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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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nicht recht schlau aus ihnen, außer dass sie offenbar alle vom Ende der Welt handeln.« Sie holte ein Kuvert aus ihrer Tasche.
    »Lassen Sie das hier«, sagte Lavelle. »Ich seh’s mir an, wenn ich mehr Zeit habe.«
    »Es tut mir leid, ich habe Ihre Zeit schon zu sehr in Anspruch genommen.«
    »Kein Problem. Ich muss nur ein paar Lesungstexte für eine Messe zusammensuchen, die ich morgen Nachmittag in der Mädchenschule halte. Die Messe wird für die Friedens und Versöhnungskonferenz gelesen, die in einigen Wochen in Jerusalem stattfindet. Und dann muss ich mit Dempsey ins Mountjoy-Gefängnis.«
    »Hoffentlich nicht für lange.« Sie lächelte schalkhaft.
    »O nein«, protestierte er errötend. »Wir reden mit einem Gefangenen.«
    »War nur Spaß. Ich mache mich dann mal auf den Weg. Hören Sie, vielleicht ist das Zeug von diesen Hütern ja nur ein Haufen sinnloses Gewäsch, aber ich möchte gern wissen, worauf sich Hazel da eingelassen hat – wären Sie bereit, Ihre früheren Kollegen in den Vereinigten Staaten zu fragen, ob sie diese Organisation kennen?«
    »Ja, das könnte ich tun. Ich sage Ihnen Bescheid, wenn ihnen etwas dazu einfällt.«
    Als sie gerade aufstehen wollte, fiel ihr Blick auf ein CD- Cover auf dem Wohnzimmertisch.
    »Was für eine CD ist das?«, fragte sie.
    »In der vorletzten Nacht, der Nacht, in der ich Sarahs Leiche entdeckte, habe ich mir ein Stück darauf angehört, Allegris ›Miserere‹. Es erinnerte mich an meinen Besuch der Sixtinischen Kapelle in Rom. Es gab eine Zeit, da durfte das Stück nur dort aufgeführt werden. Ich musste an das Fresko ›Das Jüngste Gericht‹ denken, und es hat mich beunruhigt, denn der Christus, den Michelangelo dort zeigt, ist ein Christus… ohne Mitleid.«
    Jane betrachtete aufmerksam sein Gesicht. Er blickte gedankenverloren ins Feuer.
    »Es stellt Ihren Glauben sicher auf die Probe, wenn Sie sehen, wie einem unschuldigen Mädchen etwas so Schlimmes angetan wird«, sagte sie sanft.
    Ein Ausdruck von Besorgnis huschte über sein Gesicht, als er sich wieder zu ihr umdrehte. »Wie? O ja… das tut es.« Sie schien mitten in sein Herz gesehen zu haben.
    Ein lautes Klopfen an der Wohnzimmertür ließ beide in die Höhe fahren.
    »Herr Pfarrer… Herr Pfarrer, sind Sie da?«, kam eine heisere Stimme leise vom Flur.
    »Ich komme gleich, Charlie«, rief Lavelle, »gehen Sie schon mal in die Küche und machen Sie sich eine Tasse Tee.«
    »Puh, hat der mich erschreckt«, sagte Jane und stieß die Luft aus, die sie angehalten hatte.
    »Ach, Charlie ist harmlos… er hat letztes Jahr seine Frau verloren… haben beide gern gebechert. Jetzt lebt er mit seinem Sohn Pete zusammen. Pete ist nicht ganz richtig im Kopf und kann sehr aggressiv werden. Er verprügelt seinen Vater oft, wenn der betrunken nach Hause kommt, deshalb versteckt sich Charlie manchmal hier und schläft seinen Rausch bei mir aus. Ich gebe ihm noch was zu essen, bevor er heimgeht.«
    »›… denn was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt‹«, stimmte Jane an.
    »Aha, immer ein Bibelzitat zur Hand, ihr Protestanten«, witzelte er.
    »Ach was, ich weiß gar nicht, woher das kam«, sagte Jane, offenbar selbst überrascht von ihrer spontanen Bemerkung.
    »An diesem Tag muss ich wohl gut aufgepasst haben in der Bibelstunde.« Sie lachte und stand auf, um zu gehen.
    Er nahm ihren Duft wieder wahr. »Darf ich fragen, welches Parfüm Sie benutzen?« Ich bin zu vorlaut, dachte er. Das ist zu intim.
    »Sicher, es heißt Ysatis«, antwortete sie ohne Zögern. »Wieso fragen Sie?«
    »Es ist nur, weil Sarahs Mörder Veilchenöl benutzt hat, um… ein überwältigender Duft, ich bin ihn nicht mehr richtig losgeworden, bis ich vorhin Ihr Parfüm bemerkt habe, und das hat zu meiner Freude diesen anderen Geruch… wie soll ich sagen… ausgetrieben.«
    Er brachte sie an die Haustür. Draußen war es bereits dunkel. Jane drehte sich am Tor noch einmal um und lächelte ihm zu.
    Lavelle ging direkt in sein Arbeitszimmer, wo er den Computer anschaltete und eine E-Mail an eine Adresse in Chicago schickte. Dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und fragte sich, warum er Jane Wade so attraktiv fand. Und warum er in ihrer Gesellschaft so plump und befangen auftrat. Typischer Fall von Zölibat, dachte sie wahrscheinlich.

14
    J ane parkte so nahe wie möglich am Haupteingang des Museum of Modern Art in Kilmainham, um den Schneeschauern zu entgehen, die der Wind nun

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