Die Katze namens Eisbär
tatsächlich statt, aber irgendwie kam ich in dem ganzen Trubel nicht dazu, das zu tun, was ich mir vorgenommen hatte. Nicht etwa, daß Mrs. Reagan mich kurz abgefertigt hätte. Im Gegenteil – sie gewährte mir eine ganze Stunde. Aber das, was mir vorgeschwebt hatte – so eine Art duftig leichter Persiflage und dann ein Rundgang durch das Haus bis zu Alexander Hamiltons Schreibtisch –, kam nicht zustande. Während des ganzen Interviews waren Mrs. Reagan und ich ständig von zwei Sekretärinnen, einem Mann vom Geheimdienst und einer Stenographin umgeben, die jedes Wort, das wir sprachen, aufnahm; dazu kam noch ein Kameramann. Als ich ihn leise fragte, wozu er da sei, antwortete er mir nicht. Die Stenographin erklärte mir dafür in aller Kürze, sie sei hier, damit ich nicht etwa etwas schrieb, was nicht den Tatsachen entsprach. Kurz und gut, in dieser Atmosphäre einen freundschaftlichen kleinen Rundgang vorzuschlagen, um ein altes Möbelstück zu suchen, hätte ein Maß an Dreistigkeit verlangt, das ich der Familie Davis gegenüber, Vater wie Tochter, nicht aufbrachte.
Nach dem Interview mußte ich mir eingestehen, daß ich die große Gelegenheit hatte verstreichen lassen, ohne sie zu nutzen. Ich hatte versagt. Aber ich konnte nicht einfach abziehen, ohne das Geheimnis des Schreibtischs gelüftet zu haben. Nachdem ich mich von Mrs. Reagan verabschiedet hatte, machte ich daher einen kleinen Abstecher zu einer ihrer Sekretärinnen und weihte sie in die Sache ein. Würde sie, fragte ich, so gut sein, Mrs. Reagan die Geschichte bei Gelegenheit zu erzählen und sie zu fragen, was aus dem Schreibtisch geworden sei. Die Sekretärin versprach es. Wenige Tage später bekam ich einen Brief von ihr. »Was die Scottsdale-Sache angeht«, schrieb sie, »so hat Mrs. Reagan mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, daß sie sich an einen solchen Schreibtisch in dem besagten Zimmer nicht erinnern kann.«
Ich war verblüfft. Sollte ich etwa die ganze Geschichte nur geträumt haben? War es vielleicht auch einer dieser Träume, die dringend Bearbeitung brauchten? Oder war die Geschichte vielleicht doch wahr und Mrs. Reagan nur nicht bereit zuzugeben, daß eine ihrer kostbaren Antiquitäten nicht echt war? Oder, um eine dritte Möglichkeit in Betracht zu ziehen, hatte sie vielleicht einen ihrer Astrologen konsultiert und der ihr geraten, mir diese Antwort zu geben? Oder hatte ich – vierte Möglichkeit – etwa gar ein weiteres Verschleierungsmanöver des Weißen Hauses aufgedeckt? Hatte man den Schreibtisch vernichtet und wollte es nun nicht zugeben? Die letzte Lösung des Rätsels gefiel mir am besten, dennoch hoffte ich aufrichtig, die Angelegenheit würde nicht vor Gericht enden. Wie peinlich, wenn Nancy Reagan im Zeugenstand hätte aussagen müssen, daß sie Alexander Hamiltons Schreibtisch verramscht hatte.
Wie dem auch sei, als ich das nächste Mal an Mrs. Reagan dachte, war es in ganz anderem Zusammenhang. Ich erhielt als Reaktion auf mein erstes Buch über Eisbär einen höchst merkwürdigen Brief. Es ging darin um Astrologie – eine »Wissenschaft«, zu deren treuesten und vielleicht berühmtesten Anhängerinnen Mrs. Reagan gehört. Die Briefschreiberin riet mir dringend, Eisbär das Horoskop erstellen zu lassen. Sie verstand offenkundig nicht nur eine ganze Menge von Astrologie, sondern hatte auch eine recht gute Vorstellung von Eisbärs Charakter. Sie meinte, wenn er etwas dagegen hätte, sich sein Horoskop von einem Fremden stellen zu lassen, könne auch ich selbst es tun. Es gäbe viele Bücher über Katzenastrologie, die mir dabei helfen würden.
Ich muß gestehen, ehe mir dieser Brief in die Hände kam, hatte ich keine Ahnung, daß es so etwas wie Katzenastrologie überhaupt gibt, geschweige denn, daß Bücher zu dem Thema existieren. Ich wußte eigentlich überhaupt nichts über Astrologie, sei es für Menschen oder für Katzen.
Ich ließ den Brief dieser Frau erst einmal eine Weile liegen, ohne ihn zu beantworten. Schließlich aber bekam ich ein schlechtes Gewissen und begann, wenigstens im Geist eine Antwort zu entwerfen. Ich wollte der Frau schreiben, daß ihre Zweifel, ob Eisbär mit der Stellung seines Horoskops durch einen Fremden überhaupt einverstanden sein würde, absolut berechtigt waren. Das einzige, was er meiner Erfahrung nach je an Fremden gebilligt hatte, war ihr möglichst schnelles Verschwinden. Weiter wollte ich schreiben, ihre Vorstellung, ich selbst könne das Horoskop erstellen, sei leider
Weitere Kostenlose Bücher