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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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ihnen?« Sie war neugierig. Die zarathustrischen Priester wurden in einer der Prophezeiungen der Hüter des Siebten Siegels erwähnt.
    »Er hat ein Gedicht geschrieben, wie sie zur Geburt Christi kommen, aber enttäuscht sind, weil sie etwas viel Gewaltigeres erwartet hatten. Deshalb müssen sie auf die Wiederkunft des Herrn warten, auf den Jüngsten Tag. Und wir haben gehört, womit dann zu rechnen ist.«
    Die drei Weisen bei der Wiederkunft Christi? Die Prophezeiung des Siebten Siegels bezog sich auf drei Retter der Welt, die am Ende der Zeit eintreffen, so weit sie sich erinnerte. Sie schrieb es trotzdem auf. Dann merkte Jane, dass Jeremy verstummt war, und sah von ihrem Notizbuch auf. Er blickte gedankenverloren zur Decke.
    »Ich habe ihn einmal gesehen«, sagte er verträumt. »Yeats, meine ich. Gegen Ende seines Lebens. Ich lief damals natürlich noch in kurzen Hosen herum. Muss in Rathfarnham gewesen sein. Wir wohnten da draußen. Natürlich war er damals schon ein berühmter Mann. Senator. Nobelpreisträger. Gründungsmitglied des irischen Nationaltheaters, all das. Er war sehr beeindruckend. Schwarzer Mantel und Hut. Ein Dichter, der seine Berufung kennt.«
    Der alte Mann sah in den Garten hinaus, den noch immer der Winter im Griff hatte. Dachte er an seine Kindheit in einer sonnigen Straße in Rathfarnham? Jane war verblüfft. Sie saß tatsächlich einem lebenden Verbindungsglied zu einer Persönlichkeit gegenüber, die sie für ein Fossil in den trockenen Sphären der Literaturgeschichte gehalten hatte. Beinahe konnte sie sich vorstellen, wie Yeats hinter ihren Verwandten trat und mit ernster Miene fragte, was sie hier trieben. Sie spürte, dass ihr Interview, das so viel Überraschendes zutage gefordert hatte, zu Ende war. Sie klappte ihr Notizbuch zu.
    Er bemerkte es und schrak aus seiner Träumerei auf. »War’s das schon, mein Kind? Konnte ich dir ein wenig helfen?«
    »Ja, ich danke dir vielmals. Ach übrigens, nur falls ich sie nachschlagen will…« Sie klappte ihr Buch wieder auf. »Gibt es bestimmte Gedichte über die heilige Theresia und den heiligen Antonius? Wenn ja, notiere ich mir die Titel.«
    »Natürlich.«
    Er stöberte in seinen Büchern, in die er an verschiedenen Stellen Zettel geschoben hatte. Es waren Originalausgaben der Gedichte, wie Jane bemerkte, keine späteren Sammlungen.
    »Theresia ist aus dem Gedicht ›Schwankem, das direkt hinter ›Byzanz‹ kommt, wie es der Zufall will. Beide sind aus dem Band Die Wendeltreppe. Antonius erscheint an verschiedenen Stellen, glaube ich. Eine ist in ›Dämon und Bestie‹, das steht genau vor ›Der Jüngste Tag‹ in… du meine Güte, wie heißt es gleich wieder? Früher hätte ich es auf Anhieb heruntergerasselt.« Dann fand er es. »Ja, natürlich, da ist es ja.« Er hielt die Titelseite hoch, sodass Jane sie lesen konnte: Michael Robartes und der Tänzer.
    Sie beugte sich vor und las laut. »Michael Robartes und…« Sie verstummte und starrte auf den Namen. Ihre Kopfhaut begann zu kribbeln. Michael Robartes? Offenbar hatte sie in ihren Gesammelten Gedichten über den Namen hinweggelesen.
    »Eines von mehreren Alter Egos, die WB benutzte«, erklärte Jeremy. »Der Robartes in den Gedichten ist ein Sucher okkulter Wahrheit, der erscheinen kann, wem er will, oder aber andere durch seine magischen Kräfte zu sich rufen kann. Basiert in hohem Maße auf dem Mann, der Yeats am meisten beeinflusst hat, als er sich mit dem Okkulten beschäftigte.«
    »Und wer war das?«
    »MacGregor Mathers. Yeats und er gehörten beide dem Hermetischen Orden der goldenen Morgenröte an.«
    Jane hatte die Namen niedergeschrieben und einige Buchstaben gestrichen: Michael Roberts. Greg Mathers.
    Es klopfte an der Tür, und Beryl, gebeugt und lächelnd, kam mit einem Tablett herein.
    »Hallo, Jane. Du musst ja schon ganz erfroren sein. Jeremy denkt aber auch nie mit. Geht es dir gut, Kind? Liebe Güte, du siehst aber wirklich aus, als könntest du eine Tasse Tee vertragen.«

43
    S ie hatten sich im Spa Hotel in Lucan verabredet, um sich vor ihrem Treffen mit der Polizei auf eine Strategie zu einigen. Die Hotelbar war von der altmodischen Sorte, mit geräumigen Sitzgelegenheiten und einer ruhigen Atmosphäre. Über dem Kamin, gleich hinter dem Eingang zur Bar, hing ein großes Gemälde des irischen Patrioten Patrick Sarsfield und seiner Soldaten, die im 17. Jahrhundert gekämpft hatten. Als Lavelle kurz nach sechs Uhr eintraf, waren nur wenige Gäste anwesend,

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