Die Katze im Taubenschlag
Dank. Auf Wiedersehen.« Dann machte sie sich auf die Suche nach Julia.
»Sieh mal, was ich habe!«
Sie ließ den Schläger mit einer dramatischen Geste durch die Luft sausen.
»Donnerwetter! Woher kommt der denn?«, fragte Julia.
»Hat mir meine Patentante geschickt. Sie ist furchtbar reich. Mum hat ihr wahrscheinlich erzählt, dass ich mich über meinen alten Schläger beklagt habe.«
In diesem Augenblick kam Shanda vorbei, der Jennifer ebenfalls stolz den neuen Schläger vorführte.
»Was hältst du davon, Shanda?«, fragte sie.
»Muss sehr teuer gewesen sein«, erwiderte Shanda mit dem nötigen Respekt. »Ich wollte, ich könnte so gut Tennis spielen wie du.«
»Du läufst immer in den Ball.«
»Ich kann das nie so richtig berechnen«, erklärte Shanda bedauernd. »Jedenfalls muss ich mir in London elegante Tennisshorts machen lassen, bevor ich wieder nachhause fahre. Oder vielleicht besser ein Tenniskleid – oder beides.«
»Shanda denkt nur an Klamotten«, meinte Julia verächtlich, während die beiden Freundinnen weitergingen. »Glaubst du, dass wir auch mal so werden?«
»Ich fürchte, ja«, erwiderte Jennifer düster.
Sie betraten die Turnhalle, die mittlerweile von der Polizei freigegeben worden war. Jennifer befestigte ihren Tennisschläger sorgfältig im Spanner.
»Ist er nicht prachtvoll?«, fragte sie glücklich.
»Was hast du eigentlich mit deinem alten gemacht?«
»Den hat die Dame mitgenommen, weil Tante Gina sie darum gebeten hatte. Er soll neu bespannt werden.«
»Ach so…«
Julia runzelte nachdenklich die Stirn.
»Was wollte Bully denn von dir?«, erkundigte sich Jennifer.
»Nur Mummys Adresse, aber die konnte ich ihr nicht geben, weil sie gerade mit einem Autobus durch die Türkei gondelt… Mir fällt gerade etwas ein, Jennifer. Dein Schläger musste doch gar nicht neu bespannt werden.«
»Doch, Julia. Er war so weich wie ein Schwamm.«
»Das weiß ich, aber eigentlich ist es mein Schläger. Wir haben doch getauscht, erinnerst du dich? Dein Schläger, den ich jetzt habe, war ja während der Ferien frisch bespannt worden. Das hast du mir neulich selbst gesagt.«
»Ja, das stimmt.« Jennifer sah etwas erstaunt drein. »Wahrscheinlich hat diese Frau – ich hätte mich nach ihrem Namen erkundigen sollen – es bemerkt. Das ist des Rätsels Lösung.«
»Aber du hast doch gesagt, dass deine Tante Gina sie darum gebeten hat, und warum ist die auf den Gedanken gekommen, einen neu bespannten Schläger nochmal reparieren zu lassen?«
»Ach, was weiß ich«, sagte Jennifer ungeduldig. »Außerdem ist es doch völlig egal.«
»Vielleicht ist es egal«, erwiderte Julia nachdenklich. »Aber merkwürdig ist es doch, Jennifer. Neue Lampen für alte – Aladin im Wunderland.«
Jennifer kicherte.
»Ist das nicht eine komische Idee? Ich streiche über meinen alten Tennisschläger – nein, über deinen –, und ein guter Geist erscheint! Was würdest du dir wünschen, wenn ein guter Geist aus der Erde steigen würde, Julia?«
»Ich? Ich habe tausend Wünsche: Ein Tonbandgerät, einen Schäferhund – nein, lieber eine dänische Dogge; dann ein schwarzes Seidensatin-Abendkleid und… und hunderttausend Pfund… und du, was möchtest du gern haben?«
»Ich? Gar nichts. Ich bin restlos glücklich mit diesem wunderbaren Tennisschläger«, sagte Jennifer.
13
D rei Wochen nach Schuljahrsbeginn durften die Schülerinnen ihre Eltern am Wochenende besuchen. Daher war es am Sonntag in Meadowbank sehr ruhig, und zum Mittagessen erschienen nur zwanzig Mädchen. Auch einige Lehrerinnen waren fortgefahren, die erst Sonntagabend oder Montag früh zurückkommen würden.
Miss Bulstrode, die im Allgemeinen während der Unterrichtszeit die Schule nicht verließ, hatte ausnahmsweise die Einladung der Herzogin von Welsham angenommen, das Wochenende auf Schloss Welsington zu verbringen. Sie hatte aus einem ganz bestimmten Grund zugesagt. Mr Henry Banks, der Vorsitzende des Aufsichtsrats von Meadowbank, wurde ebenfalls auf Schloss Welsington erwartet. Die Schule war seinerzeit mit der finanziellen Unterstützung von Mr Banks gegründet worden, und die Einladung der Herzogin klang fast wie ein Befehl, bei Hofe zu erscheinen. Selbstverständlich ließ sich Miss Bulstrode nur dann Befehle erteilen, wenn sie ihr in den Kram passten. Sie unterschätzte den Einfluss der Herzogin nicht, außerdem legte sie Wert darauf, mit ihr und mit Mr Banks sowohl die tragischen Ereignisse in Meadowbank als auch ihre
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