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Die Katze namens Eisbär

Die Katze namens Eisbär

Titel: Die Katze namens Eisbär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cleveland Amory
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gegessen hatten, setzte sich in mir der starke Eindruck fest, daß ich für Dr. Davis weder intelligent genug noch erfolgreich, berühmt, reich und konservativ genug war, um ihn länger zu interessieren. Es genügt wahrscheinlich, wenn ich sage, daß es mich nicht im geringsten wunderte, als ich einige Jahre später hörte, daß Dr. Davis sich einer Gruppe Ultrakonservativer in Kalifornien angeschlossen hatte und dort bald zum Spitzengremium gehörte.
    Bei jenem Abendessen allerdings schien er sich vor allem für meine Beziehung zu seiner Tochter zu interessieren und vermerkte mit sichtlicher Erleichterung, daß sie nicht bis zu einem Punkt gediehen war, an dem er sich hätte beunruhigen müssen. Ehe er sich zurückzog, wünschte er mir freundlich gute Nacht und ein, wie mir schien, endgültiges Lebewohl. Er wolle am nächsten Morgen schon in aller Frühe aufbrechen, erklärte er, ich solle mich dadurch aber nicht stören lassen, sondern meinen Aufenthalt in seinem Haus genießen; Mädchen und Koch würden zu meiner Verfügung stehen.
    Demgemäß machte ich mich am folgenden Morgen nach dem Aufstehen sogleich auf den Weg in die Küche. Hier teilte mir das Mädchen mit, Dr. Davis nehme das Frühstück immer im Arbeitszimmer ein, ob ich es auch so halten wolle? Ich stimmte zu und bekam wenig später ein köstliches Frühstück serviert, über das ich mich mit Genuß hermachte. Gleichzeitig erledigte ich verschiedene Telefonate, um die mein Verleger mich gebeten hatte, und bald kamen auch Gespräche für mich herein, Verabredungen wurden getroffen, Termine vereinbart, kurz, ich steckte mitten im Publicity-Wirbel um den allseitig begehrten Autor, den man mit Wonne auszukosten pflegt. Und vor lauter Aufregung über meine eigene Wichtigkeit rauchte ich wie ein Schlot.
    Gerade hatte ich wieder ein Telefongespräch beendet und wollte mir eine frische Zigarette anzünden, da sah ich mit Schrecken, daß meine vorherige Zigarette, die ich völlig vergessen hatte, vom Aschenbecher gerollt war und eine tiefe Brandfurche in Alexander Hamiltons Schreibtisch gesengt hatte.
    Einen Moment lang saß ich wie erstarrt, den Blick auf die Brandwunde im Schreibtisch gerichtet, und genau da kam das Mädchen mit frischem Kaffee. Mir blieb nur eine Möglichkeit: Ich ließ mich mit ausgestreckten Armen und gesenktem Kopf über das Brandmal fallen.
    »Ach, Mr. Amory«, sagte das Mädchen mitleidig, »Sie müssen ja ganz erschöpft sein – diese vielen Anrufe!« Ohne mich von der Stelle zu rühren, sah ich müde zu ihr auf und antwortete nur mit einem matten Nicken.
    Nachdem das Mädchen gegangen war, überlegte ich, was zu tun war. Ich konnte das Mädchen rufen und ihr erklären, was ich angerichtet hatte; aber sie war nicht mehr jung, womöglich hätte sie der Schlag getroffen. Ich hätte die Sache auch vertuschen, bis zu Dr. Davis’ Rückkehr am Montagmorgen bleiben und tapfer sagen können: »Sir, ich habe eine schreckliche Nachricht für Sie. Ich habe eine Rinne in Alexander Hamiltons Schreibtisch gebrannt. Es tut mir in der Seele leid, Sir. Ich werde die Reparatur selbstverständlich bezahlen.«
    Diese Möglichkeit zog ich nicht einmal vorübergehend in Betracht. Dr. Davis war kein Mensch, dem man so kommen konnte. Es blieb also nur eine durchführbare Möglichkeit – den Schreibtisch irgendwie vor Dr. Davis’ Heimkehr reparieren zu lassen. Das hieß aber, daß ich erst einmal das Mädchen und die Köchin loswerden mußte. Mutig rief ich beide ins Zimmer und teilte ihnen mit, daß ich den ganzen Samstag und voraussichtlich auch den Sonntag unterwegs sein würde. Sie sollten sich also die beiden Tage freinehmen, da ich sie erst am Montag wieder brauchen würde. Sie erklärten augenblicklich, das könnten sie auf keinen Fall tun. Dr. Davis hätte ihnen Anweisung gegeben, mich zu versorgen. Ich argumentierte dagegen. Ich sagte, es sei doch absurd, wenn sie das ganze Wochenende hier zubringen würden, obwohl ich sie gar nicht brauchte.
    Die Diskussion zog sich in die Länge, doch schließlich erklärten sie sich mit meinem Vorschlag einverstanden und sagten, sie würden dann am Montag in aller Frühe zurück sein. Nein, bitte nicht in aller Frühe, flehte ich. Nach dem für mich zweifellos anstrengenden Wochenende würde ich am Montag gern ausschlafen wollen. Aber es half nichts. Trotz meiner inständigen Bitten konnte ich sie nur so weit erweichen, daß sie sich bereit erklärten, am Montag morgen nicht vor neun Uhr zu erscheinen.
    Kaum

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