Die keltische Schwester
ist ein so tiefgreifender Bruch geschehen, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass der so ohne weiteres zu heilen ist.«
»Liegt das an dir?«
Lag das an mir? Ich legte mich auf das Bett, meinen Kopf in Benis Schoß. Ich hatte Sehnsucht nach Robert, heftige, schmerzliche Sehnsucht nach seiner Berührung, nach seinem Körper, seinen Händen, seinen Lippen. Nach der samtweichen Stimme, die mir ins Ohr flüsterte. Aber war das ein Heilmittel für die Kluft zwischen unseren unterschiedlichen Lebensauffassungen? War das genug, meine Selbständigkeit aufzugeben und in seinem Kielwasser zu schwimmen? Eine Zeitlang sicher, aber dann? Wenn ich dann alles aufgegeben hätte und er mich wieder fallen ließ?
»Du magst ihn doch, ältere Schwester. Und er ist so ein … ein … also, ich finde ihn sehr verständnisvoll.«
»Seltsame Eigenschaften bekommt er in der letzten Zeit angedichtet. Mère Morwenna hat ihn gütig genannt.«
»Ja, das ist er wohl auch.«
»Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Ich kenne ihn als hart und stark, so stark, dass man sich neben ihm immer klein und nichtswürdig vorkommt.«
»Du doch nicht, Lindis. Ein paar Studenten, die bei Klausuren mogeln, ja. Aber du nicht. Du bist doch auch stark. Finde ich jedenfalls.«
»Danke für die Blumen.«
»Ich glaube, mit euch beiden, das wird noch was. So, undjetzt geh ich zu Bett. Es ist ja tierisch warm. Können wir die Tür offen lassen, damit es Durchzug gibt?«
Es wunderte mich, dass ich in dieser Nacht nicht von Danu träumte.
Knoten 1., 4. und 6. Faden
Es gelang mir, gleich am Montagmorgen Dr. Koenig zu erreichen. Susi hatte wie versprochen die Stellung gehalten und mich sofort durchgestellt.
»Sie haben eine sehr dringende Nachricht hinterlassen, Frau Farmunt. Tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe, aber wir waren das ganze Wochenende unterwegs. Wo brennt es?«
»Hier. Ganz einfach, Herr Dr. Koenig. Ich werde jetzt kein Blatt vor den Mund nehmen. Herr Daniels hat Ihnen absichtlich einen falschen Bericht zukommen lassen, der nicht den wahren Sachverhalt widerspiegelt. Es gibt hier ein Grundstück, das wesentlich ist, um mit den Arbeiten zu beginnen. Dieses Gelände hat man, so vermute ich, wegen des damals aufgetretenen Vermessungsfehlers vergessen zu kaufen. Auf dem Grundstück stehen zwei bewohnte Häuser, beide gehören einer alten Dame, die in dem einen davon wohnt. Sie ist nicht gewillt zu verkaufen, um das gleich vorwegzuschicken.«
»Mir hat Herr Daniels das anders geschildert. Er hat einige sehr gute Vorschläge gemacht. Mit meinem Einverständnis wird er der Frau überaus großzügige Angebote unterbreiten.«
»Herr Dr. Koenig, würden Sie, wenn Sie fast hundert Jahre lang in einem sehr ländlichen Häuschen gelebt hätten, sich in ein hypermodernes Altersheim abschieben lassen?«
»Gut, vielleicht war das nicht die beste Alternative.«
»Und glauben Sie, dass diese Frau, die von ein wenig Brot und Suppe und hin und wieder mal einem Kuchen lebt, auch nur das geringste Interesse an größeren Geldsummen hat?«
»Aber die Erben?«
»Sie hat keine leiblichen Erben, die darauf warten, ihre spärliche Habe zu fleddern.« Ich wurde langsam ein wenig ungehalten. Was hatte Wulf da nur verzapft?
»Und wenn Mère Morwenna auch vielleicht nicht mehr lange zu leben hat, ich glaube nicht, dass man mit dem Baubeginn so lange warten kann.«
Ein trockenes Lachen traf mein Ohr.
»Also, was schlagen Sie vor?«
»Brechen Sie die Sache jetzt sofort ab. Noch ist kein Spatenstich getan. Und wir haben nur noch einen Puffer von drei Tagen!«
»Liebe Frau Farmunt, Ihr Engagement in allen Ehren, aber ich habe zwei Seiten gehört. Und Herr Daniels hat einige Argumente vorgebracht, die Sie nicht eben in einem vorteilhaften Licht erscheinen lassen.«
»Ich …«
»Nein, nein, ich werde sie nicht wiederholen. Ich werde mir morgen selbst vor Ort ein Bild von der Lage machen. Bleiben Sie bitte einen Moment dran. Frau Böhmer, wann geht der erste Flug nach Brest morgen?«
Im Hintergrund hörte ich Karola murmeln.
»Nicht? Gut, dann abends. Frau Farmunt, ich werde Mittwoch früh dort sein. Sie sind vermutlich nicht im Büro?«
»Ich kann mich selbstverständlich dort einfinden. Sie müssten Herrn Daniels nur anweisen, dass er mich hineinlässt. Er hat mir nämlich Hausverbot erteilt.«
»Hat er das? Ich kümmere mich darum.«
»Vielen Dank.«
Es war Susi, die mich mittags anrief und mir eine Warnung durchgab.
»Frau Farmunt, ich
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