Die keltische Schwester
sympathischer. Man hätte nämlich die Möglichkeit gehabt, dort ein Freilichtmuseum zu bauen. Ein altes gallisches Dorf, nehme ich mal an.«
»Danus Dorf. Und du als Beraterin mit Live-Erfahrung!«
»Traumhaft, nicht?«
»Geben Sie Frau Farmunt noch eine Schlaftablette, wir brauchen ein paar Details aus der Töpferei!«
8. Faden, 4. Knoten
Es war ein sonniger Tag, als die Maus das erste Mal seit dem Winter ihr schwarzes Näschen aus der Höhle streckte. Kalt war es noch, ja. Aber schon gab es kleine Insekten, die in dem dürren Gras krabbelten. Und von den Vorräten war auch noch ein Rest da.
Die hellen Sonnenstrahlen weckten aber auch Unternehmungslust. Die Maus war nämlich ein strammer Mäuserich und hatte von ferne den verlockenden Duft einer Mausedame gewittert. So kam es, dass er sich auf den Weg machte, sie zu suchen, um sich den Frühlingsgefühlen hinzugeben. Sein Weg führte ihn weit fort von seiner behaglichen Höhle auf gefährliches Terrain. Denn besagte Mausedame hauste in der Hecke vor dem Haus, das der Dämon bewohnte. Den hatten die ersten warmen Strahlen natürlich auch munter gemacht, und er belauerte drohend Gebüsch und Hecken.
Dennoch, der Mäuserich erreichte sein Ziel – in jeder Hinsicht. Und er beschloss, fürderhin ebenfalls in der Hecke sein Revier zu beziehen. Die Verpflegung war nämlich ausgezeichnet.
Diese Entscheidung rettete der jungen Mausefamilie dann auch das Leben. Denn als die gewaltigen Wassermassen aus dem Himmel stürzten und die Höhle an dem Menhir überfluteten, fanden sie Zuflucht in dem trockenen Schuppen, wo das Kaminholz gestapelt war.
1. Faden, 5. Knoten
Der Frühling war Mitte März nach heftigen Stürmen – die letzten Ausläufer der wilden Pia – ausgebrochen. Die restlichen Tage meines Genesungsaufenthaltes zu Hause hatte mich Beni überredet, viel spazieren zu gehen. Selbst sie sah ein, dass Squash-Spielen noch nicht angesagt war. Erstaunlicherweise fand ich die kleinen Wanderungen, die wir unternahmen, gar nicht so unangenehm. Es war ein hübsches Waldstück, das sich beinahe direkt von unserer Haustür aus bis zum nächsten Dorf erstreckte. Da Beni, die sich für die Haushaltsführung verantwortlichfühlte, ihre Einkäufe auf dem Öko-Bauernhof dort machte, schleppte sie mich als Erstes dort mit hin.
»Ich fahre ja eigentlich mit dem Rad dahin, in den Körben kann ich mehr transportieren. Aber heute bist du ja dabei. Hier ist der zweite Einkaufskorb.«
»Und wenn ich wortlos auf dem Waldweg zusammenbreche?«
»Wirst du schon nicht! Zehn Eier wirst du schon noch tragen können. Los, zeig, dass du eine starke große Schwester bist.«
»Wenn du es sagst.«
Erste grüne Blattspitzen zeigten sich an den Büschen, am Boden wagten sich unter dem welken Laub des Vorjahres erste Pflänzlein empor. Klee, den erkannte ich, Grashalme erkannte ich auch, der Rest war grün. Aber in einem Anfall von Romantik hoffte ich, dass es blaue Veilchen und weiße Buschwindröschen würden. Dazu gab es ein Konzert von frühlingsfrohen Vögeln, die in allen Tonlagen zwitscherten, trillerten, piepsten und manchmal auch rau krächzten.
»Eine schöne Art, sein Revier zu markieren.«
»Was?«
»Das Singen. Wenn Menschen das auch machen würden, wäre das Zusammenleben bestimmt friedlicher.«
»Bist du sicher, Beni? Also, ich kenne Leute, die ich lieber nicht singen hören möchte. Und mir würde vermutlich noch nicht einmal die Badewanne gehören.«
»Das allerdings ist auch wieder wahr. Aber es ist doch schön hier, nicht?«
»Ja, ja. Du bringst mich der Natur schon nahe. Ich verspreche dir, jeden Tag eine Stunde spazieren zu gehen.«
»Gut, das übt dann für die Bretagne. Wann fährst du hin?«
»Ende Mai.«
Ich hatte lange mit Dr. Koenig telefoniert. Er hatte es wirklich erreicht, aufgrund der engen Termine den Druck so zu erhöhen,dass jetzt alle Beteiligten für den Hotelbau waren. Wulf hatte dann sofort gehandelt und einem Anbieter den Auftrag erteilt. Als ich allerdings hörte, was er da veranlasst hatte, konnte ich meine Warnung nicht zurückhalten.
»Herr Dr. Koenig, glauben Sie, dass das eine kluge Entscheidung ist? Callot hat den Bauunternehmern in der Region Aufträge versprochen. Gut, dass jetzt die kleinen Häuser wegfallen, müssen sie notgedrungen verkraften. Aber ob das dort besonders gut ankommt, wenn die Baufirma mit koreanischen Arbeitern anrückt? Ich glaube, eine inländische Firma würden sie eher akzeptieren.«
»Frau Farmunt,
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