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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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fühlte mich etwas wohler so.

    »Lindis, ich hab jemanden für heute Abend eingeladen, kannst du so um sechs kommen? Ich mach Chili!«
    Beni rief mich am Nachmittag an. Ich sagte ihr zu, denn ich wollte nicht gleich am ersten Tag bis in die Nacht arbeiten.
    »Wen hast du denn eingeladen?«
    »Jemanden, den du unbedingt kennenlernen musst.«

    Um kurz nach sechs schloss ich also meine Wohnungstür auf und hörte schon leises Stimmengemurmel. Ich war plötzlich gespannt darauf, wer die- oder derjenige war, von dem Beni meinte, dass er meinen Bekanntenkreis bereichern würde. Ich machte die Tür zum Wohnzimmer auf und sah mich einer höchst ungewöhnlichen Frau gegenüber. Ich glaube, ich hielt für einen kurzen Moment die Luft an.
    Sie war schwarz gekleidet, ein schwarzes, strenges Kostüm betonte die schlanke Figur, ein strahlend weißes Spitzenjabot quoll als einzige Auflockerung des Ensembles aus dem Revers. Schwarze Strümpfe, extrem hohe schwarze Lackpumps vervollständigten das Ganze. Die rabenschwarzen Haare waren wie gelackt nach hinten gebürstet und zu einem tiefen Nackenknoten frisiert. Die Lippen waren voll und dunkelrot geschminkt, in den Ohrläppchen schimmerten goldene Kreolen, die dunklen Augen mit den hochgewölbten Brauen musterten mich unter langen Wimpern durch eine exzentrische Designerbrille.
    »Lindis, darf ich dir vorstellen: Señora Teresa Maria de la Fuente y de las Cosas Bellas!«
    Ich verschluckte ein Olé und stampfte nicht mit dem Fuß auf, sondern versuchte mit verzweifelter Würde angemessen zu antworten: »Señora, mi casa es su casa!«
    »Gracias!«
    Es fehlte ihr eigentlich nur noch dieser flache schwarze Hut, die Reitpeitsche und der weiße Hengst, der sich schnaubendneben ihr aufbäumte. Und das alles mitten in meinem Wohnzimmer.
    »Entschuldigt mich, ich muss mich um den Chili kümmern.«
    Beni entwischte mir in die Küche. Chili, meine Güte! Das hatte aber nur entfernt landestypische Ähnlichkeit mit ihrer Grandezza, die mich noch immer aus halbgeschlossenen Augen hochmütig abschätzte. Vermutlich würde ich es noch nicht einmal zum Stubenmädchen bei ihr bringen.
    »Bitte, nehmen Sie doch Platz«, bat ich sie und machte eine Handbewegung zum Sofa hin. Die Dame sah mich an, als würde sie gleich einen schwarzen Spitzenfächer zücken und ihn mir rechts und links um die Ohren schlagen. Was hatte sich Beni nur dabei gedacht? Das war weiß Gott nicht die Bekanntschaft, die ich für mich als wünschenswert erachtete.
    Ich raffte meinen Mut zusammen und musterte die Señora genauso hochmütig und schweigend wie sie mich.
    Hochmütig? Da stimmte doch irgendetwas nicht? Da war doch … Konnte ich mich denn auf gar nichts mehr verlassen? Da glitzerte doch ein mühsam unterdrücktes Lachen in den Augen?
    Es steckte an!
    Es steckte entsetzlich an!
    »Ich vermute, dicke Bohnen mit Tomatensauce ist eines Ihrer Lieblingsgerichte.«
    Sie prustete los: »Sie haben gewonnen!«
    Bei mir klickte es plötzlich. »Vanessas Tante und Benis Arbeitgeberin.«
    »Genau. Lindis, ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen.« Gänzlich ohne Grandezza, dafür mit einem leicht schwäbischen Tonfall begrüßte sie mich. Das Einzige, was von ihrer südländischen Rolle geblieben war, war Küsschen rechts, Küsschen links.
    »Verzeihen Sie, dass ich kurzzeitig an Ihnen gezweifelt habe.Bitte, wie soll ich Sie denn nun eigentlich nennen? Den kompletten Namen kann ich nämlich nicht behalten.«
    »Oh, wie wäre es mit der schlichten Teresa?«
    »Einverstanden. Und wer hat das Schauspiel ausgeheckt? Das war doch bestimmte meine ungeratene Schwester.«
    »Sie ist klasse, nicht?«, sagte Beni. »Du musst sie mal erleben, wenn sie snobistische Kunden hat und die Herzogin von Lower Hamptonshire rauskehrt. Die glauben, sie sind bei Elizabeth zum Tee. Und so was kriegt sie hin mit nichts als einem blasierten Gesichtsausdruck.«
    »Beni, du durchschaust die Menschen leider viel zu gut.«
    »Sie ist grässlich scharfäugig. Ich traue mich gar nicht mehr, irgendwelche Geheimnisse vor ihr zu haben.«
    »Lindis, kannst du den Tisch decken? Magst du Wein, Teresa?«
    »Gerne!«
    »Ich fürchte nur, einen zu Ihrer Rolle passenden Jahrgang haben wir heute nicht vorrätig.«
    Wir alberten beim Essen weiter herum, und Teresa entwickelte sich als offene und freundliche Gesprächspartnerin.
    »Es stimmt ja, hin und wieder spiele ich ganz gerne mal Rollen. Aber die glanzvollste ist in der Tat die der spanischen Adligen. Dabei bin ich

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