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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Scheu und Erschöpfung die Augen, und als er sie wieder aufschlug, erblickte er eine wunderliche Szenerie. Der gewaltige, leuchtende Diskus der Erde, dreizehnfach größer als sich uns Menschen die Scheibe des Mondes darbietet, war mit geisterhaften Lichtfluten über der lunaren Landschaft aufgegangen; und auf den meilenweiten, öden Plateaus und zerklüfteten Bergkämmen kauerte ein endloses Meer von Katzen in wohlgeordneter Schlachtreihe. Ring schloß sich an Ring, und zwei oder drei der Heerführer leckten sein Gesicht und schnurrten ihm tröstend zu. Von den toten Sklaven und den Krötenwesen fehlte beinahe jede Spur, aber Carter glaubte ein wenig abseits, in dem freien Raum zwischen sich und den Kriegern, einen Knochen zu sehen.

    Carter redete jetzt mit den Anführern in der weichen Sprache der Katzen und erfuhr, daß seine alte Freundschaft mit der Rasse wohlbekannt war und an den Versammlungsplätzen der Katzen oft erwähnt wurde. Er war nicht
    unbemerkt geblieben, als er durch Ulthar ging, und die geschmeidigen alten Katzen hatten sich erinnert, wie er sie streichelte, nachdem sie sich der hungrigen Zoogs angenommen hatten, die ein kleines schwarzes Kätzchen boshaft ansahen. Und sie entsannen sich auch daran, wie er eben dies kleine Kätzchen, das ihn im Gasthof besuchen kam, aufgenommen und ihm morgens, bevor er aufbrach, ein Schälchen fetter Sahne hingestellt hatte. Der Großvater besagten ganz winzigen Kätzchens war der Anführer der jetzt versammelten Armee, denn er hatte die schlimme Prozession von einem fernen Berg aus entdeckt und in dem Gefangenen den eingeschworenen Freund seiner Rasse auf der Erde und im Land des Traums erkannt.

    Von einem entfernten Gipfel ertönte jetzt ein Geheul, und der alte Anführer hielt abrupt in seiner Rede inne. Es war einer der Vorposten der Armee, auf dem höchsten Berg stationiert, um nach dem einzigen Feind Ausschau zu halten, den die Katzen der Erde fürchten: die sehr großen und sonderbaren Katzen vom Saturn, die aus irgendeinem Grund den Zauber der Nachtseite unseres Mondes nicht vergessen haben. Sie sind durch einen Vertrag mit den bösen Krötenwesen verbündet und unseren Erdenkatzen notorisch feindlich gesinnt; sodaß zu diesem kritischen Zeitpunkt ein Treffen eine sehr ernste Angelegenheit gewesen wäre.

    Nach einer knappen Beratung der Generäle erhoben sich die Katzen und bildeten eine dichtere Formation, indem sie sich schützend um Carter sammelten und sich auf den weiten Sprung durch das All, zurück auf die Hausdächer unserer Erde und ihres Traumlandes, vorbereiteten. Der alte Feldmarschall riet Carter, sich von den massierten Reihen pelziger Springer sanft und passiv mittragen zu lassen und erklärte ihm, wie er mit den übrigen abspringen und mit ihnen zusammen wieder landen sollte. Er bot ihm auch an, ihn an jedem gewünschten Ort abzusetzen, und Carter entschied sich für die Stadt Dylath-Leen, von wo die schwarze Galeere ausgelaufen war; denn von dort wollte er nach Oriab und dem behauenen Gipfel des Ngranek segeln, und zudem die Leute der Stadt vor weiterem Handel mit den schwarzen Galeeren warnen, falls es überhaupt möglich sein sollte, diese Geschäfte taktvoll und besonnen abzubrechen. Dann sprangen auf ein Signal hin alle Katzen, den Freund in ihrer Mitte sicher geborgen, los; während in einer schwarzen Höhle auf einem ruchlosen Gipfel der Mondberge das kriechende Chaos Nyarlathotep immer noch vergeblich wartete.

    Der Sprung der Katzen durch das All verlief sehr rasch; und da ihn seine Gefährten umgaben, sah Carter diesmal die riesigen schwarzen Unförmlichkeiten nicht, die in dem Abgrund lauem und torkeln und zappeln.

    Ehe er noch ganz begriff, was geschehen war, befand er sich wieder in seinem vertrauten Zimmer im Gasthof zu Dylath-Leen, und die heimlichen, freundlichen Katzen ergossen sich in Strömen aus dem Fenster. Der alte Anführer aus Ulthar ging als letzter, und als ihm Carter die Pfote drückte, meinte er, er könne mit dem Hahnenschrei wieder zu Hause sein. Als die Morgendämmerung anbrach, begab Carter sich nach unten und erfuhr, daß seit seiner Gefangennahme und seinem Verschwinden eine Woche verstrichen war. Es galt also noch beinahe zwei Wochen auf das Schiff nach Oriab zu warten, und in dieser Zeit sagte Carter gegen die schwarzen Galeeren und ihre fürchterlichen Reisen was er nur konnte. Die meisten Bürger glaubten ihm; und doch schätzten die Juweliere große Rubine so sehr, daß keiner von ihnen endgültig

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