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Die Katze riecht Lunte

Die Katze riecht Lunte

Titel: Die Katze riecht Lunte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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etwa acht Millimeter großen zugespitzten Holzpflock. Das Papier über dieses Holz zu rollen erleichterte die Angelegenheit, doch Ridleys Finger, die zu keiner Tageszeit besonders ruhig waren, konnten die Patrone trotzdem nicht abknicken.
    »Und ich nehme an, du gehst als Offizier?«
    »Da ich zu den wenigen gehöre, die sich die Ausrüstung leisten können, ja«, lautete Ridleys gereizte Antwort.
    »Komm bloß nicht auf die Idee, Befehle zu erteilen. Das machst du im wirklichen Leben schon genug.«
    »Was war die Aufgabe von Offizieren?«, fragte Ridley halb lachend.
    »Reihenweise ins Gras zu beißen.«
    »Das habe ich nicht vor. Außerdem schießen die Unionssoldaten über unsere Köpfe hinweg, und wir schießen über ihre. Lautet die Regel nicht, niemals mit einer Schusswaffe direkt auf den Gegner zielen und keine echte Kugel ins Gewehr stopfen?«
    »Ja. Aber gib keine Befehle. Du bist neu dabei, und obwohl du ein …«
    »Colonel.«
    »Wie passend«, sagte Archie verschmitzt. »Also, obwohl du ein Colonel bist, keine Befehle. Du gehst neben deinen Männern, an der vorderen Ecke.«
    »Ich reite.«
    »Ridley, du kannst nicht mal ’n alten Klepper reiten. Du gehst zu Fuß oder als Artillerieoffizier.«
    »Ich muss doch nur mitlaufen. Das kriege ich schon noch hin.«
    »Hör zu, Holzkopf, Fair Haristeen sorgt sich ums Reiten, und er kann reiten. Die Pferde sind nicht an Gewehrschüsse gewöhnt. Du wirst zu Fuß gehen.«
    »Aber ich habe eine gelbe Litze an meiner Uniform und eine goldene Schärpe für meinen Säbel«, wandte Ridley ein.
    »Hellblau, Infanterie. Mach dich nicht lächerlich. Bring die Uniform zu Mrs Woo und lass dir von ihr blaue Litzen aufnähen. Ihr Laden ist in dem kleinen Haus hinter dem Rio-Road-Einkaufszentrum. Tu einfach, was ich dir sage. Ich weiß, wovon ich spreche, und ich will nicht zusehen, wie du dich zum Narren machst.«
    Ridley hätte am liebsten gesagt: Du machst dich selber zum Narren. Warum dich um mich sorgen?
    Archie leierte weiter. »Wir werden H. Vane das Maul stopfen. Der Mann denkt, er kann die Welt regieren. Dieser aufgeblasene Engländer! Er regt sich auf, weil wir die Truppen mit Männern besetzen, die bei den Reenactments nicht mit Leib und Seele bei der Sache sind. Ich habe ihm gesagt, wir müssen das machen. Wir stehen im Licht der Öffentlichkeit, und wir brauchen diese Schlacht, um uns für das Reenactment bei Wilderness aufzuwärmen.«
    »Bei Wilderness liegen immer noch Leichen rum.« Ridley schauderte.
    »In der Erde von Virginia liegen so viele Leichen, dass man nicht pflügen kann, ohne auf eine zu stoßen, insbesondere in der Gegend um Richmond.«
    »Vielleicht fallen unsere Ernten deswegen so gut aus.«
    Archie kniff die grünlichen Augen zusammen. »Du nimmst das Ganze nicht ernst.«
    »Ernst genug, um einen Haufen Geld auszugeben.«
    »Himmel noch mal, Ridley, wenn du dein Geld nicht für Weiber rauswirfst -«
    »Du musst gerade reden!« Eine dichte rotbraune Augenbraue schnellte in die Höhe.
    Archies Gesicht lief puterrot an. Er errötete leicht. »Ein Gentleman spricht nicht über diese Dinge.«
    Ridley lachte. »Wer hat gesagt, dass wir Gentlemen sind?«
    »Wir wurden zu solchen erzogen, auch wenn wir dem nicht immer gerecht werden.« Den Bezirksabgeordneten plagte ein schlechtes Gewissen.
    »Archie, eines Tages wirst du erwischt, und wenn deine Frau dich nicht umbringt, dann tut es jemand anders.« Ein angedeutetes Lächeln gab Ridleys Miene etwas Verwegenes. »Du bist ein verkleideter Casanova.«
    »Verkleidet als was?« Archie gefiel die Charakterisierung besser, als er zugeben mochte.
    »Preisboxer.« Ridley lachte.
    Archie atmete ein, überlegte eine Sekunde, dann lachte auch er. Er rollte die nächste Patrone. »Charles Bronson war auch keine klassische Schönheit.«
    »Charles Bronsons Arsch würde dein Sonntagsgesicht abgeben.« Ridley machte bloß Spaß, denn Archie sah gut aus.
    »Ridley, du verstehst es wirklich, einen an den wundesten Punkten zu treffen.« Archies Stimmung hob sich ein wenig.
    Ridley konnte jeden zum Lachen bringen. Seine ansteckende gute Laune, allzu oft vom Alkohol beflügelt, machte ihn zu einem gern gesehenen Zeitgenossen. Die Frauen lagen ihm zu Füßen. Was auf Gegenseitigkeit beruhte.
    Ridley stand auf und kehrte mit einer dreibändrigen Enfield-Muskete zurück. »Vierhundertachtzig Dollar. Hat man mich übers Ohr gehauen?«
    »Nein, das ist der übliche Preis.«
    Er polierte das Messing auf der Muskete.
    »Wenn du

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