Die Katze namens Eisbär
völlig illusionär. Ich hätte nie auch nur die Anfangsgründe der Astrologie verstanden, auch wenn man noch so geduldig versucht hatte, sie mir zu erklären.
Während ich im Geist noch mit der Abfassung dieses Briefes beschäftigt war, rief die Frau eines Tages an. Ich beteuerte, es täte mir leid, ihr bisher nicht geantwortet zu haben, und berichtete ihr dann, was ich ihr hatte schreiben wollen.
»Aber ich habe Sie doch extra darauf aufmerksam gemacht«, erwiderte die Frau streng, »daß es eine Menge Bücher gibt. Sie brauchen nicht einmal einen blassen Schimmer von Astrologie zu haben.«
Das machte mich ärgerlich. Ich bilde mir zwar nicht ein, alles zu wissen, aber ich bin überzeugt, daß ich mehr als einen blassen Schimmer von den Dingen habe. Um ihr das zu beweisen, entgegnete ich, mir sei immerhin bekannt, daß ich Tag und Stunde der Geburt Eisbärs wissen müßte, um ihm sein Horoskop stellen zu können. Leider sei selbst die Tierärztin nicht imstande, mir auch nur das genaue Jahr anzugeben, geschweige denn Tag und Stunde. Schließlich sei Eisbär ja eine herrenlose Katze gewesen.
Die Frau ließ trotzdem nicht locker. »Sie brauchen Tag und Stunde der Geburt nicht zu wissen«, behauptete sie. »Sie werden schon sehen – besorgen Sie sich erst einmal einige der Bücher über Katzenastrologie, die ich Ihnen genannt habe.« Sie machte eine Pause – ich hatte bereits gemerkt, daß sie gern vielsagende Pausen einlegte. »Und wenn Sie schon dabei sind«, fuhr sie dann fort, »können Sie gleich auch ein paar astrologische Bücher für sich selbst besorgen. Ich könnte mir denken, daß sie Ihnen eine große Hilfe wären.«
Ich ignorierte die wenig schmeichelhafte Anspielung, aber sie redete unbeirrt weiter.
»Ich habe mich über Sie informiert«, sagte sie. »Sie sind am zweiten September geboren. Das heißt, daß Sie Jungfrau sind. Ihre Geburtsstunde weiß ich allerdings nicht.«
»Zwei Uhr morgens«, sagte ich. Sie wollte wissen, woher ich das wüßte. Ich antwortete: »Von meiner Mutter.« Sie habe es mir auf meine Frage selbst gesagt. Ich erläuterte nicht, daß ich meine Mutter danach gefragt hatte, weil das Thema Horoskop schon früher zur Sprache gekommen war.
»Aha«, sagte sie, und der Ton ihrer Stimme gefiel mir gar nicht. Ich ahnte schon, was als nächstes kommen würde. »Und in welchem Jahr war das?«
Ich tat so, als hätte ich sie nicht gehört, aber das nützte nichts.
»Aha«, sagte sie wieder. »Aber das läßt sich feststellen. An Ihrem letzten Geburtstag ist im Radio eine Sendung über Sie gekommen. Da wurde auch erwähnt, welcher Jahrgang Sie sind.«
Was man da gesagt habe, sei auf jeden Fall falsch, behauptete ich, und danach hielt sie endlich den Mund.
Aber ich war nach ihrem Brief und dem Anruf doch so neugierig geworden, daß ich gleich am folgenden Morgen losging, um mir ein paar Bücher über Katzenastrologie zu kaufen. Und da ich einmal in der Buchhandlung war, nahm ich auch gleich etwas über Menschenastrologie mit.
Doch meine Bemühungen, anhand der Bücher Eisbärs Horoskop zu erstellen, führten zu nichts. Davon allerdings ließ ich mich nicht entmutigen. Wenn man allein nicht weiterkommt, muß man sich eben Hilfe holen.
Der Freund, den ich um Hilfe anging, riet mir, mich an eine Frau namens Robyn Ray zu wenden, sie sei astrologische Beraterin. Normalerweise habe ich gegen Beratung durch Berater meine Vorbehalte, aber in diesem Fall, da ich gegen die Wissenschaft der Astrologie sowieso meine Vorbehalte hatte, beschloß ich, alle Vorbehalte über Bord zu werfen. Ich rief Mrs. Ray an und fragte, ob wir uns nicht zum Mittagessen treffen könnten.
Mrs. Ray war, wie sich herausstellte, eine charmante Frau. Nachdem ich ihr mein Problem dargelegt hatte, fragte ich sie, ob sie jemals ein Katzenhoroskop gestellt hätte.
»Nein«, antwortete sie lächelnd, »aber meinem Hund habe ich eines gestellt.«
Und wie, fragte ich nervös, habe er das aufgenommen? Eisbär sei leider ein sehr kritisches Tier.
»Oh, er war sehr angetan«, versicherte sie.
Erleichtert brachte ich wieder das Grundproblem meiner Schwierigkeiten bei der Horoskopstellung für Eisbär zur Sprache – die Tatsache, daß mir nicht nur Tag und Stunde, sondern sogar das Jahr von Eisbärs Geburt unbekannt war.
Mrs. Ray seufzte. »Da wird Ihnen natürlich vieles verschlossen bleiben«, meinte sie, »wenn Sie seinen Aszendenten nicht wissen.«
Ich seufzte brav mit, weil ich nicht zugeben wollte, daß ich keine
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