkels in London erzählte.
    »Aber ich wollte doch morgen mit Gisèle d’Aubray und ihrer Mutter ausgehen, Miss Chadwick«, sagte sie enttäuscht. »Mein Onkel ist gar nicht amüsant. Er grunzt so beim Essen, und es ist alles sehr langweilig.«
    »So dürfen Sie nicht über Ihren Onkel sprechen, Shanda. Wie ich höre, ist er nur für eine Woche in England. Natürlich möchte er Sie sehen.«
    Shandas mürrisches Gesicht klärte sich plötzlich auf.
    »Vielleicht hat er eine neue Heirat für mich arrangiert. Das wäre wunderbar.«
    »Mag sein, aber vorläufig sind Sie noch viel zu jung zum Heiraten. Zuerst müssen Sie noch eine Menge lernen und Ihre Bildung vervollständigen.«
    »Bildung ist langweilig«, erklärte Shanda.
     
    Der Sonntag war ein klarer, schöner Tag. Miss Shapland war am Sonnabend, kurz nach Miss

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