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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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versprechen wollte, den Handel mit den breitmundigen Kaufleuten einzustellen. Sollte Dylath-Leen jemals ein Übel aus solchem Handel erwachsen, wird er keine Schuld daran tragen.

    Nach einer Woche etwa passierte das ersehnte Schiff den schwarzen Wall und den hohen Leuchtturm, und Carter sah erleichtert, daß es ein Boot mit gesunder Besatzung, bemalten Flanken, gelben Lateinsegeln und einem grauhaarigen, in seidene Roben gehüllten Kapitän war. Als Fracht führte es das duftende Harz aus Oriabs verborgenen Hainen”die delikaten Töpferwaren, die die Künstler von Baharna gebrannt hatten und die seltsamen kleinen Figuren, die aus der alten Lava des Ngranek gemeißelt waren. Sie bekamen dafür Wolle aus Ulthar, schillernde Stoffe aus Hatheg und das Elfenbein, das die schwarzen Menschen in Parg jenseits des Flusses schnitzten. Carter vereinbarte mit dem Kapitän eine Passage nach Baharna, und man unterrichtete ihn davon, daß die Reise zehn Tage dauern würde.

    Und während der Woche, die er wartete, sprach er viel mit diesem Kapitän über den Ngranek und erfuhr, daß nur sehr wenige das dort in den Fels gehauene Gesicht gesehen hätten; die meisten Reisenden gäben sich damit zufrieden, den Legenden der alten Leute, der Lavasammler und der Steinbildner in Baharna zu lauschen und behaupteten dann später in ihrer weitentfernten Heimat, sie hätten es mit eigenen Augen geschaut. Der Kapitän war sich nicht einmal sicher, ob überhaupt irgendein jetzt Lebender das steinerne Gesicht erblickt hatte, denn diese Seite des Ngranek sei sehr schwer zugänglich, kahl und finster, und außerdem gäbe es Gerüchte über gipfelnahe Höhlen, worin die Dunkel-Dürren hausten. Doch beschreiben wollte der Kapitän das mögliche Aussehen eines Dunkel-Dürren nicht, denn von diesem Geschmeiß wisse man, daß es ganz hartnäckig die Träume jener verfolge, die zu oft daran dachten. Dann fragte Carter den Kapitän nach dem unbekannten Kadath in der kalten Öde und nach der wunderbaren Stadt im Sonnenuntergang, aber hierüber wußte der gute Mann wirklich nichts zu berichten.

    Eines Frühmorgens segelte Carter mit Wechsel der Flut aus dem Hafen von Dylath-Leen und beobachtete die ersten Strahlen des Sonnenaufgangs auf den dünnen, kantigen Türmen jener dunklen Basaltstadt. Zwei Tage segelten sie ostwärts entlang der grünen Küsten und entdeckten oftmals hübsche Fischerstädtchen, deren rote Dächer und Kaminkappen sich steil über alten, verträumten Kaianlagen und Stranden erhoben, auf denen Netze zum Trocknen auslagen. Doch am dritten Tag steuerten sie hart nach Süden, wo die See schwerer rollte, und schon bald sahen sie gar kein Land mehr. Am fünften Tag breitete sich Unruhe unter den Matrosen aus, doch der Kapitän entschuldigte ihre Furcht, indem er erklärte, das Schiff werde bald über den tangbewachsenen Mauern und zerbrochenen Säulen einer versunkenen Stadt, älter als jede Erinnerung, hinfahren, und bei klarem Wasser könne man an diesem Ort so viele schwebende Schatten ausmachen, daß schlichte Gemüter Anstoß daran nähmen. Er gestand überdies, daß in diesem Teil der See viele Schiffe verschollen wären; ganz in der Nähe der versunkenen Stadt seien sie noch angerufen worden, aber dann hätte man nie wieder etwas von ihnen gesehen.

    In jener Nacht schien der Mond hell, und man konnte eine weite Strecke ins Wasser hinabschauen. Es kam so wenig Wind auf, daß das Schiff sich kaum bewegte und der Ozean ganz still lag. Carter beugte sich über die Reling und erblickte viele Faden tief den Dom des großen Tempels und davor eine von unnatürlichen Sphinxen gesäumte Allee, die auf einen ehemaligen öffentlichen Platz zuführte. Delphine spielten ausgelassen zwischen den Ruinen; hier und da tollten plumpe Tümmler, die manchmal an die Oberfläche schwammen und sich hoch aus dem Meer schnellten. Als das Schiff ein wenig weiterdriftete, stieg der Meeresboden in Hügeln an, und deutlich ließen sich die Linien alter, steiler Straßen und die niedergewaschenen Mauern von Myriaden kleiner Häuser erkennen.

    Dann glitten die Vororte in den Blick und schließlich auf einem Berg ein großes, einsames Bauwerk von einfacherer Architektur und in wesentlich besser erhaltenem Zustand. Es war dunkel und flach und nahm die vier Seiten eines Quadrats ein, mit je einem Turm in den Ecken, einem Pflasterhof im Zentrum und kleinen, merkwürdig runden Fenstern.

    Möglicherweise bestand es aus Basalt, doch jetzt deckte es der Seetang fast

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